"Eschenliebe": Zeitgenössisches Theaterhighlight beim Holk Kulturfestival

Ihren Monolog hat Theresia Walser dem Schauspieler Steve Karier auf den Leib geschrieben. Foto: Bohumil Kostohryz
„Eschenliebe“ erzählt die ungewöhnliche Liebesgeschichte eines Mannes zu einem Baum. Der Monolog von Dramatikerin Theresia Walser erlebte gerade erst seine Uraufführung beim Kunstfest Weimar. Jetzt ist die Produktion zu Gast beim Holk Kulturfestival.
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Vor der Kulisse von Schloss Agathenburg mit seinem Park voll erhabener Bäume holt das Holk Kulturfestival am Dienstag, 19. September, um 20 Uhr, ein zeitgenössisches Theater-Highlight in die Region.
Seine Eschenliebe bleibt ein Geheimnis
Die Liebe von einem Mann zu einem Baum erzählt von einem Protagonisten, der unter großem sozialem Druck steht und darum kämpft, mit seinem Leben klarzukommen. Um bei seinen Arbeitskollegen nicht aus dem Rahmen zu fallen, serviert Luc Teichmann Beziehungsgeschichten, die er beim Tramfahren aufschnappt. Geschichten-Recycling nennt er das. Es wäre ja auch viel zu schade, wenn gute Geschichten immer nur einem gehören würden. Teichmanns wahre Geschichte kennt hingegen niemand. Bisher hat er sich nicht getraut, sich zu outen. Wie sollte er es auch sagen? Tut mir leid, aber ich liebe eine Esche! Eine Eberesche, um genau zu sein. Wann immer Teichmann kann, besucht er seine Geliebte, die er zärtlich Ash nennt. Morgens vor der Arbeit, manchmal spät nachts noch, wenn er nicht schlafen kann. In heißen Sommernächten versorgt er sie mit Wasser und streicht beruhigend über ihre Rinde.
Und er schwingt sich zu der kühnen Behauptung auf, dass mit dieser seiner Liebe das Kapitel der Sexualität neu geschrieben werden müsse. In einer Sommernacht redet er sich in einen Rausch hinein, der allmählich in Verzweiflung umkippt, während trockenes Laub von seiner geliebten Ash auf ihn herunterfällt.
Das Kunstfest Weimar - Thüringens größtes Festival für zeitgenössische Kunst aller Sparten - war bereits 2021 zu Gast beim Holk Kulturfestival. Damals gastierte Schauspielerin Judith Rosmair mit ihrer 360-Grad-Virtual-Reality-Performance „Bye Bye Bühne“ im Stadeum. Stadeum-Intendantin Silvia Stolz verbindet eine langjährige Freundschaft mit Festivalleiter Rolf Hemke. Aus dieser Verbindung ist die Kooperation entstanden. Beide Festivals eint die Idee, Kultur in die Fläche zu bringen, und vielfältige Orte jenseits der klassischen Bühnen einzubeziehen.
In diesem Jahr hat Theresia Walser für Thüringens größtes Festival zeitgenössischer Kunst aller Sparten in Koproduktion mit Les Théâtres de la Ville, Luxembourg sowie Fundamental, Luxemburg dem luxemburgischen Schauspieler Steve Karier mit „Eschenliebe“ einen Monolog auf den Leib geschrieben.
Sie kennt Steve Karier schon seit einigen Jahren, insbesondere aus dem Kontext des Kunstfestes Weimar, wo beide wiederholt vertreten waren.
Martin Walsers Tochter ist Meisterin der Bühnengroteske
Die Dramatikerin gilt als „Meisterin der Bühnengroteske“. Ihre Stücke werden landauf landab und auch im Ausland gespielt. Geboren 1967 in Friedrichshafen, studierte die jüngste Tochter des kürzlich verstorbenen Schriftstellers Martin Walser nach einer Ausbildung zur Altenpflegerin von 1990 bis 1994 Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Bern.
Es folgte ihr erstes Engagement am Jungen Theater Göttingen. Dieter Dorn brachte in den Münchner Kammerspielen 1997 ihr Debütstück „Kleine Zweifel“ zur Uraufführung. 1998 kürte die Kritikerjury des Fachblatts „Theater heute“ die Dramatikerin zur „Nachwuchsautorin des Jahres“ und im darauffolgenden Jahr zur „Autorin des Jahres“.
Steve Karier wurde 1961 in Luxemburg geboren und absolvierte seine Schauspiel-Ausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Er stand beim Theater Basel auf der Bühne und war Ensemblemitglied am Schauspielhaus Bochum.
Als freier Schauspieler arbeitete er in Luxemburg, Paris, Avignon, Zürich und Luzern, in Stockholm, Kopenhagen, Brüssel und Mailand. Daneben spielte er in zahlreichen Filmen. Heute ist er regelmäßig zu Gast am luxemburgischen Nationaltheater sowie bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen.
Die gerade auf Schloss Agathenburg laufende Kunstausstellung „Into the Woods“ gibt der in Zeiten des Klimawandels hochaktuellen Beziehungskomödie den perfekten Rahmen. Im Sinne einer thematischen Erweiterung bietet Kuratorin Claudia Rasztar für die Theatergänger ab 19 Uhr Speed-Führungen durch den Wald in der zeitgenössischen Kunst an.
Tickets kosten 29 Euro (inklusive Speed-Führung durch die Ausstellung) und sind erhältlich unter Telefon 04141/40 91 40 sowie im Internet unter www.stadeum.de.