Vom Stader Kutter aufs Zeltplatz-Atelier: Stipendien für kreative Köpfe

Der «Kunstkudder» liegt im Hansehafen von Stade. Auf einer historischen Alsterschute zu übernachten, ist etwas Besonderes. Auch Stipendiaten verbringen mehrere Wochen im Jahr auf dem Kutter. Foto: Philipp Schulze/dpa
Viele Gemeinden in Niedersachsen bieten Schriftstellern und Künstlern Stipendien und Unterkunft für einige Wochen an. Die Orte sind oft besonders, die Bewerber zahlreich.
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Spiekeroog/Stade/Lüneburg. Stipendien sind bei Stadtschreibern, Musikern und Künstlern beliebt. Kreativ sein an besonderen Orten ohne finanzielle Sorgen - das bieten viele Städte und Gemeinden in Niedersachsen für einige Wochen an.
Die Gegenleistung: Präsenz im Ort, Lesungen und meist eine Erwähnung in Romanen oder Krimis.
Auch das Land Niedersachsen bezuschusst die Förderung an verschiedenen Orten. So zeichnet Kulturminister Falko Mohrs für 2025 drei bildende Künstlerinnen und Künstler mit Jahresstipendien über jeweils 12.000 Euro aus. Sie dürfen einen Teil des Förderzeitraums in den Künstlerhäusern in Worpswede verbringen.
Eine Auswahl der Orte:
Ein Zelt auf Spiekeroog
Ein Büro am Inselstrand, Flaggen aus Meeresmüll oder illuminierte Vogelsilhouetten - diese Kunstprojekte auf Spiekeroog entstanden in den vergangenen Jahren bei der sogenannten Zeltplatzresidenz.
Mit diesem Stipendium werden auf der ostfriesischen Insel Kunstprojekte im öffentlichen Raum gefördert, die sich mit sozialen oder ökologischen Belangen auseinandersetzen. „Wir suchen dabei nach Themen, die auch einen Bezug zur Insel haben“, sagt Ruben Franz von der Kurverwaltung.

Auf einem Campingplatz in Küstennähe auf Spiekeroog scheint die Sonne. Foto: Marco Rauch/dpa
Jedes Jahr gehen bis zu 80 Bewerbungen ein. Aufgerufen sind Installations-, Land Art-, Performance-, Foto- und Videokünstler ihre Ideen einzureichen. Der Zeltplatz, der rund drei Kilometer vom Inseldorf entfernt in den Dünen liegt, dient den Künstlern als Rückzugs- und Inspirationsort.
Stades „Kunstkudder“ im Hafen
Auf dem „Kunstkudder“ in Stade verbringen neben Touristen auch Stipendiaten ihre Nächte mit Ausblick in den Himmel. Im stillgelegten historischen Hansehafen liegt das Hausboot direkt an der Altstadt. Seit diesem Jahr vermietet die kleine Hansestadt die nach eigenen Angaben älteste noch erhaltene Hamburger Alsterschute aus dem Jahr 1904.
Das Berliner Künstlerduo 44flavours hat die Außenwände farbenfroh gestaltet. Zwei Monate pro Jahr dürfen Künstler auf dem Boot wohnen und werden mit einem Stipendium gefördert. Bewerbungen für kreative Ideen gehen an kunstkudder@museen-stade.de.
Lüneburger Heinrich-Heine-Haus
Das Heinrich-Heine-Haus in Lüneburg bietet dreimal im Jahr Schriftstellern ein Zuhause, die finanzielle Unterstützung kommt vom Land. Seit 1993 zählt es wie Schreyhan im Wendland, Worpswede und Stuhr bei Bremen zu den vom Kulturministerium geförderten Orten.

