Wischhafen stimmt ab: Dritte Bürgerbefragung zur Einheitsgemeinde

So sieht der Stimmzettel der Bürgerbefragung aus.
Aller guten Dinge sind drei? Das wird sich am Sonntag, 23. Oktober, zeigen. Wischhafens Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, sich zur Einheitsgemeinde zu äußern. Es ist bereits die dritte Befragung binnen elf Jahren.
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2011 in einer Bürgerbefragung und 2015 in einem Bürgerentscheid sagten die Wischhafener deutlich „Nein“ zur Bildung einer Einheitsgemeinde. Zwei Drittel der Teilnehmer hatten jeweils dagegen gestimmt. Nun gibt es einen erneuten Anlauf: „Wollen Sie die Gemeinde Nordkehdingen, damit wir zukunftsfähig bleiben und Bürokratie abbauen?“, sind die Bürger am Sonntag gefragt.
Diese Fragestellung, die die CDU im Juni im Wischhafener Gemeinderat mehrheitlich durchgesetzt hat, unterscheidet sich deutlich von früheren Formulierungen. Beim Bürgerentscheid 2015 wurde ziemlich kompliziert gefragt: „Sollen die Ratsbeschlüsse für die Bildung einer Einheitsgemeinde in der jeweiligen Gemeinde aufgehoben werden und damit an der bisherigen Samtgemeinde mit eigenständigen Räten festgehalten werden (Kreuz bei Ja) oder wird an den Beschlüssen der gewählten Vertreter festgehalten und die fünf Mitgliedsgemeinden in Nordkehdingen schließen sich zum 1. November 2016 zu einer Einheitsgemeinde zusammen (Kreuz bei Nein)?“
Fragestellung als Retourkutsche
2011 gab die SPD-Mehrheit die Fragestellung vor: „Wird die Bildung einer Einheitsgemeinde Nordkehdingen, wodurch die Gemeinde Wischhafen ihre Eigenständigkeit verliert, befürwortet?“ Da wirkt die aktuelle CDU-Fragestellung wie eine verspätete Retourkutsche für 2011.
Was anders lief in diesem Jahr: Während in früheren Jahren die Bürgerbefragung und der Bürgerentscheid im Vorwege von allerlei Wirbel begleitet waren, blieb es dieses Mal ruhig in der Gemeinde. 2011 und 2015 waren Unterstützer der SPD-Haltung unterwegs und warben an Haustüren um Stimmen gegen die Einheitsgemeinde. Dies soll dem Vernehmen nach in diesem Jahr ausgeblieben sein.
Allerdings war die SPD über das Verhalten der CDU im Juni verschnupft. Die Sozialdemokraten hatten die Frage an die Bürger für kommenden Sonntag wertfrei formuliert: „Soll die Gemeinde Wischhafen zukünftig zur Gemeinde Nordkehdingen gehören?“ Mit der mehrheitlich durchgesetzten Fragestellung der CDU wurde eine weitere Kooperation der beiden Fraktionen zunichtegemacht.
CDU-Bürgermeister sieht nur Vorteile
So fanden die Bürger zwei Informationsblätter zur Bürgerbefragung im Briefkasten: das des CDU-Bürgermeisters Bernd Tietje und das der SPD. Tietje verweist in seinem Flyer nur auf die Vorteile: Gleichbehandlung aller Einwohner Nordkehdingens bei Gebühren und Steuern, weniger Verwaltungsaufwand, da sechs Haushalte durch einen ersetzt werden, bessere Versorgung der Kindergärten durch ortsteilübergreifende Vertretungsregelung und einen zentralen Mittagstisch sowie eine bessere Ausgangsposition bei Förderprogrammen, da Eigenanteile leichter zu wuppen seien und Personal gezielter eingesetzt werden könne.
SPD bemüht sich um Ausgewogenheit
Die SPD bemühte sich um neutrale Darstellung, zählt aber deutlich mehr Vorteile einer eigenständigen Gemeinde Wischhafen auf, etwa den eigenen, unabhängigen und von Wischhafenern gewählten Gemeinderat, den Erhalt der Finanzhoheit, die Verantwortung einschließlich Personalplanung für den Kindergarten, die eigene Bauleitplanung, die Förderung der örtlichen Vereine und die Verfügbarkeit der Einnahmen aus der Beteiligung am Fähranleger. Als Vorteile der Einheitsgemeinde zählt die SPD den Abbau von Verwaltungsaufwand und Bürokratie, die Kapazitäten für andere Aufgaben, unter anderem die Digitalisierung, freisetzen sowie die Reduzierung der Ratsmitglieder auf.
Ergebnis ist nicht bindend
Zur Bürgerbefragung am Sonntag sind 2481 Wahlberechtigte ab 16 Jahre in Wischhafen aufgerufen. Sie können von 8 bis 18 Uhr in den Wahllokalen im Bildungshaus in Wischhafen und im Hamelwördener Gemeindehaus abstimmen. Nach Auskunft von Ordnungsamtsleiter Frank Griemsmann wird die Befragung wie eine Wahl behandelt: Es kann sowohl an den Urnen in den Wahllokalen als auch per Briefwahl abgestimmt werden. Die Befragung ist geheim.
Aber: Das Ergebnis ist nicht bindend. Was daraus folgt, ist der Politik vor Ort überlassen, die allerdings bereits signalisiert hat, dem Ergebnis zu folgen. Falls die Wischhafener die Fusion zur Einheitsgemeinde Nordkehdingen ablehnen, will der Wischhafener Rat den Weg freigeben für einen Zusammenschluss der Nord-Gemeinden. So jedenfalls der Sachstand im März dieses Jahres. Damit wäre eine Samtgemeinde mit zwei Mitgliedsgemeinden denkbar.
Altländer stimmen gegen die Einheitsgemeinde
Auch in einer anderen Samtgemeinde im Kreis Stade wurde zuletzt wieder über die Einheitsgemeinde diskutiert: in der Samtgemeinde Lühe. Im Wahlkampf um das Amt zum Samtgemeindebürgermeister zwischen Timo Gerke und Michael Gosch kam das Thema in Diskussionsrunden und Gesprächen vonseiten der Bürger wiederholt auf die Agenda.
Wie die Kehdinger haben die Altländer schon mehrere Anläufe in Sachen Einheitsgemeinde hinter sich – und der neuste Versuch war schnell beendet. Der Rat der Gemeinde Neuenkirchen sprach sich Mitte September dagegen aus, Gespräche zur Bildung einer Einheitsgemeinde aufzunehmen. Später entschied auch der Rat Mittelnkirchen, keine Gespräche zur Bildung einer Einheitsgemeinde führen zu wollen.
Da Politik und Verwaltung stets betont haben, dass eine Einheitsgemeinde nur mit positivem Votum aus allen sechs Mitgliedsgemeinden gebildet werden soll, scheint die Idee von der Einheitsgemeinde in Lühe vorerst wieder begraben zu sein. (bat/set)