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Autofahren

Kostenbremse geplant: Was macht den Führerschein in Deutschland so teuer?

Eine Frau beantwortet im Dekra Standort Berlin-Hohenschönhausen eine Frage der theoretischen Prüfung des Führerscheins. (Gestellte Szene)

Eine Frau beantwortet im Dekra Standort Berlin-Hohenschönhausen eine Frage der theoretischen Prüfung des Führerscheins. (Gestellte Szene) Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Wer in Deutschland den Führerschein machen will, zahlt oft mehrere Tausend Euro. Welche Posten dabei besonders ins Gewicht fallen - und was sich daran ändern soll.

Von dpa Samstag, 18.10.2025, 07:50 Uhr

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Die hohen Kosten eines Führerscheins in Deutschland sind zum Politikum geworden. Rund 4.000 Euro zahlen zu müssen, ist aktuell nicht unüblich. Wie teuer es genau wird, ist aber individuell. Die Preisspanne kann sehr hoch sein.

Für die praktische und theoretische Prüfung wurde die Gebühr gesetzlich festgelegt. Sie kosten bei Tüv oder Dekra in allen Bundesländern gleich viel: rund 25 Euro müssen für den finalen Schritt in der Theorie und 130 Euro in der Praxis bezahlt werden.

Bei den Unterrichtsstunden allerdings können die Fahrschulen die Preise selbst bestimmen. Nach Angaben der Autoclubs ADAC und ACE vom Frühjahr 2025 beläuft sich beim erstmaligen Erwerb eines Pkw-Führerscheins der Grundbetrag für den Theorieunterricht auf 350 bis 565 Euro.

Sonderfahrten und Fahrstunden treiben die Gesamtsumme in die Höhe

Den größten Kostenblock machen aber Fahrstunden und Sonderfahrten aus. Für eine normale Übungsstunde von 45 Minuten setzen ADAC und ACE zwischen 55 und 77 Euro an. Der Preis hängt auch vom Tempo eines Fahrschülers oder einer Fahrschülerin ab - also ob etwa 10 (bis zu 770 Euro) oder 25 Stunden (bis knapp 2.000 Euro) benötigt werden, um fit für die Prüfung zu sein. Dazu kommen mindestens zwölf Sonderfahrten (nachts, Überland, Autobahn), die je nach Region zwischen 60 und mehr als 95 Euro kosten können. Insgesamt sind das also bis zu über 1.100 Euro.

Bezahlt werden müssen ADAC und ACE zufolge zudem Lernmaterialien (88 bis 119 Euro), die Anmeldung durch die Fahrschule zur Theorie- (60 bis 137 Euro) und Praxis-Prüfung (160 bis 289 Euro), der obligatorische Erste-Hilfe-Kurs (50 bis 60 Euro), das Führerschein-Passfoto (etwa 10 Euro) sowie Gebühren der Straßenverkehrsbehörde (38 bis 70 Euro).

Wird die Fahrerlaubnis mit nur wenigen Fahrstunden und den niedrigsten Preisen innerhalb der Spanne erhalten, geht der ADAC von Gesamtkosten in Höhe von rund 2.500 Euro aus. Bei den höchsten Preisen und mehr benötigten Fahrstunden sind es demnach bis zu 4.500 Euro.

Kostenbremse für teure Führerscheine

Eine günstige Sache war ein Führerschein schon früher nicht. Um eine Fahrerlaubnis zu bekommen, werden inzwischen aber oft einige Tausend Euro fällig, und das bringt viele in finanzielle Probleme. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder plant jetzt eine Kostenbremse, die bei der Ausbildung in den Fahrschulen ansetzt - und zwar mit Vereinfachungen und digitalen Lösungen für die theoretischen und praktischen Teile. „Mobilität darf kein Privileg sein“, sagte der CDU-Politiker bei der Vorstellung von Eckpunkten für eine Reform.

