Früh dran: Warum jetzt Spinnen und Mücken im Haus sind
Eine Zitterspinne kopfüber an der Hauswand. Foto: Kurtze
Lästige Hausgäste? Wenn es um Spinnen im Haus geht, ist für viele der Spaß vorbei. Was die wenigsten wissen: Die Krabbler haben bereits in ihren Häusern überwintert. Stechmücken haben günstige Bedingungen dieses Jahr.
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Als die Tage immer kürzer wurden, die Abende kühler, zogen sich die meisten Menschen in ihre Wohnungen zurück. Aber dabei waren sie nicht alleine: Auch viele Insekten zogen eine behagliche Wohnung dem nasskalten Herbst 2022 vor. In diesem Jahr dürften es sogar besonders viele sein, da die wechselwarmen Tiere vom heißen Sommer profitiert hatten. Sprich: Es gab viele Nachkommen, die nun mit einziehen. Wie kann man damit gut und tierfreundlich umgehen?
Um gleich mit einem Vorurteil aufzuräumen: Wenn Insekten die Wohnung als Unterschlupf nutzen, heißt das nicht unbedingt, dass man zu wenig geputzt hat, sagt Andreas Beckmann vom Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verband. „Es hat nicht unbedingt etwas mit dem eigenen Verhalten zu tun. So eine Wohnung bietet eben Schutz und Wärme, gleichzeitig sind dort keine Feinde vorhanden.“
Er gibt allerdings auch zu bedenken: „Von uns hängt es dann aber oft ab, ob sie bleiben oder nicht.“ Finden die Tiere also besonders viele Versteckmöglichkeiten und genug Nahrung, etwa durch offen herumliegende Essensreste oder leicht zugängliche Mülleimer, können sie sich durchaus leichter in einer Wohnung ausbreiten.
Erste Stechmücken schlüpfen wieder
In Deutschland schlüpfen derzeit wieder die Larven aus den Eiern der Stechmücken. „Wir haben gute Startbedingungen”, sagte Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf) in Müncheberg. Die Insekten mögen es gerne feucht und warm, erklärte die Biologin. Wie schnell sie sich nun entwickeln, hänge vom Wetter in diesem Frühling ab.
Der entscheidende Punkt sei der Regen. „Wir haben Regengüsse. Die Frage ist: Bleibt das so? Wie viel regnet es jetzt?” Denn Stechmücken legen ihre Eier etwa gerne in Pfützen, Regentonnen oder auch in der feuchten Erde ab, sagte die Biologin. Die Larven bräuchten das Wasser und die milden Temperaturen, um zu schlüpfen. „Wenn sich die Pfützen nicht halten, dann können sich die Larven auch nicht entwickeln”.
Teils wachsen aktuell auch schon Stechmücken heran, darunter etwa die Wald- und Wiesenmücken - sie sind im Vergleich zu Hausmücken etwas größer und penetranter. Damit liegen sie mit ihrer Entwicklung dieses Jahr im normalen Zeitfenster, erläuterte Werner. Ob uns in diesem Sommer eine Mückenplage bevorsteht? „Ich kann nicht in die Glaskugel schauen.”
Tigermücke wird heimisch
Auch die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) wird sich der Biologin zufolge weiter in Deutschland ausbreiten. Die exotische Mückenart ist ursprünglich in Süd- und Südostasien heimisch, zunehmend aber auch in Mitteleuropa anzutreffen. In Deutschland surrt sie bereits in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen und Berlin.
Das können Werner und ihr Forschungsteam anhand des Mückenatlas sehen. Dort werden Stechmücken mit Hilfe von Zusendungen aus der Bevölkerung kartiert. Derzeit bekomme das Team pro Tag 20 bis 30 Einsendungen.
Exotische Mückenarten wie die Asiatische Tigermücke oder die Japanische Buschmücke sind seit langem als Überträger von Krankheitserregern bekannt, etwa dem Zika-, Dengue- oder Chikungunya-Virus. Es sind jedoch verschiedene Voraussetzungen nötig, um die Viren zu verbreiten.
