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Norddeutschland

Bauernverband: Landwirte wollen selber entscheiden können

Mit Treckern und anderen Fahrzeugen haben Landwirte die Zufahrt zum Edeka-Zentrallager in Neumünster blockiert.

Mit Treckern und anderen Fahrzeugen haben Landwirte die Zufahrt zum Edeka-Zentrallager in Neumünster blockiert. Foto: Christian Charisius/dpa

Seit Wochen demonstrieren Bauern gegen Sparbeschlüsse der Bundesregierung. Sie fordern Respekt, Unterstützung und mehr Freiheit für ihre Arbeit. Beim VR-Landwirtschaftstag geht es um Zukunftsfragen.

Mittwoch, 31.01.2024, 17:05 Uhr

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Die Landwirte in Deutschland sollten nach Überzeugung des Bauernverbands mehr Entscheidungsfreiheit bekommen. Landwirte wüssten sehr gut, was sie täten, sagte der Präsident des Bauernverbands Schleswig-Holstein, Klaus-Peter Lucht, am Mittwoch auf dem Landwirtschaftstag der Volks- und Raiffeisenbanken in Neumünster. „Wenn wir Betriebe haben, die aus der Tierhaltung rauswollen und in die erneuerbaren Energien: gut. Wenn wir Biodiversität auf unseren Flächen produzieren sollen: Ist auch gut, wir müssen es nur selber entscheiden können.“

„Nicht immer darüber reden, wie schlecht die Landwirtschaft ist“

Dann komme man auch gut in der Gesellschaft voran, sagte Lucht. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges gehe es auch darum, die Lebensmittelversorgung sicherzustellen. Die deutsche Landwirtschaft produziere viel besser und umweltfreundlicher als Bauern in manchen anderen Teilen der Welt. Darüber müsse man reden. „Und nicht immer darüber reden, wie schlecht die Landwirtschaft ist. Ich kann es eigentlich nicht mehr hören“, sagte Lucht vor gut 1000 Landwirten. Sie schlossen sich mit lautem Applaus der Forderung an, dass die Politik abrupte Änderungen der Rahmenbedingungen vermeiden müsse.

Die Anliegen der Landwirtschaft sind nach Ansicht von Agrarstaatssekretärin Anne Benett-Sturies in den vergangenen Wochen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Damit werde eine jahrzehntelange Fehlentwicklung korrigiert.

Lucht betonte, die Forderungen gingen weit über die Rücknahme der Kürzungen beim Agrardiesel hinaus. Das betreffe etwa die Düngeverordnung oder den Ostseeschutz. Außerdem müsse dringend Bürokratie abgebaut werden.

Benett-Sturies entgegnete, dass man dem pauschalen Schlagwort Bürokratieabbau überall in der Gesellschaft begegne. Dagegen wehre sie sich. „Wir sind dabei, die Dinge konkret zu machen.“ Mit Blick auf die Direktzahlungen der EU sagte sie, die Betriebe in Schleswig-Holstein hätten ihr Geld am 28. Dezember pünktlich erhalten.

Landwirt Mathis Block wies auf verschiedene Angebote für Kunden beim Fleisch hin, die von Biofleisch bis zu konventionell erzeugten Produkten unterschiedlicher Haltungsformen reiche. Aus seiner Sicht sind die Verbraucher aber nicht ausreichend informiert und müssen geschult werden. Das sei eine Aufgabe des Staates, sagte Block. Hier hakte die Staatssekretärin ein und fragte, ob er bei der Offensive für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz dabei sei. Auf das „nein“ des Landwirts forderte die Politikerin energisch: „Dann aber hoffentlich bald.“ Seine Arbeit beginne morgens um 4.30 Uhr am Melkstand und sei manchmal abends um 18.30 Uhr noch nicht beendet, entgegnete Block. „Dann soll ich mich auch noch um die Bildung in Deutschland kümmern?“

Die Veranstaltung in Kooperation mit dem Bauernverband stand unter dem Leitthema „Landwirtschaft der Zukunft“. In den vergangenen Wochen hatten bundesweit Landwirte gegen geplante Kürzungen und für mehr Unterstützung der Politik demonstriert. Das betrifft unter anderem den stufenweisen Abbau der Vergünstigung für Agrardiesel. Mit ihren Protesten erreichten die Landwirte, dass die Bundesregierung von ihrer Absicht abrückte, die Befreiung von land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen von der Kraftfahrzeugsteuer zu streichen.

Mehr als 100 Trecker blockieren Edeka-Zentrallager

100 Trecker und 50 weitere Fahrzeuge haben in der Nacht auf Mittwoch die Zufahrt zu einem Edeka-Zentrallager in Neumünster blockiert. Laut Polizeiinformation von Mittwoch begann die Blockade gegen 20 Uhr und löste sich erst rund sechs Stunden später gegen 2 Uhr auf. Im benachbarten Nortorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) versammelten sich außerdem weniger als zehn Fahrzeuge und blockierten die Zufahrt zu einem Aldi-Zentrallager. Diese Zusammenkunft löste sich um circa 3.00 Uhr auf.

Durch Absprachen zwischen den Demonstranten und der Polizei konnte verhindert werden, dass die Auf- und Abfahrten der Bundesautobahn 7 und Landesstraße 328 nahe Neumünster blockiert wurden. Zuvor hatte die „Hamburger Morgenpost“ über den Vorfall berichtet.

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