Kind ist krank: Krankenkassen melden „deutlichen Rückgang“ bei Anträgen von Müttern und Vätern

Mütter melden sich bei der Arbeit deutlich häufiger kindkrank als Väter (Symbolbild). Foto: Pixabay
Wenn das Kind fiebert oder hustet, müssen sich Eltern häufig von der Arbeit abmelden. Zahlen von AOK und TK zeigen: In Niedersachsen übernehmen das meist die Frauen. Insgesamt gehen aber die Anzahl der Krankmeldungen zurück.
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Hannover. Die Zahl der Kindkrankmeldungen in Niedersachsen ist nach einem starken Anstieg zu Corona-Zeiten im vergangenen Jahr wieder etwas zurückgegangen. Nach Angaben der Krankenkasse AOK, die mehr als drei Millionen Versicherte im Land zählt, wurden aber immer noch mehr Anträge auf Kinderkrankengeld gestellt als vor der Pandemie. Sowohl bei der AOK als auch bei der Techniker Krankenkasse (TK) mit rund 950.000 Versicherten zeigte sich zudem, dass Frauen sich öfter kindkrank meldeten als Männer.
„Mütter bleiben deutlich häufiger zu Hause als Väter, wenn das Kind erkrankt. Der Anteil eingereichter Anträge von Frauen machte im letzten Jahr rund 71 Prozent aus“, sagte die kommissarische Leiterin der TK-Landesvertretung, Sabrina Jacob. Auch bei der AOK wurden in den vergangenen zwei Jahren mehr als 70 Prozent der Anträge auf Kinderkrankengeld von Frauen gestellt.
Insgesamt erfasste die AOK Niedersachsen für das Jahr 2023 bisher 128.421 Anträge auf Kinderkrankengeld für insgesamt 294.677 Tage. Das entspreche einem Rückgang der Tage um rund 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, sagte AOK-Vorstandschef Jürgen Peter. 2022 verzeichnete die AOK noch 149.419 Anträge für 393.963 Tage.
„Insgesamt ist das zwar ein deutlicher Rückgang, die Zahlen sind aber immer noch höher als vor der Pandemie“, sagte Peter. Das sogenannte Corona-Kinderkrankengeld spielte dabei kaum mehr eine Rolle. Dieses konnte bis zum April etwa bei Schließungen von Schulen und Kitas in Anspruch genommen werden, auch wenn die Kinder nicht akut erkrankt waren.
Bei der TK in Niedersachsen gingen 2023 mehr als 49.000 Anträge für krankheitsbedingtes Kinderkrankengeld ein. Im Vergleich zum Rekordwert von 2022 mit fast 57.000 Anträgen sei das ein Rückgang um rund 13 Prozent. In den beiden Jahren davor lagen die Zahlen jedoch deutlich niedriger.
Die kommissarische TK-Leiterin Jacob erklärte, die Anträge im Jahr 2023 seien vornehmlich in den kalten Wintermonaten gestellt worden, „analog zu den typischen Erkältungswellen des Jahres“. Das Corona-Kinderkrankengeld wurde auch bei der TK nur noch selten angefordert. Wurde es im Jahr 2021 noch rund 25.000 Mal genutzt, habe es im vergangenen Jahr nur noch 489 Anträge gegeben.
Was sich 2024 beim Kinderkrankengeld geändert hat
Ist der Nachwuchs krank, heißt das für berufstätige Eltern oft auch: Sie können nicht zur Arbeit gehen. Beschäftigte können aber, „wenn das Kind eine nicht längere Zeitspanne als fünf Tage krank ist“, eine bezahlte Freistellung vom Job beanspruchen. Allerdings nur, wenn die Anwendung des Paragrafen 616 BGB nicht vertraglich ausgeschlossen wurde, erklärt die Kölner Fachanwältin für Arbeitsrecht Nathalie Oberthür. Und dieser Ausschluss ist grundsätzlich durchaus möglich.
Werden sie nicht bezahlt freigestellt, haben Eltern allerdings einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung, wenn ihr Kind krank ist: die sogenannten Kinderkrankentage. Gesetzlich versicherte Eltern erhalten zum Ausgleich ihres Verdienstausfalls dann Kinderkrankengeld.
