Geflügelpest-Welle war weniger stark als in Nachbarländern

Inmitten des derzeitigen Ausbruchs der Geflügelpest will die EU ihre Hilfsgelder kürzen. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Es hätte alles viel schlimmer kommen können: Nachdem die Jahre 2020/21 einen traurigen Rekord beim Geflügelpest-Geschehen markierten, ist die Branche nun erleichtert, nicht ganz so hart getroffen zu sein - zumindest in Niedersachsen und Deutschland.
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Die niedersächsischen Geflügelhalter sind mit einem blauen Auge durch den jüngsten Geflügelpestausbruch gekommen. Seit vergangenem November gab es 30 Geflügelpest-Ausbrüche, knapp 500 000 Tiere mussten bislang getötet werden. Das war deutlich weniger als im Vorjahr: Im Herbst, Winter und Frühjahr 2020/21 wurden 1,1 Millionen erkrankte Tiere getötet, der von der Tierseuchenkasse erstattete Schaden lag damals bei der Rekordsumme von 23 Millionen Euro, sagte die Chefin der Tierseuchenkasse Niedersachsen, Ursula Gerdes, in Hannover. In diesem Jahr liege der Schaden nach vorläufigen Zahlen bei 9,5 Millionen Euro. Die Branche sei in Niedersachsen und in Deutschland deutlich geringer von der Tierseuche betroffen gewesen als die Niederlande, Italien und Frankreich.
Warum vor allem Puten erkrankt sind
Wegen der offenen Bauweise der Ställe seien vor allem Putenbestände an der Geflügelpest erkrankt. Das spiegelt sich in deutlich gestiegenen Versicherungsbeiträgen: Ein Putenhahn koste 1,05 Euro in der Tierseuchenkasse, das ist mehr, als für ein Pferd zu bezahlen wäre, das mit einem Euro zu Buche schlage, sagte Gerdes. Da sich das Ausbruchsgeschehen bei den Puten zuletzt stark auf die Gemeinden Bösel, Garrel und Friesoythe im Kreis Cloppenburg konzentriert habe, solle der Tierseuchenkassenbeitrag auch regionalisiert werden - Tierhalter in der besonders stark betroffenen Region müssen also mehr zahlen als anderswo.
Die Branche warte darauf, dass die EU die Vermarktung von geimpften Tieren erlaube - dann würde die Industrie in die Entwicklung von Impfstoffen investieren, sagte Gerdes. Aus ihrer Sicht sei die Impfung von Tieren auch sinnvoll, um eine neue Pandemie zu verhindern, weil der Erreger durch Mutationen auch auf den Menschen überspringen könne. Ein solches Impfprogramm wäre eine aktive Pandemie-Verhinderung.
Weißwangengänse besonders anfällig für Geflügelpest
Auch mit Blick auf den Wildtierbestand in Niedersachsen sprechen Expertinnen und Experten von einem glimpflichen Verlauf. „Wir hatten im letzten Winter, im Gegensatz zu Schleswig-Holstein, nur leicht erhöhte Todfundraten, die auf die Vogelgrippe zurückzuführen waren“, teilte eine Sprecherin der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven auf Anfrage mit. Eine statistische Auswertung aller Fundmeldungen gebe es aktuell nicht.
Eine besonders anfällige Gruppe seien die Weißwangengänse, die im Wattenmeer und im deutsch-niederländischen Tiefland überwintern. Da die Weißwangengänse mittlerweile in ihre Brutgebiete im Ostseeraum und in Russland abgezogen seien, sei die Wahrscheinlichkeit, mit der Vogelgrippe infifzierte Tiere zu finden, deutlich gesunken.
Das Aufkommen der Vogelgrippe im Nationalpark wird über Stichproben einzelner Kadaver-Untersuchungen analysiert. Nicht alle toten Vögel werden auch obduziert. Im Rahmen sogenannter Spülsaumkontrollen werden tote Wildvögel entlang der Wattenmeerküste und auf den Ostfriesischen Inseln erfasst und auch eingesammelt. (dpa)