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Neuinterpretation

Musical „Hamilton“: Ein Stück Revolution erobert die Bühne in Hamburg

Die musikalische Inszenierung über den Aufstieg und Fall des amerikanischen Gründungsvaters Alexander Hamilton feierte am 6. Oktober 2022 Premiere und wird von einem Mix unterschiedlichster Musikstile, wie Rap, Hip Hop, R&B, Pop, Soul und Jazz begleitet. Foto: Ulrich Perrey/dpa

Die musikalische Inszenierung über den Aufstieg und Fall des amerikanischen Gründungsvaters Alexander Hamilton feierte am 6. Oktober 2022 Premiere und wird von einem Mix unterschiedlichster Musikstile, wie Rap, Hip Hop, R&B, Pop, Soul und Jazz begleitet. Foto: Ulrich Perrey/dpa

Bereit für die Revolution? Das Musical „Hamilton“ läuft seit Jahren erfolgreich am Broadway. Jetzt will das Hip-Hop-Musical über die Gründerväter der USA auch das deutsche Publikum begeistern.

Samstag, 08.10.2022, 18:34 Uhr

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Von Carola Große-Wilde, dpa

Ein Musical über einen Amerikaner, der seit mehr als 200 Jahren tot ist? Kann das in Deutschland funktionieren? Als Musicaldarsteller Benét Monteiro als Alexander Hamilton zusammen mit den anderen Gründervätern der USA mit vollem Einsatz „Ich hab' nur diesen einen Schuss!“ rappt, sagt zumindest der tosende Applaus des Publikums bei der Medien-Premiere im Hamburger Operettenhaus: „Ja, und ob! Das kann funktionieren!“

„Bin wie mein Land, voll am starten, jung, scharf und geladen“, rappen die Darsteller weiter und fassen damit zusammen, worum es im Musical „Hamilton“ geht: Um den unbeirrbaren Glauben an sich selbst, dass man es schafft, etwas aus seinem Leben zu machen - egal wie widrig die Umstände auch sein mögen.

Alexander Hamilton hat diesen amerikanischen Traum gelebt: Als karibischer Einwanderer arbeitete er sich im 18. Jahrhundert ganz nach oben, wurde Adjutant George Washingtons, kämpfte im Unabhängigkeitskrieg gegen die Engländer, entwarf die neue Verfassung und wurde erster Finanzminister der USA.

Hype in den USA ausgelöst - viele Preise abgeräumt

Davon erzählt das Musical „Hamilton“, das nach Stationen in New York, London und Sydney nun auf Deutsch Welt-Premiere feierte: Zu den prominenten Gästen zählte auch Schöpfer Lin-Manuel Miranda, der mit seinem Hip-Hop-Musical in den USA einen wahren Hype auslöste: „Hamilton“ gewann elf Tony Awards, einen Grammy sowie den Pulitzerpreis. Ex-Präsident Barack Obama und seine Frau Michelle sind Fans des Musicals, auch Hillary Clinton, der jetzige Präsident Joe Biden, Sängerin Beyoncé Knowles und Paul McCartney besuchten Vorstellungen. Nach wie vor ist es jeden Abend ausverkauft.

„Hamilton“ hat das Musical-Genre gleich auf mehreren Ebenen revolutioniert, weshalb das Unternehmen Stage Entertainment es unbedingt nach Deutschland holen wollte: Die Musik ist von Hip-Hop und R&B geprägt, enthält jedoch auch Anleihen aus Genres wie Jazz, dem Pop der 90er Jahre und Musicalballaden. Die Bühne dreht sich gleich doppelt in zwei Richtungen: Dadurch scheinen die Darsteller ständig in Bewegung, es gibt rasante Wechsel und das Tempo reicht von gewaltigen Schlachtszenen bis zu innigen, romantischen Momenten.

Aber das Revolutionärste war die Entscheidung von Schöpfer Lin-Manuel Miranda, nahezu alle Rollen mit schwarzen Schauspielern zu besetzen. Auch die Darsteller in der Hamburger Aufführung sind sehr divers und stammen aus 13 Nationen. Sängerin Ivy Quainoo, die Hamiltons Ehefrau Eliza spielt und als Tochter ghanaischer Eltern in Berlin geboren wurde, hatte das als „bahnbrechend“ bezeichnet.

Benét Monteiro überzeugt als stürmischer Alexander Hamilton, der sich auch durch politische Intrigen nicht von seinem Plan aufhalten lässt: Das Beste zu geben für sein Land. Seinen Freund und späteren Rivalen Aaron Burr spielt Gino Emnes („Kinky Boots“, „Tina - Das Musical“) mit beeindruckender Souveränität. Und Popsängerin Ivy Quainoo, die mit 19 Jahren die erste Staffel der Castingshow „The Voice of Germany“ gewann, begeistert als sensible, aber willensstarke Eliza Schuyler. Zusammen mit Angelica (Chasity Crisp) und Peggy (Mae Ann Jorolan) geben sie die selbstbewussten Schuyler Schwestern.

Großes Lob von Michelle Obama

An der deutschen Übersetzung haben der Rapper Sera Finale und der Musicalautor Kevin Schroeder drei Jahre lang gearbeitet - und das Ergebnis kann sich sehen lassen: „Das englische Skript hat 25 000 Wörter - doppelt so viele wie normale Musicals, weil darin so viel gerappt wird und rappen schneller geht als singen“, sagte Finale. Dabei gelingt den beiden das Kunststück, sogar Kabinettssitzungen als Rap-Battle neu und spannend ins Deutsche zu übertragen.

„Das ist das größte Kunstwerk, das ich je gesehen habe“, sagte Michelle Obama, die sich das Musical mit ihrem Mann gleich mehrfach angesehen hat. Man darf gespannt sein, ob die Erfolgsstory von „Hamilton“ auch in Deutschland weitergeht.“

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