„Bezahlbares Leben für alle!“: Großdemo in Hamburg
Erst vor wenigen Wochen wurde in Hamburg für einen Mieten- und Energiepreisdeckel demonstriert. Foto: Axel Heimken/dpa
„Krisenkosten auf unseren Rücken? Wir zahlen gar nix!“ So ruft ein Bündnis am Sonnabend zu einer Demonstration gegen Inflation und Armut in Hamburg auf. Zwei weitere Demos in Hamburg bereiten dem Verfassungsschutz Sorgen.
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Ob beim Lebensmitteleinkauf, den Nebenkosten oder der Stromrechnung - die Preise steigen und am Monatsende bleibt immer weniger Geld übrig. Der Andrang ist bei den Tafeln in Deutschland mittlerweile so hoch, dass etwa jede dritte Anlaufstelle einen Aufnahmestopp verhängt hat. Für viele Menschen wird die Situation prekär. Das will das Bündnis "Solidarisch aus der Krise" ändern - und ruft in Hamburg zu einer Demonstration gegen Inflation und Armut auf.
Die Demo startet am Sonnaben um 13 Uhr am Berliner Tor und zieht Richtung Rathausmarkt. Mit erheblichen Verkehrsbehinderungen ist zu rechnen.
Verfassungsschutz warnt vor "UMEHR"-Versammlung
Zwei andere Versammlungen an diesem Wochenende in Hamburg rufen indes auch den Verfassungsschutz auf den Plan: Zunächst will der vom Verfassungsschutz beobachtete Verein "UMEHR" am Sonnabend von 14 bis 19.30 Uhr gegen "Frieren, Pleiten, Impfpflicht" in der Innenstadt demonstrieren.
Für Montagabend hat zudem ein beim Verfassungsschutz als Reichsbürger bekannter Mann einen von 18 bis 20 Uhr geplanten Umzug angemeldet. Motto: "Es reicht! Wir haben keinen Bock auf Armut".
Vor allem am Sonnabend sollten Teilnehmer darauf achten, welcher Demo sie sich anschließen und mit wem sie gemeinsame Sache machen, rät der Verfassungsschutz.
Gedeckelte Mieten und Lohnerhöhung
Mehr als 60 Sozialverbände, Gewerkschaften, soziale Einrichtungen und politische Gruppierungen aus Hamburg haben sich im Bündnis "Solidarisch aus der Krise" zusammengeschlossen, um gegen die Politik der Bundesregierung zu protestieren. Darunter die Studentenvereinigung ASTA, der Flüchtlingsrat, der Landesverband der Linken, der Mieterverein, die Gewerkschaft ver.di oder das Bündnis gegen Rechts.
Die Organisatoren der Demonstration fordern einen Schutzschirm für die Daseinsvorsorge, Preisdeckel für Mieten, Lebensmittel und Energie, deutliche Lohnerhöhungen und einen kostenlosen ÖPNV. Die Ampelkoalition pumpe hundert Milliarden Euro in Aufrüstung, anstatt gegen Inflation, Armut und die ungleiche Verteilung von Reichtum und Ressourcen vorzugehen, so der Vorwurf.
Einmalzahlungen reichen nicht aus
Die aktuelle Krise verschärfe die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben. In der Ankündigung der Demonstration heißt es: "Bereits in der Coronapandemie hat sich gezeigt, dass große Konzerne vom Staat gestützt werden, während Millionen Menschen um ihre Existenz bangen müssen. Bei allen Krisen der Vergangenheit waren es immer die Leistungsträger der Gesellschaft (Pfleger, Mitarbeiter des Einzelhandels, etc.), die die Hauptlast schultern mussten. Jetzt soll es mit den 'Entlastungen' der Bundesregierung schon wieder so laufen: Für viele von uns wird es jetzt richtig teuer, richtig knapp und richtig existenzbedrohend, während die Reichen in Ruhe gelassen werden und noch Geschenke bekommen." Die Hilfen der Regierung in Form von Einmalzahlungen seien ein Tropfen auf den heißen Stein.
Neben Energiekonzernen gehörten auch die Gesundheitsversorgung und weitere Bereiche öffentlicher Daseinsvorsorge in die gesellschaftliche Verantwortung rückgeführt, so das Hamburger Bündnis. Kritische Infrastruktur dürfe nicht verkauft, erneuerbare Energien müssten massiv ausgebaut werden.
"Gesellschaftliche Teilhabe muss für alle möglich sein. Die soziokulturelle Existenzsicherung ist ein Rechtsanspruch und kein Almosen!", sagt ein Mitglied der teilnehmenden Gruppe "Hamburg traut sich was". "Mit Tarifrunden, Streiks und Aktionen kämpfen wir gegen die Inflation, während große Konzerne Übergewinne einsacken. Die Bundesregierung muss eine andere Besteuerung beschließen", fordert Andreas Döhring, Vorsitzender des Fachbereichs B (Öffentliche und private Dienstleistungen, Sozialversicherung und Verkehr) in ver.di Hamburg. (set)