Doch wie funktioniert das eigentlich? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie viele Kinderkrankentage stehen Eltern zu?
Bis Ende 2023 können gesetzlich krankenversicherte Eltern je Kind für 30 Arbeitstage Kinderkrankengeld beantragen, bei mehreren Kindern für nicht mehr als insgesamt 65 Arbeitstage. Zum Jahreswechsel wird diese während der Corona-Pandemie erweiterte Bezugsdauer allerdings reduziert. 2024 sind es dann 15 Arbeitstage pro Kind und Elternteil, wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilt. Bei mehreren Kindern sind es längstens 35 Arbeitstage pro Elternteil.
Kinderkrankengeld gibt es für jedes gesetzlich versicherte Kind, das jünger als zwölf Jahre alt ist. Für Kinder mit Behinderung, die auf Hilfe angewiesen sind, gibt es keine Altersgrenze.
Was gilt für Alleinerziehende?
Alleinerziehende können bis Ende 2023 für 60 Arbeitstage je Kind Kinderkrankengeld beantragen. 2024 sind es für alleinerziehende Versicherte dann 30 Tage je Kind, bei mehreren Kindern längstens 70 Arbeitstage.
Was ist mit Privatversicherten?
Privatversicherte haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Kinderkrankengeld.
Ist ein Elternteil privat versichert, das andere Elternteil und das Kind gesetzlich, besteht der Anspruch auf Kinderkrankengeld nur für das gesetzlich versicherte Elternteil. Ist das Kind hingegen mit dem anderen Elternteil privat versichert, besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Kinderkrankengeld, wie das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite erklärt.
Wie beantrage ich Kinderkrankengeld?
Das Kinderkrankengeld müssen Eltern bei ihrer Krankenkasse beantragen. Um Kinderkrankengeld zu erhalten, benötigen Sie ein ärztliches Attest, das die Krankheit Ihres Kindes bescheinigt - derzeit ab dem ersten Tag. Dies könnte sich aber in Zukunft ändern.
Gut zu wissen: Eltern können ärztliche Bescheinigungen, dass sie ein krankes Kind betreuen müssen, nun auch telefonisch und ohne Praxisbesuch bekommen. Möglich sind Bescheinigungen zum Bezug von Kinderkrankengeld für maximal fünf Tage. Das hatte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen nach einer Vereinbarung mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mitgeteilt. Bedingung ist demnach, dass das Kind dem Arzt oder der Ärztin bekannt ist und sie die telefonische Ausstellung als vertretbar ansehen.
Nicht vergessen: „Arbeitnehmer sollten sich, wie bei eigener Krankheit, auch bei Krankheit des Kindes unverzüglich beim Arbeitgeber melden“, rät die Kölner Fachanwältin für Arbeitsrecht Nathalie Oberthür.
Wie hoch ist das Kinderkrankengeld?
Die Krankenkasse berechnet das Kinderkrankengeld anhand des Gehalts der Beschäftigten. In der Regel beträgt es laut Bundesgesundheitsministerium 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts.
Wie flexibel können Kinderkrankentage genommen werden?
Kinderkrankentage können auch für einzelne Tage genommen werden. Können Eltern erkrankter Kinder sich etwa bei der Kinderbetreuung abwechseln oder haben an manchen Tagen eine anderweitige Kinderbetreuung für ihr erkranktes Kind, könnten sie ihre Kinderkrankentage beispielsweise nur an zwei von fünf Tagen in der Woche einsetzen.
Einen Anspruch auf eine unbezahlte Freistellung für einzelne Arbeitsstunden oder halbe Tage sieht die gesetzliche Regelung allerdings nicht vor, schreibt das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite.
Ich habe meine Kinderkrankentage bereits ausgeschöpft. Kann das andere Elternteil mir seine Kinderkrankentage überschreiben?
Ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht nicht. Ist der Arbeitgeber desjenigen Elternteils, das die Kinderkrankentage bereits ausgeschöpft hat, damit einverstanden, ist eine Übertragung aber möglich. (dpa)