Heizungstausch: Warum Verbände bei Wasserstoffheizungen zur Vorsicht raten

Eine Frau dreht an einem Heizungsthermostat. Foto: Marcus Brandt/dpa
Ab dem kommenden Jahr sollen in Gebäuden nur noch neue Heizungsanlagen eingebaut werden, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dazu zählt die Bundesregierung auch Wasserstoff. Doch Verbände raten vom Umrüsten auf Wasserstoff ab. Das ist der Grund dafür.
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Ein Bündnis aus Umweltschützern, Gewerkschaftern und Fachverbänden warnt vor dem Einbau wasserstofffähiger Gasheizungen. Die entsprechende Passage müsse aus dem Reformvorschlag für das Gebäudeenergiegesetz gestrichen werden, verlangen die sechzehn Unterzeichner eines offenen Briefs an die Bundestagsabgeordneten, der an diesem Dienstag verschickt werden sollte. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Bundesverband Wärmepumpe, die Gewerkschaft IG Bau, der Verbraucherzentrale Bundesverband und der Zentralverband Deutscher Schornsteinfeger.
Umstellung auf Wasserstoff rechne sich nicht
"Der Einbau einer neuen Gasheizung in der Hoffnung, diese kurz- oder mittelfristig mit klimaneutralem Wasserstoff betreiben zu können, ist mit immensen ökologischen und finanziellen Risiken verbunden", heißt es in dem Schreiben. "Angesichts der immer drängender werdenden Klimakrise bleibt keine Zeit, auf Scheinlösungen zu setzen und mit ihnen zu rechtfertigen, dass über viele Jahre weiter mit Erdgas geheizt wird."
Eine Umstellung von Netzen, Hausanschlüssen und Heizungen von Erdgas auf Wasserstoff sei "in der Breite des Gebäudesektors weder technisch noch wirtschaftlich umsetzbar", so die Unterzeichner. Zudem werde Wasserstoff selbst nach 2030 ein knappes und teures Gut bleiben, für Verbraucher drohe die Investition in eine wasserstofffähige Gasheizung damit zur Kostenfalle zu werden. Für die Wärmewende brauche es Planungssicherheit. "Das unbegründete Inaussichtstellen von Wasserstoff für die Gebäudeversorgung verfestigt hingegen Geschäftsmodelle mit fossilen Energieträgern."
Kein voreiliger Heizungstausch
Viele Hausbesitzer versuchen im Moment, ihre alte Anlage noch schnell durch ein moderneres Öl- oder Gas-Gerät zu ersetzen. Doch auch Verbraucherschützer raten davon ab. Es sei unklar, wie lange noch reines Gas durch die Leitungen komme. Regierungspläne sehen laut Ramona Mittag, Fachreferentin für Versorgungssicherheit der Verbraucherzentrale NRW, ein Ende im Jahr 2035 vor. Zwar erfreuen sich auch H2-ready-Heizungen, die mit einem Gas-Wasserstoff-Gemisch betrieben werden können, aktuell großer Beliebtheit. Doch ob und in welcher Konzentration zukünftig Wasserstoff in den Haushalten ankomme, sei ebenfalls ungewiss. „Ich kaufe hier nur ein Versprechen“, so Mittag.
„Ich tue mich schwer, Vorteile für einen Austausch einer alten Öl- und Gasheizung gegen eine modernere zu nennen. Es wird Gebäude geben, in denen das Sinn macht - aber das muss man bei der individuellen Energieberatung klären“, lautet das Fazit von Ramona Mittag. „Ich rate daher allen, deren Anlage nicht kurz vor einer Havarie steht, erst mal die weiteren Entwicklungen abzuwarten.“
Als erstes um die Dämmung kümmern
Und statt sich auf den Heizungstausch - ob Öl, Gas oder Wärmepumpe - zu stürzen, zunächst einen individuellen Sanierungsplan für die Immobilie erstellen zu lassen. Vor allem: Maßnahmen vorzuziehen, die den Energiebedarf das Gebäudes senken, so der Rat von Mittag und Freytag. So benötigt das Gebäude weniger Energie und der Haushalt hat dadurch langfristig geringere Betriebskosten.
Die wichtigste Maßnahme dazu dürfte bei vielen Gebäuden eine Dämmung sein, etwa der Hausfassade, des Daches und der Kellerdecke, sowie ein Fenstertausch. Für Arian Freytag ist die Dämmung „die allererste Maßnahme, noch bevor man an die Heizung denkt“. Vor allem auch, weil eine Heizung, die vor der Dämmung eingebaut wird, zu groß dimensioniert sein kann, wenn dann mal die Dämmung folgt. Die Anlage laufe dann weniger effizient. (dpa)