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Aufarbeitung

Armbrust-Attacke in Bremerhaven schlägt Wellen in Berlin

Archivbild: Einsatzkräfte der Polizei stehen im Mai vor dem Lloyd Gymnasium. Der Täter wurde nach der Tat festgenommen. Foto: Hartmann/dpa

Archivbild: Einsatzkräfte der Polizei stehen im Mai vor dem Lloyd Gymnasium. Der Täter wurde nach der Tat festgenommen. Foto: Hartmann/dpa

Die Polizei hat den Einsatz am Lloyd Gymnasium am 19. Mai aufgearbeitet und die Ergebnisse vorgestellt. Ein Armbrustschütze hatte die Stadt in Atem gehalten. Eine Konsequenz.

Mittwoch, 07.09.2022, 17:00 Uhr

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Von Jens Gehrke

„Wir haben einen Notfall. Wir haben einen Amoklauf bei uns im Sekretariat. Einen Amoklauf. Hier ist einer mit einer Armbrust, der uns beschießt.“ Mit diesen Worten soll der Notruf, der am 19. Mai um 9.10 Uhr einging, begonnen worden sein. Was danach passierte, war einer der herausforderndsten Tage in der Geschichte der Bremerhavener Polizei. Nun haben die Beamten den Einsatz detailliert aufgearbeitet und die Ergebnisse der Politik vorgestellt. Ein Armbrustschütze hatte am 19. Mai im Lloyd Gymnasium die Schulsekretärin schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter konnte gefasst werden.

Unter Einsatz des Lebens ins Gebäude

Polizist Marc Tiedemann war an diesem Tag Gesamteinsatzleiter. Er berichtete, wie zunächst nur wenige Beamte und wenig später Rettungskräfte unter Einsatz ihres Lebens das Gebäude betraten und so möglicherweise der Schulsekretärin das Leben retteten.

Tiedemann zeichnet nach, wie nach Eingang des Notrufes in Windeseile die Polizei personell und organisatorisch hochgefahren wurde. Unter anderem brachen Beamte, die gerade beim Schießtraining waren, ihre Übungen ab, um zum Einsatz zu eilen. Auch aus Bremen kam Unterstützung.

Aus Sicht der Polizei war es ein Tag, an dem sie immer mit großen Unsicherheiten umgehen musste. Gab es weitere Täter? Gab es Bedrohungen in anderen Schulen? Lagen noch Waffen frei herum? Zudem hatte man es mit einer Vielzahl von Fake News in den sozialen Netzwerken zu tun. „Es war ein hoher Zeit-, Entscheidungs- und Handlungsdruck.“

Tiedemann unterstreicht, dass an dem Tag die Polizei ih- re Leistungsfähigkeit bewiesen hätte und keine gravierenden Fehler passiert seien. Allerdings habe man aus der Nachbereitung auch Schlüsse gezogen. So müsse vor allem die personelle Ausstattung der Polizei mindestens gewahrt oder besser erhöht werden, um in solchen Lagen über ausreichend Reserven zu verfügen und um solche Vorfälle immer wieder üben zu können. 580 Polizisten sei die Zielzahl für Bremerhaven, die unbedingt erreicht werden müsste. Derzeit verfügt die Stadt über rund 500 Polizisten. Außerdem soll überlegt werden, wie in solchen Lagen die Polizei aktiv die Informationslage in den sozialen Medien besser selbst im Griff behalten kann.

„Hervorragende Arbeit“: Dank an Polizei und Feuerwehr

Zu den Konsequenzen des Vorfalls zählt auch, dass das Bundesland Bremen die Bundesratsinitiative „Waffenrecht“ forcieren will. Denn die Armbrust, die der mutmaßliche Täter im Internet bestellte, durfte man nach aktuellen Gesetzen legal führen. Das müsse geändert werden. Beschussübungen des Landeskriminalamtes hätten ergeben: Die Armbrust könne potenziell Menschen töten. Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) dankte Polizei und Feuerwehr, sie hätten an dem Tag „hervorragende Arbeit“ geleistet.

Aus den Reihen der Politik gab es aber auch kritische Nachfragen. Etwa von Thomas Jürgewitz (AfD) und Claudius Kaminiarz (Grüne). Sie fragten, wie lange es gedauert habe, bis das SEK aus Bremen eintraf, oder auch, warum nicht direkt Kräfte aus den Kommissariaten aus Geestland und Schiffdorf hinzugezogen worden waren, und ob die Sturmgewehre eingesetzt worden waren. Sie wollten auch wissen, welche Ausrüstung künftig bei solchen Einsätzen noch zusätzlich gebraucht werde. Die Antworten fielen mit Verweis auf die Öffentlichkeit der Sitzung knapp aus. „Wir sollten das gemeinsam noch einmal intensiver aufarbeiten. Man kann aus dem Vorfall eine Menge lernen“, erklärte Kaminiarz.

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