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Tarifkonflikt

Mehr Geld für 3000 Beschäftigte im Landkreis – doch weiter Streik-Gefahr

Im Landkreis Stade gibt es nach Angaben der Gewerkschaft rund 3180 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe.

Im Landkreis Stade gibt es nach Angaben der Gewerkschaft rund 3180 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe. Foto: Monika Skolimowska/dpa

Drei Verhandlungsrunden waren ergebnislos, nun gibt es einen Vorschlag des Schlichters. Der Gewerkschaftsboss warnt vor einer Ablehnung. Die Stimmung unter den Beschäftigten sei „hochexplosiv“. Worüber gestritten wird.

Von dpa Sonntag, 21.04.2024, 13:05 Uhr

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Wiesbaden/Landkreis. Die rund 930.000 Beschäftigten im deutschen Bauhauptgewerbe sollen mehr Geld bekommen. Die Verhandlungskommission der Gewerkschaft IG BAU stimmte nach eigenen Angaben dem Vorschlag des Schlichters zu, wonach die Einkommen um 250 Euro pro Monat zum 1. Mai 2024 erhöht werden sollen.

Elf Monate später sollen noch einmal 4,15 Prozent im Westen und 4,95 Prozent im Osten dazu kommen. Die Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr soll in Ost wie West 1080 Euro betragen, die Laufzeit zwei Jahre betragen. „Zähneknirschend tragen wir den Spruch mit“, sagte der Vorsitzende der IG BAU, Robert Feiger. Jetzt seien die Arbeitgeber am Zug.

Im Landkreis Stade gibt es nach Angaben der Gewerkschaft rund 3180 Bau-Beschäftigte, die nun profitieren würden. „Egal, ob für den Bauhelfer oder für den Polier – für den Kranführer, Straßenbauer oder für die Büroangestellte im Bauunternehmen“, sagt Achim Bartels, Bezirksvorsitzender der IG BAU Hamburg. „Wichtig ist, dass alle Lohntüten demnächst um den gleichen Euro-Betrag dicker werden. Das bringt gerade denen einen ordentlichen Schub, die bislang weniger auf dem Bau verdienen“, so Bartels weiter.

Feiger: „Stimmung unter den Baubeschäftigten ist hochexplosiv“

Nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes wird nun in den Mitgliedsverbänden der Arbeitgeber-Tarifgemeinschaft bis zum 3. Mai abgestimmt. Sollten die Arbeitgeber dem Vorschlag nicht zustimmen, „dann ist natürlich Arbeitskampf angesagt. Die Stimmung unter den Baubeschäftigten ist hochexplosiv“, warnte Feiger. Der Bundestarifkommission der Gewerkschaft will der Gewerkschaftschef die Zustimmung zu dem Schlichterspruch empfehlen. „Wir übernehmen damit gesamtgesellschaftliche Verantwortung, denn in Deutschland herrscht Stau am Bau.“

Für Carsten Burckhardt als Verhandlungsführer der IG BAU ist das Lohn-Plus vor allem auch eine Frage der „Job-Attraktivität der Branche“: „Sonst laufen die Leute weg. Die Bauarbeiter wissen schließlich genau, was woanders los ist – was da zu holen ist.“

Zuvor hatte die IG BAU die Tarifverhandlungen nach drei ergebnislosen Runden für gescheitert erklärt. Damit wurde ein vertraglich vereinbartes Schlichtungsverfahren ausgelöst. Der frühere Präsident des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel, hatte als Schlichter bei den Gesprächen in Wiesbaden vermittelt.

Die IG BAU hatte 500 Euro mehr Lohn, Gehalt und Ausbildungsvergütung im Monat bei einer Laufzeit von einem Jahr gefordert. Die Arbeitgeber der Branchenverbände ZDB und HDB hatten zwei Gehaltserhöhungen von 3,3 Prozent für dieses und 3,2 Prozent für das kommende Jahr angeboten. Sie hatten auf die Krise insbesondere im Wohnungsbau verwiesen und der Gewerkschaft vorgeworfen, diese komplett zu ignorieren.

Baukrise belastet Branche schwer

Das Bauhauptgewerbe ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland und mit einem Umsatz von rund 162 Milliarden Euro 2023 laut Baugewerbeverband ZDB eine wichtige Säule für die deutsche Wirtschaft. Im Immobilienboom hatte die Branche jahrelang die Konjunktur gestützt, nun ist sie wegen der Krise im Wohnungsbau zum Sorgenkind geworden.

Wegen der gestiegenen Zinsen und teurer Materialien steckt der Wohnungsbau in der Krise, das Neubauziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr liegt außer Reichweite. Nach Einschätzung der DZ Bank könnte die Zahl der jährlichen Fertigstellungen bis 2025 auf 200.000 Wohnungen fallen. Bei den Baugenehmigungen geht es seit vielen Monaten bergab, sie brachen im Februar um gut 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat ein. Die Stimmung im Wohnungsbau bleibe angespannt, teilte das Ifo-Institut zuletzt mit. Jedes fünfte Wohnungsbauunternehmen berichte von Stornierungen.

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