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Zeitreise

Als die Altländer ihr bedeutendstes Haus auf Rollen setzten und verschoben

Das Foto zeigt das Portau‘sche Haus in der Bürgerei in Jork kurz nach dem Verschieben um 1932. Heute ist es Sitz der Bücherei. Foto: Altländer Archiv

Das Foto zeigt das Portau‘sche Haus in der Bürgerei in Jork kurz nach dem Verschieben um 1932. Heute ist es Sitz der Bücherei. Foto: Altländer Archiv

Die Gemeindebücherei in der Bürgerei feiert ihren Geburtstag. Die Brüder Gerd und Klaus Hubert werden die Besucher mit auf eine Zeitreise nehmen und aufzeigen, wie wichtig den Jorkern ihr Kulturerbe war und ist.

Von Björn Vasel Donnerstag, 24.11.2022, 09:30 Uhr

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Die Bücherei ist seit dem Jahr 1982 im Portau’schen Haus in der Bürgerei in Jork untergebracht. 1658 war das zweigeschossige Traufenhaus auf Initiative des Gräfen Matthias von Haren erbaut worden.In dem Gerichts- und Versammlungshaus in der Bürgerei 7 waren bis in das 18. Jahrhundert hinein Schreibstube, Gaststätte, Gericht, Zellen und - im großen Saal im Obergeschoss - die Landesversammlung untergebracht. Jork war bis ins 20. Jahrhundert ein Gerichtsort.

Heimatschutzbewegung rettet das Baudenkmal vor Abriss

Die Landesgemeinde mit ihren freien Bauern bildete sich im 13. Jahrhundert und hatte spätestens ab 1361 durch die gewählten Hauptleute und den gewählten Oberbürgermeister selbstbewusste Vertreter nach außen.

Die Trennung von Justiz und Verwaltung, die im Alten Land bereits seit dem Mittelalter gelebt wurde, wurde landesweit erst 1852 eingeführt. Der Einfluss des Adels war gering, das „Olden Landes Ordeninge und Rechteboeke“ war das „Gesetzbuch“ der Altländer. Das Deichrecht hatte seine Wurzeln in den Niederlanden, Deichrichter werden bis heute gewählt. Kurzum: Das Denkmal ist das Backstein gewordene Symbol der Selbstverwaltung und Gerichtsbarkeit der autonomen Landesgemeinde. 1773 zog das Gericht um. Der Brauer Teiss Jakob Miesner kaufte das Haus. Der Fuhrunternehmer Hein Portau, Namensgeber des Denkmals, erwarb es 1887 von Miesners Nachfahren. Sein Schwiegersohn, Obsthändler Jakob zum Felde, trat es 1929 an die Provinzialwegeverwaltung ab.

Das Foto zeigt das Portau’sche Haus im Jahr 1920. Seit 1982 ist in diesem Baudenkmal die Bücherei in Jork untergebracht. Foto: Altländer Archiv

Das Foto zeigt das Portau’sche Haus im Jahr 1920. Seit 1982 ist in diesem Baudenkmal die Bücherei in Jork untergebracht. Foto: Altländer Archiv

Dass es heute noch steht, ist auch ein Erfolg einer der ersten Bürgerinitiativen. Die Heimatschutzbewegung verhinderte im Jahr 1929 den Abriss. Das Haus sollte weichen, weil die Straße zu eng war. Stattdessen erwarb ein Hamburger Unternehmer das Haus. Es wurde 1932 entkernt und mit Hilfe von Winden auf Rollen drei Meter in Richtung des damals noch hinter dem Haus verlaufenden Fleets (heute verläuft hier die Landesstraße) gezogen. „Das war eine technische Meisterleistung“, sagt die Archivarin Dr. Kai Janofsky. Über der Tür steht heute die Inschrift „Ich tu das Handwerk loben - Hierher ward ich verschoben - Wohl nicht nach aller Willen - Jetzt aber stehe ich stille“.

Die kleinen roten und gelben Leydener Steine, das Buntmauerwerk kommt in dieser Form nur in Jork vor, zeugen vom Erbe der Hollerkolonisation. Zeitweise waren in dem Wohn- und Geschäftshaus eine Bank, ein Frisör, ein Textiliengeschäft und ein Anwalt untergebracht.

1982 zog die Bücherei in das Haus in der Bürgerei ein

Im Oktober 1982 eröffnete die Bücherei, erst im Erdgeschoss. In den 1990er Jahren kam das Obergeschoss hinzu. 2004 wollte der damalige Bürgermeister Rolf Lühmann (CDU) das Haus verkaufen und mit den Einnahmen den Grundstock für das Feuerwehrgerätehaus Jork legen. Die Politik lehnte seinen Vorstoß ab. Heute stehen alle Fraktionen im Rat hinter der Bücherei in dem geschichtsträchtigen Gebäude.

Blick auf die Gemeindebücherei in Jork. Foto: Vasel

Blick auf die Gemeindebücherei in Jork. Foto: Vasel

Das Haus mit 12.000 Medien ist ein Treffpunkt. Zur klassischen Ausleihen kamen Aufgaben wie Medienerziehung hinzu. Veranstaltungen wie Bilderbuchkino und Lesungen finden statt. Zum Geburtstag haben sich die Gemeinde Jork und der Förderverein eine Kaffeeecke und eine Bücherei der Dinge geschenkt, die Kinderabteilung zog ins Obergeschoss. Außerdem wird ein Lastenfahrstuhl für 28.000 Euro installiert.

Programm am Sonnabend

Die Altländer feiern den Geburtstag ihrer Bücherei am Sonnabend, 26. November, von 10 bis 16 Uhr.

Um 11.15 Uhr werden die Brüder Hubert - nach Begrüßung durch Bürgermeister Matthias Riel - mit ihrem Vortrag „Ein Haus geht auf Reisen“ die Besucher mit auf eine Reise durch die Geschichte des Portau‘schen Hauses nehmen. Um 14 Uhr bietet Maria Neumann ein Kamishibai (Erzähltheater mit Bildtafeln) für Kinder ab vier Jahren an.

Auch die Geschäfte in der Bürgerei feiern mit und bieten Glühwein, Grünkohl, Waffeln und mehr an. Ab 14 Uhr dreht der Feuerwehroldtimer „Oma“ einige Runden mit Kindern. An Aktionsstationen und mit einem Quiz können Besucher die Bücherei neu entdecken, der Förderverein stellt sich vor.

Blick in die Kinderbuchabteilung im Obergeschoss. Foto: Vasel

Blick in die Kinderbuchabteilung im Obergeschoss. Foto: Vasel

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