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Nach Trainer-Aus

HSV-Chef Boldt im Fokus: Was dem Vorstand vorzuwerfen ist

Jonas Boldt musste beim HSV allein das Trainer-Aus für Tim Walter erklären.

Jonas Boldt musste beim HSV allein das Trainer-Aus für Tim Walter erklären. Foto: Christian Charisius/dpa

Dieter Hecking, Daniel Thioune, Tim Walter – keiner brachte den HSV in die Bundesliga. Jonas Boldt muss jetzt unbedingt den Aufstieg schaffen und klammert seine Zukunft dabei vorerst auch an einen Trainer-Nobody.

Von dpa Dienstag, 13.02.2024, 17:45 Uhr

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Hamburg. Mit überraschend großer Ruhe betrat Jonas Boldt das Pult bei der Pressekonferenz nach der Freistellung von Trainer Tim Walter. „Es ist ja jetzt nicht so, dass wir abgeschlagen sind und in der tiefsten Krise aller Krisen sind“, sagte der Sportvorstand des Hamburger SV am Montag. Für Boldt ist die Entlassung Walters jedoch eine herbe Niederlage.

Während der HSV auf dem dritten Tabellenplatz der 2. Fußball-Bundesliga steht und wie in jeder seiner inzwischen sechs Zweitliga-Spielzeiten um den Aufstieg kämpft, muss Boldt eingestehen, dass auch seine dritte Trainerwahl - Interimscoach Horst Hrubesch dabei ausgenommen - nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat.

HSV: Die Fehler von Sportvorstand Jonas Boldt

Boldt war im Mai 2019 zum HSV gewechselt. Der stets anvisierte Aufstieg mit deutlich besseren Möglichkeiten als bei vielen anderen Zweitligisten gelang bislang nicht. „Das sind Fakten, die man einem Sportvorstand vorwerfen kann“, sagte der 42-Jährige. Positiv zu Buche steht für Boldt, dass er den Verein anderweitig vorangetrieben hat. Der HSV steht wirtschaftlich deutlich solider als noch vor einigen Jahren da. Im und um den Verein hat sich in den vergangenen Jahren eine Aufbruchstimmung breit gemacht. Ob diese jedoch anhält, wenn die Hamburger auch in diesem Jahr den Aufstieg verpassen, ist fraglich.

Nach einer nicht zufriedenstellenden Hinrunde hatte Boldt zunächst an Walter festgehalten. Vier Spieltage und zwei 3:4-Heimniederlagen später beendete Boldt das Kapitel Walter. „Ich hätte gerne weiter dazu beigetragen, gemeinsam unser Saisonziel zu erreichen“, wurde der Ex-HSV-Coach in einer Vereinsmitteilung zitiert. Das Traineramt gibt Boldt nun zunächst an den erst 33 Jahre jungen Merlin Polzin weiter. Der gebürtige Hamburger, der zuletzt unter Walter als Co-Trainer gearbeitet hatte, bekommt das Vertrauen als Interimstrainer ausgesprochen. „Und das aus voller Überzeugung“, sagte Boldt.

HSV-Trainersuche: Erfahrene Kandidaten auf dem Markt

Polzin wird die Mannschaft am Sonnabend (13 Uhr/Sky) bei Hansa Rostock als hauptverantwortlicher Trainer von der Seitenlinie aus coachen. Sollte er seinen Job gut erledigen, könnte er dauerhaft das Vertrauen bekommen. Eine Entscheidung für den jungen Polzin, der aktuell den Lehrgang zur Pro-Lizenz absolviert und bisher nur als Co- und Jugendtrainer tätig war, wäre mutig. Denn es gibt zahlreiche verfügbare und gestandene Trainer. Zuletzt war der Ex-Kölner und bekennende HSV-Fan Steffen Baumgart als möglicher Kandidat gehandelt worden.

Boldt muss unter allen Kandidaten den Trainer finden, der den HSV endlich zurück in die Bundesliga führt. Den großen Druck von außen spürt der Sportvorstand laut eigener Aussage dabei nicht. „Ich mache mir den Druck persönlich immer selbst. Das ist mein eigener Antrieb“, sagte Boldt und sieht sich in der „Verantwortung, die richtigen Entscheidungen zu treffen.“ Die richtige Trainerwahl zu treffen, um den HSV zurück in die Bundesliga zu führen, wäre für Boldt ein extrem wichtiger Erfolg.

Bruchhagen kritisiert Walter: „Nicht immer zielführend gewesen“

Der frühere HSV-Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen hat den freigestellten Trainer Tim Walter für sein Verhalten am Spielfeldrand kritisiert. „Die Besonderheit, die Blicke dort auf sich zu ziehen und sich so in den Mittelpunkt zu stellen, ist nicht immer zielführend gewesen“, sagte er dem Bezahlsender Sky. „Ich wünsche mir am Spielfeldrand noch weitaus mehr Konzentration auf das, was auf dem Platz, als das, was um den Platz herum geschieht.“

Bruchhagen war von Dezember 2016 bis März 2018 als Vorstandsvorsitzender des HSV tätig. Der 75-Jährige befürwortete die Freistellung von Walter. „Jonas Boldt wollte eigentlich Kontinuität zeigen – eine sehr, sehr gute Idee, und das hat auch dem HSV gutgetan“, sagte Bruchhagen. „Aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man anerkennen muss, dass es nicht funktioniert hat.“

Von der sportlichen Qualität der Hanseaten ist Bruchhagen weiter angetan: „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass, wenn die Komposition stimmt, wenn die Zusammenstellung stimmt, der HSV sogar noch oberhalb von St. Pauli anzusiedeln ist.“

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