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Cuxhaven

Vor 60 Jahren: Luftkissenboot „Westland“ war Attraktion des Sommers 1965

Viel Lärm und Staub: Vor 60 Jahren, im Juli und August 1965, wurde vor Cuxhaven das Luftkissenboot „Westland“ getestet.

Viel Lärm und Staub: Vor 60 Jahren, im Juli und August 1965, wurde vor Cuxhaven das Luftkissenboot „Westland“ getestet. Foto: Stadtarchiv Cuxhaven

Bizarres Wassergefährt: Vor 60 Jahren wurde vor Cuxhaven das Luftkissenboot „Westland“ als mögliches Linienfahrzeug getestet. Doch dem Experiment ging relativ schnell die Luft aus.

Von Christian Mangels Sonntag, 20.07.2025, 12:50 Uhr

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Cuxhaven. Mit ohrenbetäubendem Lärm schiebt sich das Luftkissenfahrzeug über den Gründeich. Als das Gefährt die Wasserkante erreicht, zischt und brodelt es, Gischt spritzt auf und in Sekunden bringt Kapitän Wilhelm Wohlers den „Schweber“ auf Touren. „Westland“, so der Name des Luftkissenfahrzeugs, braust mit 100 Kilometern pro Stunde über Wellen und Sandbänke, überholt Kümos, Frachter und Ausflugsdampfer.

Sechs Jahrzehnte ist das Experiment mit dem Luftkissenboot „Westland“ mittlerweile her - in Cuxhaven war es die Attraktion des Sommers 1965. Genau einen Monat, vom 14. Juli bis zum 14. August, wurde das englische Hovercraft an der Nordseeküste getestet. Der Cuxhavener Reeder Cassen Eils hatte die „Westland“ gemeinsam mit der Hamburger Reederei Hadag für den Liniendienst nach Büsum und Sankt Peter-Ording gechartert.

Nur 25 Minuten brauchte das Luftkissenfahrzeug „Westland“ von Cuxhaven zum schleswig-holsteinischen Seebad Sankt Peter-Ording. Für die Fahrt bretterte die „Schwebefähre“ quer übers Watt - eine Vorstellung, die Umweltschützern heute kalte Schauer über den Rücken jagt.

Das Prinzip war einfach: Mittels großer Luftpumpen wurde Luft unter die glatte Unterfläche des Fahrzeugs gepumpt, sodass es sich anhob. Mit einem Luftschraubenantrieb geringer Leistung konnte es schnell vorwärtsgetrieben werden.

Die „Westland“ war 11,60 Meter lang und 6,90 Meter breit

Die „Westland“ vom Modell SRN 5 war 11,60 Meter lang und 6,90 Meter breit. Das Luftkissenfahrzeug konnte 17 Fahrgäste mit einer Spitzengeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde über Land und Wasser befördern. Eine Gasturbine von 900 PS gab die nötige Energie für Pumpen und Luftschraube. Die Wellenhöhe konnte bis zu 1,50 Meter anwachsen, ohne die Einsatzbereitschaft zu gefährden.

Ein echter Hingucker in der Grimmershörnbucht: Das Luftkissenboot "Westland" war die Attraktion des Sommers 1965 in Cuxhaven.

Ein echter Hingucker in der Grimmershörnbucht: Das Luftkissenboot "Westland" war die Attraktion des Sommers 1965 in Cuxhaven. Foto: Stadtarchiv Cuxhaven

Fahrgäste und Presse waren zunächst begeistert von dem „Schweber“. Rund 2500 Passagiere lernten im Sommer 1965 dieses völlig neue Fahrgefühl kennen. Für einige Wochen standen die Reederei Cassen Eils und der Kapitän Wilhelm Wohlers im Interesse der Medien. Zuvor hatte Wohlers in England einen Pilotenschein machen müssen.

Zahlreiche Beschwerden über Lärm

Die anfängliche Euphorie verflog schnell, nachdem sich die Beschwerden von Urlaubern und Cuxhavenern gehäuft hatten. Das Luftkissenfahrzeug hatte neben zahlreichen Vorteilen einen gravierenden Nachteil: Es war laut. Zahlreiche Beschwerdebriefe gingen bei der Kurverwaltung und dem Ordnungsamt ein.

Die "Westland" war 1,60 Meter lang und 6,90 Meter breit und konnte 17 Fahrgäste mit einer Spitzengeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde über Land und Wasser befördern.

Die "Westland" war 1,60 Meter lang und 6,90 Meter breit und konnte 17 Fahrgäste mit einer Spitzengeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde über Land und Wasser befördern. Foto: Stadtarchiv Cuxhaven

In einem Beschwerdeschreiben an die Stadt heißt es: „Ich bin sicher nicht überempfindlich. Was sich an Lärm in den letzten Tagen in der Grimmershörnbucht abgespielt hat, ist allerdings nicht mehr zu ertragen. Wenn das Hovercraft-Fahrzeug zwei- oder dreimal täglich nach Büsum startet, so kann man sich den Erfordernissen der Technik wohl nicht entziehen; aber laufend in der Bucht kreuzen und bei uns am Haus sowie Strand herumbrausen, das geht einfach zu weit. Es ist doch unsinnig, Transistorgeräte am Grünstrand zu verbieten und 106 gemessene Phon, überall in der Welt als gesundheitsschädlich erkannt, zuzulassen.“

Hinzu kamen technische Schwierigkeiten und Probleme mit dem Wetter. Bei starkem Seegang konnte das Luftkissenboot „Westland“ nicht starten. Als die „fliegende Schildkröte“ bei einem Unfall auf Norderney erheblich demoliert wurde, rückte Reeder Cassen Eils schließlich von seinen Luftkissenboot-Plänen ab. Das Experiment „Hovercraft“ war beendet.

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