Das Künstlerdorf Worpswede. Stipendien sind bei Stadtschreibern, Musikern und Künstlern beliebt. Foto: Sina Schuldt/dpa
Von 1822 bis 1829 lebten die Eltern Heines in der oberen Etage zur Miete, der junge Dichter kam mehrmals für Monate zu Besuch. Lüneburg begeisterte ihn allerdings nicht: Er bezeichnete die Stadt als „Residenz der Langeweile“.
Seit 1941 ist die Stadt Lüneburg Eigentümer des Hauses, viele Autoren kommen zu Lesungen. Für Literatur-Stipendiaten steht im Anbau eine Wohnung zur Verfügung.
Ein Schreibtisch am Meer auf Norderney
Für dieses Insel-Stipendium gibt es viele Anfragen, aber bewerben kann man sich nicht: Der „Schreibtisch am Meer“ wird seit 2005 jedes Jahr an junge Filmemacher beim Filmfest Emden-Norderney vergeben.
Ungewöhnliche Orte
Übernachten auf dem „Kunstkudder“ in Stade
Regisseure und Drehbuchautoren, die den Sonderpreis gewinnen, erhalten im Inselloft Norderney Zeit und Ruhe, an Projekten zu arbeiten. „Dort steht der Schreibtisch und man guckt aufs Meer“, erklärt Festivalleiter Edzard Wagenaar. Inspiration biete auch das abwechslungsreiche Inselleben. Meeresrauschen und Strandspaziergänge gehören zu diesem Stipendium dazu.

Der Strand der ostfriesischen Inseln Norderney. Foto: Sina Schuldt/dpa
„Talentförderung und Talententdeckung ist eine unserer Aufgaben als Festival“, sagt Wagenaar. „Wir geben Filmschaffenden Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Da hat dieser Schreibtisch eine ganz besondere Bedeutung.“
Gartenhaus in Otterndorf an der Nordsee
Zum 625-jährigen Jubiläum der Stadt Otterndorf bei Cuxhaven kehren ehemalige Stadtschreiber dieses Jahr noch einmal in das denkmalgeschützte Gartenhaus am Süderwall in der Altstadt zurück.
Fünf ehemalige Schreiber und Schreiberinnen aus den vergangenen 25 Jahren wurden erneut eingeladen, sie lösen sich jeweils ab und werden mit einem Literaturstipendium von 1.200 Euro für den jeweiligen Monat unterstützt.
Traditionsschiff
T Spektakuläre Aktion in Stade: Ewer Willi ist zurück
Auch der Hamburger Autor Daniele Palu kehrt im Juli zurück an die Küste, wo sein erster Krimi „Marconi und der tote Krabbenfischer“ um einen deutsch-italienischen Commissario entstanden ist.
„Weil ich unter erheblichem Zeitdruck mein Buch fertigstellen musste, konnte ich im vergangenen Jahr kaum eine der zahlreichen Einladungen annehmen“, sagt der Krimiautor und Journalist. Das möchte er nachholen und ins kulturelle Leben der Kleinstadt eintauchen.
Wie wichtig Stipendien für Schriftsteller sind, betont Palu: „Ein Großteil der Autoren kann nicht allein vom Schreiben leben, sie sind auf andere Jobs angewiesen.“
Die Ruhe von Schreyhan
In Schreyhan im Wendland bietet die niedersächsische Stipendiatenstätte für Schriftsteller und Komponisten moderner Musik drei-, sechs- oder neunmonatige Aufenthalte. Seit 1979 läuft das Programm auf dem Künstlerhof, zwei Ateliers sind mit einem Klavier ausgestattet.
Das Stipendium für Schriftsteller ist international angelegt, Voraussetzung ist allerdings, dass sie auf Deutsch schreiben. Bewerbungen sind jederzeit willkommen, sagt eine Sprecherin des Hofes. Die monatliche Unterstützung beläuft sich auf 1.400 Euro.
Auszeit auf Gut Altenkamp
Idyllisch gelegen hinter hohen Lindenbäumen und mit großem Garten liegt das Gut Altenkamp nahe Papenburg. Das Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert ist regelmäßig Ort für Ausstellungen, Konzerte und Lesungen - und seit Neustem auch Ort des Kunststipendiums „Art Lab“ der EWE Stiftung.
Damit will die Stiftung die Entwicklung von Künstlern fördern und auch dazu einladen, Kunst in den ländlichen Raum zu bringen.
Künstlerinnen und Künstler können sich für einen vierwöchigen Aufenthalt und das mit 5.000 Euro dotierte Stipendium bewerben.
Eine Bedingung: Während des Aufenthalts soll ein Kunstwerk entstehen, das einen Bezug zur Geschichte, zur Gegenwart oder Zukunft der Region zwischen Dollart und Jadebusen oder dem Emsland hat und unter dem Oberthema „Landschaft“ steht.