Weltladen Himmelpforten: Wo Fairness ein Geschäftsprinzip ist

Ingeborg Spitz und Karin Diestel-Meyer haben Wundertüten zum 30-jährigen Bestehen des Weltladens gepackt. Foto: Klempow
Körbe, Kaffee und Kerzen - Schönes und Gutes gibt es im Weltladen. Vor allem aber: Alle Produkte sind fair gehandelt. Inzwischen gibt es den fairen Handel längst im Supermarkt. Als der Weltladen anfing, war das ganz anders.
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„Uns dürfte es eigentlich gar nicht geben müssen“, sagt Karin Diestel-Meyer. Klingt für ein Geschäft merkwürdig, nicht aber für den Weltladen. Der hat seine Wurzeln in der Kirchengemeinde Himmelpforten. Vor 30 Jahren fand sich ein Team zusammen und startete mit dem fairen Welthandel im damaligen Gemeindehaus, nun feiert der Weltladen Jubiläum.
Faire Produkte aus aller Welt
Karin Diestel-Meyer war damals schon dabei. Zwei weitere Frauen aus dem Team sind seit drei Jahrzehnten ihrem Ehrenamt im Laden treu geblieben. Derzeit zählt es zehn Köpfe, die den Laden am Laufen halten und damit verlässliche Partnerinnen für die Produzenten am anderen Ende der Welt sind. „Uns ist wichtig, dass diese faire Preise für ihre Erzeugnisse bekommen“, sagt Karin Diestel-Meyer.
Außerdem: Die Kinder sollen zur Schule gehen; auch wenn nicht immer ganz ausgeschlossen werden kann, dass sie in der Familie mithelfen, sollen sie nicht arbeiten müssen. Ein weiteres Kriterium: Die Produzentinnen und Hersteller sollen krankenversichert sein. Um sicherzugehen, dass das Sortiment unter diesen Bedingungen hergestellt wurde, arbeitet der Weltladen mit etablierten Großhändlern zusammen. Dazu gehören Süd-Nord-Kontor, El Puente, Contigo und Globo.
In den Regalen des Ladens in der Bahnhofstraße gibt es Nützliches wie Mörser, Leckeres wie Kaffee, Tee und Gewürze, Schönes wie Handschmeichler aus Speckstein mit Schutzengeln oder bunte Schmuckstücke. Auch die traditionell geflochtenen Einkaufskörbe gibt es noch. Allerdings werden sie immer weniger nachgefragt. Karin Diestel-Meyer kennt solche Trends.
Konsum steht Tradition entgegen
Die unverwüstlichen Sisal-Taschen, die einst in Mode waren und dem Team fast aus den Händen gerissen wurden, waren plötzlich von der Kundschaft nicht mehr gewollt. Ein Konsumverhalten, das die Herstellerinnen in Afrika in Nöte stürzte. Unverwüstliche Taschen konnten die Lust auf immer Neues nicht stillen.
Die Großhändler beraten deshalb vor Ort in Asien, Afrika oder Südamerika, was den Geschmack in Europa betrifft. Da heißt es die Balance zu halten zwischen Tradition, Handwerk, Kunstfertigkeit und europäischem Zeitgeist. Das führt dazu, dass robuste und formschöne Portemonnaies im Verkaufsregal liegen, ebenso kunstvoll gearbeitete Teelichthalter.
Elbphilharmonie-Uhr aus Kolumbien
An der Wand ticken Uhren aus Blech, die in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá gefertigt werden. Jugendliche erhalten dort einen Ausbildungsplatz, inzwischen gibt es 30 Festangestellte. Angefangen hatte das Projekt mit der Unterstützung ehemaliger Straßenkinder beim Sammeln von Alteisen. Eine Erfolgsgeschichte. Längst produzieren die Mitarbeiter in der sozial ausgerichteten Werkstatt bedarfsorientiert, zum Beispiel Elbphilharmonie-Miniaturen mit Uhrwerk - im Weltladen waren sie schon der Renner.
„Wir versuchen auch, immer wieder Neues zu bieten und Neuigkeiten im Programm zu haben“, sagt Ingeborg Spitz. Sie gehört seit drei Jahren zum Weltladen-Team. Der hat seit 25 Jahren sein Domizil in der Bahnhofstraße, ganz nah am Ortszentrum. Vom alten Gemeindehaus dorthin zu ziehen war eine bewusste Entscheidung. „Wir brauchen ein Schaufenster“, sagt Karin Diestel-Meyer. Außerdem ist die Hemmschwelle für all jene Kunden niedriger, die zur Kirche keinen Draht haben.
Dass es den Weltladen nun schon 30 Jahre gibt, ist auf der einen Seite ein Grund zum Feiern, aber mit einem Wermutstropfen. „Unsere Läden sind ja eigentlich nicht in Ordnung“, blickt die Mitbegründerin auf den Zweck des fairen Handels. Es habe sich zwar schon viel getan, aber noch immer schufteten Menschen am anderen Ende der Welt und würden eben immer noch nicht gerecht entlohnt. Seine Daseinsberechtigung hat der Weltladen damit leider immer noch. Aber dadurch gibt es mitten in Himmelpforten eben auch Schönes, Buntes und Leckeres von den anderen Enden der Welt.
Jubiläumsrabatt und Wundertüten
Zum Jubiläums-Verkaufstag am Sonnabend, 12. November, von 10 bis 16 Uhr gibt es 20 Prozent Rabatt auf Kunsthandwerk. Das Team hat außerdem Wundertüten gepackt, die es für 10 Euro gibt. Und bis Sonnabend wird schon einiges an schöner Weihnachtsdeko im Laden hängen.
Geöffnet hat der Weltladen in der Bahnhofstraße 8 mittwochs bis freitags jeweils von 10 bis 12 und von 15 bis 18 Uhr, sonnabends von 10 bis 12 Uhr.