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Landwirtschaft

Weißkohlernte geht in heiße Phase - auf dem Feld und in der Fabrik

Auf den Feldern von Marten Oest wird der Weißkohl noch per Hand geerntet. Sohn Marlon (9) packt mit an.

Auf den Feldern von Marten Oest wird der Weißkohl noch per Hand geerntet. Sohn Marlon (9) packt mit an. Foto: Mangels

Herbstzeit ist Kohlzeit. Die Ernte des beliebten Gemüses läuft seit Wochen auf Hochtouren. Ein Besuch auf dem Weißkohlfeld und in der Sauerkrautfabrik.

Von Jens-Christian Mangels Montag, 18.11.2024, 17:45 Uhr

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Otterndorf. Fünf Kilogramm wiegt ein großer Kopf Weißkohl. Wenn Marten Oest, Bio-Bauer aus Otterndorf, den Kohl erntet, sieht es so leicht aus, als würde er mit einem Basketball hantieren. Doch Weißkohlernte ist ein Knochenjob. Schwerste Handarbeit. Einer der schwersten in der Landwirtschaft. Der Kohl wird Kopf für Kopf per Hand vom Strunk getrennt. Mit der Forke aufgespießt, fliegen die Kohlköpfe anschließend in die Kisten auf dem Treckeranhänger.

Marten Oest hat bis zu vier Leute, die ihm bei der Ernte seiner 18 Hektar großen Weißkohlfläche helfen. „60 Tonnen am Tag kann man schon ernten“, erzählt der Landwirt. Insgesamt bewirtschaftet er auf seinem Hof rund 100 Hektar. Seit 1990 arbeitet der Betrieb ökologisch, seit 2019 sogar Demeter- und Bioland-zertifiziert.

Rund 150 Tonnen Weißkohl werden täglich verarbeitet

Der Bio-Landwirt hat für seinen Weißkohl zwei große Abnehmer. Ein Teil geht in eine Sauerkrautfabrik in Thüringen, die andere Hälfte wird in die nur fünf Minuten entfernte Sauerkonservenfabrik von Alfred Paulsen geliefert, die aus dem Kohl unter anderem Bio-Sauerkraut herstellt. Rund 150 Tonnen Weißkohl werden in der Kohl-Saison bei Paulsen täglich verarbeitet.

Bereits der Großvater von Alfred Paulsen, der ebenfalls Alfred Paulsen hieß, begann mit der Produktion von Sauerkraut in den Holzfässern seines Vaters, der Küfer war. Daraus entstand die Konservenfabrik Alfred Paulsen, die vor 115 Jahren gegründet wurde und seit 1995 auch Bio-Gemüse in Gläsern und Konserven herstellt. Heute macht der Bio-Anteil des Unternehmens bereits mehr als die Hälfte des Umsatzes aus, beim Weißkohl sind es sogar zwei Drittel.

Gesucht werden weitere Kohl-Bauern

Paulsen arbeitet aktuell mit vier Landwirten aus der Region zusammen - und ist auf der Suche nach weiteren Kohl-Bauern. Denn nach einer Delle in den Jahren nach Corona ist die Produktion mittlerweile wieder gestiegen. „Es geht darum, die Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen“, sagt Paulsen.

Angekommen in der Fabrik, wird der Anhänger mit dem Weißkohl vom Oest-Hof gekippt und die Kohlköpfe purzeln auf ein Fließband, das sie in die Halle transportiert. Dort entfernen Mitarbeiterinnen mit Hilfe eines Strunkschneiders den harten Teil jedes Kohlkopfs einzeln. Weiter geht es per Fließband zur nächsten Station, wo die Außenblätter entfernt werden. Bevor er in die Schneidemaschine kommt, wird jeder Kohlkopf nochmals einzeln von Mitarbeitern geprüft und wenn nötig nachbearbeitet.

Nach dem Schneiden werden die hauchdünnen Streifen gleichmäßig gesalzen und in einen großen Bottich transportiert. Dort kann nun die Fermentation beginnen. Wichtig ist, dass die Gärung unter Sauerstoffausschluss erfolgt, um Fehltöne durch Oxidation zu vermeiden.

Fermentationsvorgang dauert bis zu zehn Tage

Je nach Außentemperatur dauert der Fermentationsvorgang zwischen fünf und zehn Tage, bis die gewünschte Milchsäure-Konzentration erreicht ist. Je wärmer, desto schneller verläuft der Gärungsprozess. Bei einem Milchsäuregehalt von zehn Gramm pro Liter spricht man von mildem Sauerkraut, während ein Milchsäuregehalt von 13 bis 15 Gramm dem Kraut einen wesentlich herberen Geschmack verleiht. Füllt man das Kraut direkt so ab, nennt man es Frischsauerkraut. Möchte man eine längere Haltbarkeit gewährleisten, muss man die Milchsäurebakterien mit einer Pasteurisierung bis 80 Grad Celsius deaktivieren.

Und wie ist die Kohl-Saison 2024 gelaufen? Die Ernte ist zwar noch nicht vorbei, aber Marten Oests Bilanz fällt jetzt schon durchwachsen aus. „Die nasse Witterung im Frühsommer hat uns vor einige Herausforderungen gestellt“, sagt der 40-jährige Otterndorfer. Während der konventionelle Kohlanbau mit guten Erträgen aufwarten konnte, wirkte sich der viele Regen auf den Bio-Kohl eher nachteilig aus. Auch das Unkraut sorgte für einige Probleme. Oest verzichtet komplett auf synthetische Dünger und Pflanzenschutzmittel. Dadurch hat er zwar geringere Erträge als ein konventioneller Betrieb, aber dafür auch ein qualitativ hochwertiges und nachhaltiges Produkt.

Ein Mitarbeiter der Sauerkonservenfabrik transportiert frisch geernteten Weißkohl zur Weiterverarbeitung in Otterndorf.

Ein Mitarbeiter der Sauerkonservenfabrik transportiert frisch geernteten Weißkohl zur Weiterverarbeitung in Otterndorf. Foto: Mangels

Ein Mitarbeiter überwacht die Anlieferung von frischen Weißkohlköpfen in der Sauerkonservenfabrik von Alfred Paulsen.

Ein Mitarbeiter überwacht die Anlieferung von frischen Weißkohlköpfen in der Sauerkonservenfabrik von Alfred Paulsen. Foto: Mangels

Die Weißkohlernte ist im vollen Gange und dauert noch bis Ende November. Bis zu fünf Kilogramm bringen die dicken Exemplare auf die Waage.

Die Weißkohlernte ist im vollen Gange und dauert noch bis Ende November. Bis zu fünf Kilogramm bringen die dicken Exemplare auf die Waage. Foto: Mangels

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