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Hamburg

Gericht ordnet an: Klimaaktivisten sind sofort aus Gewahrsam zu entlassen

Klimaaktivisten der Bewegung Letzte Generation hatten in Hamburg zuletzt mehrfach wichtige Verkehrsadern blockiert. Foto: Walzberg/dpa

Klimaaktivisten der Bewegung Letzte Generation hatten in Hamburg zuletzt mehrfach wichtige Verkehrsadern blockiert. Foto: Walzberg/dpa

Die in Gewahrsam sitzenden Blockierer der Hamburger Elbbrücken müssen umgehend entlassen werden. Das Landgericht Hamburg gab am Mittwoch Beschwerden der beiden Aktivisten der Gruppierung Letzte Generation statt.

Donnerstag, 30.03.2023, 00:01 Uhr

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Zuvor hatte das Amtsgericht Hamburg am Wochenende noch die Entscheidung der Polizei bestätigt, den 19-Jährigen und die 27-Jährige insgesamt zehn Tage bis kommenden Dienstag um Mitternacht in Gewahrsam zu lassen.

Nach Ansicht des Landgerichts liegen die gesetzlichen Voraussetzungen einer Ingewahrsamnahme zur Verhinderung von Straftaten nicht vor. Die zu verhindernde Tat müsse zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unmittelbar bevorstehen, um eine Ingewahrsamnahme zu rechtfertigen. Dafür reiche nicht aus, dass sich die Betroffenen schon im vergangenen Jahr an ähnlichen Aktionen beteiligt hätten, entschied das Landgericht.

Kilometerlange Staus durch Aktionen

Am vergangenen Sonnabend hatten sieben Aktivisten der Gruppierung Letzte Generation die Elbbrücken stadteinwärts blockiert und kilometerlange Staus verursacht, die sich erst nach Stunden auflösten. Fünf von ihnen wurden noch am selben Tag aus dem Gewahrsam entlassen. Es handelte sich dabei um zwei Frauen im Alter von 16 und 22 Jahren sowie drei Männer im Alter von 22, 24 und 50 Jahren. Erst wenige Tage zuvor, am Donnerstag, waren die Aktivisten auf der Köhlbrandbrücke. In beiden Fällen hatten sich die Klima-Aktivisten mit schnellbindendem Beton auf der Fahrbahn festgeklebt, mussten von der Polizei mit Flex von der Straße gelöst werden.

Dem Landgericht zufolge muss es Hinweise darauf geben, dass und wann sich die Betroffenen erneut an vergleichbaren Blockadeaktionen beteiligen wollten. Solche Erkenntnisse hätten nicht vorgelegen. Dass in einem Unterstützeraufruf der Gruppierung von Aktionen in Hamburg bis zum 6. April die Rede sei, reiche mit Blick auf die Betroffenen und deren Beteiligungswillen nicht aus.

Unterdessen hat das Amtsgericht Hamburg für zwei weitere Aktivisten wegen der Fahrbahnblockade im Hafen vom Dienstag die Fortdauer der Ingewahrsamnahme bis kommenden Donnerstag angeordnet. Im Fall eines dritten Aktivisten habe das Amtsgericht entschieden, ihn am Donnerstagnachmittag zu entlassen, nachdem er habe glaubhaft machen können, die Stadt am Donnerstag zu verlassen.

Hamburger Polizei stoppt Klimaaktivisten auf Weg zu Elbbrücken

Wie das "Hamburger Abendblatt" berichtete, hatte die Hamburger Polizei am Mittwochvormittag eine Gruppe von Klimaaktivisten aufgehalten. Diese seien in voller Protestmontur gerade dabei gewesen, sich an den Elbbrücken auf die Straße zu kleben.

Klimaaktivisten der Bewegung Letzte Generation blockieren am vergangenen Sonnabend die Elbbrücken stadteinwärts. Foto: dpa-Bildfunk

Klimaaktivisten der Bewegung Letzte Generation blockieren am vergangenen Sonnabend die Elbbrücken stadteinwärts. Foto: dpa-Bildfunk

Wie das Blatt weiter berichtete, habe die Polizei zwei Fahrzeuge stoppen können. Insgesamt zehn Aktivisten seien beteiligt gewesen. Die Polizei habe Plakate und Klebstoffe finden können. Die Protestgruppe sei in Gewahrsam genommen worden, zu Feststellung der Personalien ging es laut "Hamburger Abendblatt" auf die Wache.

Fegebank kritisiert Festklebeaktionen von Klimaaktivisten

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank hat die Aktionen von Klimaaktivisten, die sich an Straßen festkleben, kritisiert. Sie halte gar nichts davon, sagte die Grünen-Politikerin in Interview der „Bild“, auf die Frage, was sie davon halte, wenn Aktivisten ständig für massive Störungen im Verkehr sorgten. „Durch unsinnige Aktionen wird kein Gramm CO2 eingespart.“ Die Klimakrise sei eine ganz konkrete Bedrohung für die Menschheit, sagte Fegebank. „Aber durch solche Aktionen stößt man nur Leute vor den Kopf und verliert die Unterstützung für die Sache.“

Hamburgs zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Die Grünen) richtet deutliche Worte an die "Klima-Kleber". Foto: Axel Heimken/dpa

Hamburgs zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Die Grünen) richtet deutliche Worte an die "Klima-Kleber". Foto: Axel Heimken/dpa

Sie befürchte, dass die Stimmung weiter eskaliere, sagte die Wissenschaftssenatorin. „Die einen kleben sich fest, andere üben vereinzelt Selbstjustiz und schlagen zu. Da werden rote Linien überschritten, und das ist gefährlich.“ Sie betonte, „wer Gesetze bricht, muss sich klar darüber sein, dass das Konsequenzen hat und die Verantwortung dafür tragen“.

Hamburgs rot-grüne Koalition lehnt weitere Gespräche mit den Aktivisten ab. „Vor dem Hintergrund, dass die gefährlichen Eingriffe in den Straßenverkehr nun täglich stattfinden, sehen wir aktuell wenig Raum für ein Folgegespräch“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf der „Hamburger Morgenpost“ (online/Mittwoch). Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dominik Lorenzen sagte, er sehe vor dem Hintergrund der fast täglich stattfindenden Blockaden in dieser Woche wenig Möglichkeit für einen weiteren Austausch mit der Letzten Generation zum jetzigen Zeitpunkt. „Aus diesem Grund setzen wir die Gespräche nun aus“, sagte Lorenzen.  (dpa/tip)

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