West-Nil-Fieber auch in Deutschland
Seit einigen Jahren ist bekannt, dass auch heimische Stechmücken den Erreger des West-Nil-Fiebers übertragen können. Vor allem die östlichen Bundesländer und Bayern seien betroffen und Ausgangspunkt für die Verbreitung, sagte Werner. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat 2022 nach eigenen Angaben 13 Fälle des West-Nil-Fiebers erfasst, die durch Mücken in Deutschland übertragen worden waren. Dazu seien vier Infektionen ohne erkennbare Symptome gekommen, teilte es auf Anfrage mit.
Das West-Nil-Fieber verläuft nach RKI-Angaben meist unauffällig. Etwa jeder fünfte Infizierte entwickle eine grippeähnliche Erkrankung mit Fieber. Etwa einer von 100 Infizierten erkranke schwer. Daher gehen Experten von einer Dunkelziffer nicht erkannter Ansteckungen aus.
Welche Insekten im Haus sogar nützlich sind
Längst nicht jedes Tier, das in einer Wohnung Unterschlupf sucht, ist auch ein Schädling. Überhaupt, so Beckmann, sei der Begriff Schädling eher schwammig: „Das kann man so deutlich gar nicht definieren.“ Ab wann ein Tier zum Schädling wird, hänge sowohl davon ab, wo es auftaucht, als auch vom persönlichen Befinden des jeweiligen – menschlichen – Hausbewohners.
Sogar freuen dürften sich viele über das Tagpfauenauge oder den Kleinen Fuchs - Schmetterlinge, die gelegentlich in Kellern Schutz suchen, um sich dort in die Winterstarre zu begeben. „Wenn man keine Heizung im Keller hat, lässt man sie einfach dort und sorgt im Frühjahr dafür, dass sie wieder herausfinden„, rät Werner Schulze, Insektenkundler des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu). In der Winterstarre brauchen die Schmetterlinge auch keine Nahrung.
Marienkäfer sind bei vielen ebenso gern gesehene Gäste, können aber auch lästig werden. „Der große Marienkäfer kommt auf der Suche nach Überwinterungsstellen manchmal zu Tausenden in die Wohnung“, erzählt Schulze. „Die können dann in der Masse schon etwas muffig riechen und geben außerdem, wenn sie geärgert werden, einen gelben Tropfen ab, der ebenfalls unangenehm riecht.“
Krabbeltiere in der Wohnung: Wie man sie wieder los wird
Unbeliebt sind Spinnen. Immerhin fangen sie aber Fliegen, Mücken und andere lästige Krabbeltiere. Ebenso häufig missverstanden sind Silberfischchen, die ebenfalls als Nützlinge gelten dürfen: Sie übertragen selbst keine Krankheiten, aber fressen Hausstaubmilben, die häufig Allergien auslösen. Außerdem weiden sie schimmelige Oberflächen ab und reduzieren so die Gefahr durch Sporen. Treten sie allerdings in Massen auf, können sie ein Warnzeichen für zu viel Feuchtigkeit oder Schimmelbefall in der Wohnung sein.
Unangenehm kann dagegen Mottenbefall werden. „Man muss da keine Panik entwickeln, die Dörrobstmotte überträgt keine Krankheiten. Aber sie kann Lebensmittel natürlich entwerten“, erklärt Schulze. Die Tiere legen ihre Eier gerne in trockene Lebensmittel – Mehl ebenso wie Nudeln, Gewürze oder eben das namengebende Dörrobst.
Einen Befall erkennt man an festen, silbrig-weißen Gespinsten. Sie verkleben das Essen, das dann entsorgt werden sollte. Was im Anschluss zu tun ist, erklärt Elke Wieczorek vom DHB-Netzwerk Haushalt: „Alles raus aus dem Schrank, alles überprüfen, gut auswaschen und vor allem gut auslüften – Motten lieben es feucht und warm.“ Anschließend sollte man mit einem Föhn langsam die Ritzen im Schrank abfahren - „das tötet dort versteckte Larven und Eier ab“.