Für einen Pkw-Führerschein der Klasse B werden laut Ministerium derzeit im Schnitt rund 3.400 Euro fällig. Teils können es auch 4.000 Euro oder noch mehr sein. Der Weg zum Führerschein solle einfacher und bezahlbarer werden, sagte Schnieder - und das bei weiterhin höchsten Sicherheitsstandards. Denn ein Führerschein sei ein Schlüssel zur Freiheit, besonders da, wo Bus und Bahn selten fahren. „Für viele junge Menschen auf dem Land bedeutet er: zur Schule kommen, die Ausbildung beginnen, Freunde treffen oder zum Sport fahren.“

Union und SPD hatten eine Reform im Koalitionsvertrag vereinbart. Schnieder schlägt dazu jetzt ein Paket mit Neuregelungen vor, über die mit den Ländern und der Branche weiter beraten werden soll. Werden alle umgesetzt, sollen die Kosten „deutlich“ sinken, wie der Minister sagte. Eine genaue Größenordnung nannte er nicht. Mindestens mehrere Hundert Euro könnten es aber sein. Die geplanten Änderungen sollen im ersten Halbjahr 2026 auf den Weg kommen.

Eine Übersicht über die Kernpunkte:

Was sich im theoretischen Teil ändern soll

- Der Katalog von mittlerweile 1.169 Fragen für die theoretische Prüfung soll auf etwa 750 Fragen schrumpfen. Im Fokus stehen soll dann aber die relevanten Themen der Verkehrssicherheit. Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände unterstützt das. „Wenn die Theorie etwas entschlackt wird, ohne den Wert der Prüfung zu minimieren, dann hebt das natürlich die Motivation der Prüflinge“, sagte der Vizevorsitzende Kurt Bartels der „Rheinischen Post“ schon vorab.

- Die Pflicht zu Präsenzunterricht soll entfallen und Wissen auch komplett über digitale Wege wie Apps oder Lernplattformen vermittelt werden können. Dann bräuchten Fahrschulen keine Schulungsräume mehr, Vorgaben dafür fielen weg.

Was sich im praktischen Teil ändern soll

- Künftig sollen häufiger Fahrsimulatoren eingesetzt werden können, statt direkt auf der Straße unterwegs zu sein. Damit kann laut Ministerium zum Beispiel das Fahren in Wagen mit Schaltgetriebe geübt werden. Fahrschulen bräuchten dann angesichts des Trends zu Automatikfahrzeugen nicht extra Autos mit Schaltung anzuschaffen - und die Prüfung wird in einem Automatikwagen gemacht.

- Vorgesehen sind auch weniger verpflichtende Sonderfahrten in der Nacht, auf Autobahnen und über Land. Möglich sein soll, sie teils am Simulator zu machen.

- Die Fahrzeit in der praktischen Prüfung soll auf 25 Minuten verkürzt werden, entsprechend europäischer Mindestvorgaben. Für Pkw-Führerscheine üblich ist laut Autofahrerclub ADAC derzeit eine gesamte Prüfungsdauer von 55 Minuten. Darunter ist laut Ministerium bisher eine reine Fahrtzeit von 30 Minuten.

Was noch geplant ist

- Angaben zu Kosten und Durchfallquoten aller Fahrschulen sollen im Internet transparent und vergleichbar gemacht werden. Wie genau, steht noch nicht fest. SPD-Verkehrsexpertin Isabel Cademartori sagte, Fahrschulen, die gut und gewissenhaft ausbilden, sollten keinen Nachteil haben. Kostenbestandteile gibt es einige, von Preisen für Lernmaterial und Fahrstunden bis hin zur Prüfung.

- Schnieder schwebt eine „Experimentierklausel“ vor: Erprobt werden könnte, ob Eltern oder andere nahe Personen mit Erfahrung am Steuer mit Fahrschülern üben können. Das könnte auch Erfolgsaussichten in der Prüfung verbessern.

- Fahrschulen sollen von Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten entlastet werden. Fortbildungen für Fahrlehrer sollen digitalisiert werden.

Was Fahrlehrer sagen

Aus Sicht von Branchenvertretern können bei einer kompakteren Ausbildung Fahrstunden gespart werden. Besonders, wenn Prüflinge durchfallen, geht das noch einmal extra ins Geld. „Die extrem steigende Zahl der Fahrstunden ist der hauptsächliche Kostentreiber“, sagte Verbandsvize Bartels der „Rheinischen Post“. Das liege unter anderem an einer höheren Verkehrsdichte und daran, „dass Jugendliche aufgrund der Smartphone-Nutzung eine schlechtere Verkehrswahrnehmung haben als noch vor 20 Jahren“. Möglich seien auch verpflichtende Lernzielkontrollen, damit Fahrschüler mehr am Ball bleiben.

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