Dieses Gerücht über Wärmepumpen gehört gestrichen

Wärmepumpen heizen Haus oder Wohnung auch ohne spezielle Heizschlangen im Fußboden. Foto: dpa
Öl- und Gasheizungen bieten bekannte Technik. Wärmepumpen hingegen gelten vielen Haus- und Wohnungsbesitzern als Neuland. Falsche Behauptungen schüren deren Argwohn - wie dieser Fall im Altbau zeigt.
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Die Bundesregierung setzt beim Heizen auf neue Techniken wie die Wärmepumpe. Damit sollen das Klima geschützt und die Abhängigkeit von Energieimporten verringert werden. Kritiker halten den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nun auf Twitter und Facebook entgegen, für den Betrieb der Wärmepumpen müssten die meisten Altbauten erst Fußbodenheizungen erhalten. Stimmt es, dass Wärmepumpen nicht mit Heizkörpern harmonieren?
Wärmepumpen funktionieren auch ohne Fußbodenheizung
Wärmepumpen heizen Haus oder Wohnung auch ohne spezielle Heizschlangen im Fußboden, wie Fachleute übereinstimmend versichern. Altbauten müssen also nicht notwendigerweise aufwändig umgebaut werden, wenn sie eine moderne Heizung bekommen sollen.
Die Fakten:
"Die Wärmepumpe im Altbau ist mit oder ohne Fußbodenheizung eine gute Wahl", erklärt der Münchner Heizungsfachbetrieb Schramm auf seiner Website. Eine neue Wärmepumpe sei im Altbau mit Heizkörpern jedoch "deutlich günstiger" als die Nachrüstung einer Fußbodenheizung.
Bei Altbauten sei Wärmepumpentechnik eine Herausforderung, könne aber im Zusammenhang mit einer Sanierung sinnvoll sein - auch ohne Fußbodenheizung, heißt es von den Stadtwerken Stade.
Die Bausparkasse Wüstenrot erklärt in ihrer Kundenzeitschrift "Mein Eigenheim", wie Eigentümer eine Wärmepumpe im Altbau nachrüsten können. Im Neubau seien Wärmepumpen "mit Abstand die beliebteste Heiztechnik", weil sie sich umweltfreundlich und sparsam betreiben ließen. "Doch auch für Eigentümer im Altbau lohnt sich die Wärmepumpe", schreibt das Bausparer-Magazin. Weiter heißt es: "Die Wärmepumpe kann im Altbau auch ohne eine Fußbodenheizung betrieben werden." Das sei "nicht der Idealzustand, aber es geht".
Das bestätigt auch der Wärmepumpenhersteller Bosch: "Es ist nicht zwangsläufig erforderlich, eine Wärmepumpe mit einer Fußbodenheizung zu kombinieren. Auch andere Heizverteilsysteme bieten sich für einen effizienten Betrieb an." Die EU ist in dieser Technologie führend. Die Hersteller bauen ihre Kapazitäten aus. "Innerhalb von fünf Jahren werden wir einen dreistelligen Millionenbetrag in Euro in die Entwicklung und Fertigung von Wärmepumpen investieren", heißt es im Bosch-Geschäftsbericht 2021.
Für welche Gebäude eignen sich Wärmepumpen?
Ob Neu- oder Altbau "entscheidend ist die Vorlauftemperatur der Heizung", sagt Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe. Die Vorlauftemperatur ist die Temperatur, die das Wasser im Heizungssystem hat, wenn es in die Leitungen und Heizkörper strömt - unabhängig von den Einstellungen, die wir etwa am Heizkörper vornehmen. "Je geringer sie ist, desto effizienter arbeitet die Wärmepumpe und umso weniger Strom wird verbraucht."
Oder anders gesagt: Eine Wärmepumpe in einem unsaniertes Haus mit einem hohen Wärmebedarf führt häufig zu hohen Energiekosten. Eine vom Bauherren-Schutzbund in Auftrag gegebene Studie des Instituts für Bauforschung hat ergeben, dass dies einer der häufigsten Fehler beim Einbau und Betrieb von Wärmepumpen ist.
Ideal sind laut Martin Sabel Vorlauftemperaturen von 35 bis 40 Grad im Dauerbetrieb, wie sie in Neubauten, gut gedämmten Gebäuden und bei entsprechend dimensionierten Heizkörpern in weniger gut gedämmten Gebäuden möglich sind. Aber auch höhere Vorlauftemperaturen von 55 Grad sind in den meisten Bestandsgebäuden ausreichend, so der Wärmepumpenexperte. "Moderne Wärmepumpen kommen aber auch kurzzeitig an sehr kalten Tagen mit 70 Grad Vorlauftemperatur zurecht."
Das heißt also: Der Wechsel zu einer Wärmepumpe ist auch im Altbau möglich, es kann aber sein, dass weitere Installationen und entsprechende Kosten dazukommen - etwa der Austausch von Heizkörpern oder die Dämmung der Wände und Decken.
Das Fazit: Grundannahme falsch, Berechnung fragwürdig
Im Internet finden sich zahlreiche andere Seiten, die erklären, wie man eine elektrisch betriebene Wärmepumpe auch ohne Fußbodenheizung betreiben kann."Fazit: Wärmepumpen auch ohne Fußbodenheizung effizient", schreibt etwa das Unternehmen Thermondo, nach eigenen Angaben Deutschlands größter Heizungsinstallateur.
Die Grundannahme der Beiträge, die bei Twitter und Facebook fleißig geteilt werden, ist also falsch: Ein "Einbau von Fußbodenheizungen in ca. 80% des alten Wohnungsbestandes" ist entgegen der Behauptung nicht erforderlich, weil heutige Wärmepumpen sich eben auch mit Heizkörpern kombinieren lassen.
Damit ist die anschließende Rechnung zum Kohlendioxid-Ausstoß bei der Produktion des angeblich benötigten Betons für neuen Estrich hinfällig. Im Übrigen ist zweifelhaft, ob die Klimafolgen-Kalkulation der Wärmepumpengegner aufgeht: Manche Zementhersteller rühmen sich, ihr Produkt mit weniger CO2-Emissionen herzustellen. Zudem haben Mainzer Chemiker eine Methode zur umweltschonenden Herstellung von Zement entwickelt, die viel CO2 einsparen könnte. (dpa/tmn)