Cannabis-Legalisierung und Rauschgiftspürhunde: Hat es sich nun ausgeschnüffelt?

Die Entkriminalisierung von Cannabis soll Behörden entlasten. Haben Rauschgiftspürhunde nun ausgedient? Foto: Schwind
Der Bundestag hat das Cannabisgesetz beschlossen - „kiffen“ ist legal. Was bedeutet die Entkriminalisierung für Polizeihunde? Haben sie weniger zu tun, weil sie nicht mehr nach Cannabis schnüffeln müssen?
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Bremerhaven. Der Bundestag hat das Cannabisgesetz beschlossen. Deutschland folgt damit Ländern wie Kanada, Uruguay und Peru sowie zahlreichen US-Bundesstaaten, die die Droge legalisiert haben. Doch keines der Länder hat sich so viele Regeln und Vorschriften einfallen lassen wie Deutschland.
Regeln, Regeln, Regeln
Die Entkriminalisierung ist kompliziert. Beim Konsum, der künftig legal ist, fängt es an: Kiffen ist in Fußgängerzonen von 7 bis 20 Uhr verboten, ebenso in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen und Sportstätten sowie 100 Meter Luftlinie zu deren Eingangsbereich.
Wer mit mehr als 25 Gramm Gras spazieren geht, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Wer mehr dabeihat, macht sich strafbar
Müssen Ordnungshüter nun künftig mit Stoppuhr, Maßband und Präzisionswaage durch die Straßen patrouillieren? Und was ist mit den vierbeinigen Kollegen der Polizeikommissare, den Rauschgiftspürhunden? Hängen die nun nur noch mit der Nase in der Luft, weil es überall nach Dope riecht? Oder sind sie bald sogar arbeitslos?
Keine Änderung für Diensthunde
Durchatmen können die Vierbeiner erst einmal nicht. „Für unsere Rauschgiftspürhunde (RSH) ändert sich in der Ausbildung nichts. Sie werden auch weiterhin auf Cannabisprodukte konditioniert“, sagt Uwe Garlichs, Referatsleiter für das Diensthundewesen der Polizei in Bremen.
Er erklärt, dass außerhalb von Anbauvereinigungen lediglich der Besitz und der Anbau reglementiert sei. Alle anderen Handlungen im Zusammenhang mit Cannabisprodukten bleiben weiterhin verboten. „Unsere RSH werden daher auch weiterhin für Durchsuchungsmaßnahmen eingesetzt, um die sogenannten ‚Abgabedelikte‘ zu verfolgen.“
Spezialausbildung der Polizeidiensthunde in Bremen wird fortgesetzt
Grundsätzlich ist es im Land Bremen vorgesehen, dass Polizeihunde eine duale Ausbildung erhalten. „Jeder Diensthund ist ein Schutzhund und, je nach Zusatzausbildung, ein Rauschgift- oder Sprengstoffspürhund“, erklärt Polizeihauptkommissarin Yvonne Stellmacher. Sie ist Diensthundeausbilderin der Bereitschaftspolizei Bremen.
Die Ausbildung verlaufe weitestgehend identisch. Beide Spezialausbildungen dürfe ein jedoch Hund nicht erhalten. „Das wäre tödlich“, sagt die Diensthundeausbilderin und erklärt, dass ein Hund keinen Unterschied bei den Stoffen machen kann. „Ein RSH arbeitet eng mit seinem Hundeführer zusammen. Ein Sprengstoffspürhund (SSH) hingegen auf Distanz.“
Zehn Wochen bis zum Superschnüffler
Die Ausbildung der RSH dauert zehn Wochen. In dieser Zeit lernen die Hunde fünf verschiedene Betäubungsmittel kennen: Heroin, Kokain, Ecstasy, Cannabis und Haschisch - die gängigsten in Bremen, Bremerhaven und umzu. „Sollte Bedarf eines weiteren Stoffes bestehen, gehen wir mit den Hunden zurück an die Wand und nach zwei Tagen ist der Stoff hinzugefügt“, ergänzt Stellmacher.
„Die Wand“ ist der zweite Trainingsabschnitt für die angehenden Spürhunde. Auf einer Holzplatte befinden sich rund 15 nummerierte Löcher. Nachdem die Vierbeiner zunächst auf einen Geruch konditioniert wurden, wird diese Substanz in einem der Löcher versteckt. Beim „erschnüffeln“ gibt es Lob und Bestätigung durch den Hundeführer.
Höchstleistung für Tier und Mensch
Den angehenden Spezial-Teams wird geistig viel abverlangt. Polizeioberkommissar Lennard Günter ist einer der drei Teilnehmer und berichtet, dass auch den Hundeführern nach einem Trainingstag „ganz schön der Kopf raucht“. „Einfach nur herumstehen“, während der Hund arbeitet, täten sie nicht.
So müssen sie die „Lagen“, also Einsatzorte, zuvor sichten, einordnen und ihren Diensthund darin einweisen. Während der Vierbeiner sucht, beobachten die Hundeführer ihn ganz genau. Sie achten auf die Körperhaltung, geben Hilfestellungen oder schützen ihn vor Gefahren. Bei den „Azubis“ sind es oft nur Millisekunden, die den Hundeführern und Yvonne Stellmacher signalisieren, dass sie fündig geworden sind. Daher gilt für alle höchste Konzentration. Immer.
Spaß und Freude steht an erster Stelle
Trotz der anspruchsvollen Ausbildung steht der Spaß und die Freude an erster Stelle. „Der Hund arbeitet erfolgsorientiert. Für sein Spielzeug tut er alles“, sagen die drei Teilnehmer der gerade stattfindenden RSH-Ausbildung in Bremen. „Die Spezialisten hier sind auch sehr gewitzt.“ So würden die Hunde manchmal „einfrieren“ ohne etwas gefunden zu haben.
Herr Schneider
T American Bulldog-Mischling sitzt seit Jahren im Tierheim
„Die hoffen so an das geliebte Spielzeug zu kommen“, erzählt Polizeikommissarin Jessica Rasemann und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Aber die Rechnung haben sie ohne uns gemacht.“Bald ist Abschlussprüfung. Und auch wenn noch nicht alles glattläuft und dem einen oder anderen Polizisten ein graues Haar gewachsen ist, möchte keiner der Teilnehmer auf seinen Hundekollegen verzichten. Für die Diensthundeführer sind sie ohnehin viel mehr als das.