Der Handel bietet viele Mittel an, um Krabbeltiere loszuwerden. Die Palette reicht von Sprays, Sprühmitteln, Ködern bis zu Elektroverdampfern, Strips, Streumitteln und Lichtfallen. „Beim Einsatz ist Vorsicht geboten, denn einige dieser Mittel bergen erhebliche gesundheitliche Gefahren“, sagt Kerstin Effers von der Verbraucherzentrale. „Die meisten Insektensprays enthalten als Wirkstoffe Pyrethroide.“ Die Stoffe könnten zum Beispiel bei Katzen zu schweren Vergiftungserscheinungen oder gar zum Tode führen.
Es gibt schonendere Methoden, um die Plagegeister zu vertreiben. „Beispielsweise eignen sich Pheromonfallen als unterstützende Maßnahme gut für die Eindämmung des Schädlingsbefalls“, sagt Effers. Pheromone sind synthetische Lockstoffe, die männliche Tiere anziehen, die dann auf der Falle kleben bleiben. Dadurch wird der Fortpflanzungszyklus unterbrochen.
Schädlingsbefall ohne Chemiekeule bekämpfen
„Fast jeder Schädlingsbefall lässt sich ohne große Chemiekeule bekämpfen“, sagt Markus Puschmann vom Verein zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung in Essen. Zum Beispiel Silberfischchen, die oft nicht als Schädlinge wahrgenommen würden, aber an Büchern und Tapeten beträchtliche Schäden anrichten könnten.
„Bei einem massenhaften Befall sollte man schon etwas dagegen tun“, rät Puschmann. Statt Insektenspray, in dem oft giftige Chemikalien enthalten sind, die in der Raumluft auch Menschen schaden können, empfiehlt er Köderdosen. „Aus denen nehmen die Insekten mit dem Futter den für sie tödlichen Wirkstoff auf, ohne dass er in den Raum gelangt.“
Spinnen als fleißige Helfer
Regelmäßig zur kalten Jahreszeit suchen Spinnen gern das Warme in Wohnungen. Statt sie totzuschlagen, sollten sie lieber lebend nach draußen transportiert werden. Oder man arrangiert sich mit ihnen. Denn es sind nützliche Tiere, die Insekten wie Fliegen und Mücken fressen und so das Haus von Ungeziefer reinigen.
Ein großes Thema sind Bettwanzen – blutsaugende Insekten, die den Menschen stechen. Markus Puschmann: „Sie werden oft von draußen in Wohnungen eingeschleppt oder reisen aus dem Urlaub als blinde Passagiere im Gepäck mit ein.“ Wer ein Bettwanzen-Problem hat, solle sich nicht scheuen, schnell einen professionellen Schädlingsbekämpfer zu beauftragen. Eine erfolgreiche Bekämpfung sei schwierig.
„Geprüfte Schädlingsbekämpfer“ beauftragen
Die Suche nach einem Schädlingsbekämpfer birgt jedoch Tücken. Im Internet fänden sich viele Anbieter, die unprofessionell arbeiteten und überteuerte Rechnungen schrieben, weiß Kerstin Effers aus Erfahrung im Beratungsalltag der Verbraucherzentrale.
Wichtig ist, dass der beauftragte Betrieb den Sachkundenachweis „Geprüfter Schädlingsbekämpfer“ hat, sagt die Expertin. Auch beim Schädlingsprofi sollten Kunden darauf bestehen, dass möglichst unbedenkliche Mittel eingesetzt werden.
Dass Insekten und andere Krabbeltiere ins Haus kommen, kann man oft nicht verhindern. Doch man kann es ihnen schwer machen, zum Beispiel mit Fliegengittern vor Türen und Fenstern.
„Lebensmittelschädlinge wie Motten werden oft mit Einkäufen mitgebracht“, sagt Effers. Sie rät, neu gekaufte Lebensmittel grundsätzlich auf einen möglichen Befall zu untersuchen und einwandfreie Ware dann in verschließbare Behälter umzufüllen. (dpa/tmn)
Immer mehr Stechmücken in Deutschland sollen das West-Nil-Virus in sich tragen. Foto: dpa