Weiter Streit in Grünendeich: Schwarz-Grün brüskiert SPD/FWG

Hedwig Glinka-Glatho (links) und Ulrike Mohr.
Der Rat der Gemeinde Grünendeich wollte nach dem Ausscheiden des umstrittenen Ratsmitglieds Helge Flöge ein neues Kapitel im Umgang miteinander aufschlagen. Doch die Wahl der Grünen Ulrike Mohr zur neuen stellvertretenden Bürgermeisterin zeigt, dass alte Wunden noch nicht verheilt sind.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Die Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung im Rat hielt nicht lange an. Denn CDU und Grüne hielten sich am Donnerstagabend in der Schönen Fernsicht nicht an die Absprache, der früheren Bürgermeisterin Inge Massow-Oltermann (FWG) ihre Stimme zu geben. Nach dem Ausscheiden von Helge Flöge und dem Nachrücken von der Grünen Hedwig Glinka-Glatho verfügte die Gruppe wieder über eine 6:5-Mehrheit. Damit sei die Vereinbarung vor einer Woche hinfällig gewesen. Zum Zeitpunkt der Absprache sei Schwarz-Grün noch von einem Patt ausgegangen.
Zu Beginn der Sitzung gab der Christdemokrat Kai Klegräfe eine Erklärung der CDU zum Ausschluss von Flöge ab. Der CDU-Politiker beklagte die öffentliche und verdeckte „Diskreditierung demokratisch gewählter Ratsfrauen und Ratsherren“ durch Flöge. Zuletzt hatte der Ex-Grüne die CDU aufgrund des Abwahlantrags in die Nähe der NSDAP gerückt. Die persönlichen Angriffe von Flöge waren laut Kai Klegräfe „beleidigend, polemisch, unsachlich und diskriminierend“. Zum Schutz des Ehrenamts auch auf kommunalpolitischer Ebene habe die Gruppe CDU/Grüne sein Verhalten nicht länger tolerieren können. „Seine anschließenden Vergleiche zum Nationalsozialismus überschreiten die Grenze des Zumutbaren und bestätigen die Gruppe in ihrer Entscheidung“, sagte Klegräfe im Rat. Wie berichtet, war der Ex-Grüne Flöge seiner Abwahl als stellvertretender Bürgermeister und seinem Ausschluss aus der Gruppe durch seinen Mandatsverzicht CDU, FWG, SPD und Grünen zuvorgekommen.
Massow-Oltermann spricht von Vertrauensverlust
Im Vorfeld der Sitzung hatte Dr. Hans-Joachim Raydt vom Ortsverband Lühe den Mandatsverzicht und den Parteiaustritt im Namen der Grünen als überfällig bezeichnet. Rats- und Parteikollegen in die Nähe der NSDAP zu rücken, das „ist kein akzeptabler Politikstil unter demokratisch gewählten Mandatsträgern“, sagte Raydt. Flöge selbst nahm an der Sitzung nicht teil. Auch Hans-Heinrich Schenk von der Gruppe FWG/SPD kritisierte Flöge für seine wiederholten verbalen Entgleisungen. Er hoffe, wie CDU-Ratsherr Klegräfe, auf „eine konstruktive Zusammenarbeit“.
Der Neustart verlief nicht so. Nachdem Schwarz-Grün mit ihrer 6:5-Mehrheit die Grüne Ulrike Mohr „entgegen der Absprache“ zur Vize-Bürgermeisterin gewählt hatte, sprach Schenck von einem „eklatanten Vertrauensbruch“.
Auch die Unterlegene, Inge Massow-Oltermann (FWG) hatte gehofft, dass nach dem Rückzug des „Querdenkers“ ein neuer Wind im Rat weht. Die frühere Bürgermeisterin (bis Herbst 2021) sprach von einem Vertrauensverlust. Vor Donnerstag hätte es ein Patt gegeben, sagte Gerd Dehmel (CDU). Mit dem Rückzug Flöges seien die Karten neu gemischt worden. „Wir haben wieder die Mehrheit – und den Auftrag der Wähler“, sagte Dehmel. Es sei keine Entscheidung gegen die Person von Massow-Oltermann gewesen. Auch diese hätte das Amt gut ausgefüllt, so Mohr. Die Grüne will sich für mehr Miteinander starkmachen.
Querdenker
Helge Flöge hält an seiner Kritik an den Ratsmitgliedern von CDU, SPD, FWG und Grünen fest. Auf Nachfrage bestätigte der Ex-Politiker, diese in die Nähe von AfD und NSDAP gerückt zu haben. In einer Mail an das TAGEBLATT legt der Ex-Grüne Flöge nach und wiederholte seinen Vorwurf, dass bei der Diskussion über den Verkauf der Schönen Fernsicht „ausländerfeindliche Äußerungen“ gefallen seien. Ein Ratsherr habe gesagt: „Yalla Yalla Muselmanen mit Hochzeiten jedes Wochenende wollen wir hier nicht.“ Aus allen Fraktionen heißt es, niemand habe gehört, dass dieser Satz jemals gefallen sei. Alle seien sich einig, dass Rassismus in der Gemeinde Grünendeich keinen Platz habe. Flöge bleibt dabei: „Abwählen von anderen Meinungen, das ist tatsächlich wie 1933.“

Ulrike Mohr .

Hedwig Glinka- Glatho .