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Ostsee

Nicht jeder ist zum Strandvogt geboren

Stefan Bischoff, Strandvogt, steht mit seinem Buggy am Ostseestrand. Gemeinsam mit Polizei, Tourismuszentrale, Stadtforstamt und Stadtamt informiert er, wie sie in diesem Jahr an der Küste der Hansestadt kontrollieren und schützen wollen. Foto: Bernd Wüstneck/dpa +

Stefan Bischoff, Strandvogt, steht mit seinem Buggy am Ostseestrand. Gemeinsam mit Polizei, Tourismuszentrale, Stadtforstamt und Stadtamt informiert er, wie sie in diesem Jahr an der Küste der Hansestadt kontrollieren und schützen wollen. Foto: Bernd Wüstneck/dpa +

Sand, Sonne, Meer, Möwen - arbeiten, wo andere Urlaub machen. Hört sich paradiesisch an. Strandvogt wäre so ein Job. Aber Vorsicht: Nicht jeder ist dafür gemacht. Und: Es scheint nicht immer die Sonne.

Samstag, 12.08.2023, 08:00 Uhr

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Von Helmut Reuter, dpa

Ältere in Warnemünde erinnern sich noch an einen Strandvogt, der weiß gekleidet und mit weißer Schirmmütze einherschritt. "Na warte, bis der Strandvogt kommt. Dann gibt's Strandverbot", rief man all zu wild tobende Kinder wohl nicht ganz ernst gemeint zur Räson, wie eine rüstige Seniorin erzählt, die schon viele Jahre einen Strandkorb in dem Ostseebad nutzt. Mit weißer Schirmmütze und weißer Hose ist Stefan Bischoff nicht unterwegs. Aber er ist Strandvogt an Rostocks Stränden in Warnemünde und Markgrafenheide. Und das mit hoheitlichen Befugnissen. "Der Respekt ist da", sagt der 45-Jährige.

Vollzugsbeamter mit Fingerspitzengefühl

Am Strand ist der Angestellte beim Kommunalen Ordnungsdienst in der Rolle eines Vollzugsbeamten. Zu tun gibt es genug, wobei er meist auf Beschwerden reagiert. Keine gute Idee am Strand von Warnemünde ist etwa das Herumspazieren, geschweige denn Wildpinkeln in den geschützten Dünen. Lieber lassen sollte man auch Feuermachen, wo's nicht gestattet ist, zu laute Musik, Wildcampen, das Mitbringen von Hunden außerhalb des Hundestrandes. Ganz schlecht wäre ein Drohnenüberflug am FKK-Strand. All das könnte teuer werden, wenn der Strandvogt es mitbekommt.

"Aber ich bin ausdrücklich nicht dazu da, den Leuten den Strandtag zu vermiesen", sagt Bischoff, der am Tag schon mal über 20 Kilometer zu Fuß am Strand unterwegs ist. "Die Menschen sollen Spaß haben am Strand." Der Strandvogt ist kommunikativ, setzt auf das Gespräch. Vor allem bei Jugendlichen findet der Familienvater die richtige Ansprache. "99 Prozent der Probleme bekomme ich im Gespräch gelöst. Gerade mit jungen Leute kann man super reden. Ich hole da nicht gleich die Keule raus."

Er setzt die Strandsatzung durch

Während an anderen Ostseestränden Strandvögte oft ehrenamtlich unterwegs sind und keine amtliche Verfügungsgewalt haben, ist für den Strandvogt von Warnemünde und Markgrafenheide die "Satzung über die Ordnung im Badestrandgebiet der Hanse- und Universitätsstadt Rostock", sprich: die Strandsatzung, Handlungsgrundlage. Die Zuständigkeit am insgesamt 16 Kilometer langen Sandstrand endet an der Wasserkante, dann beginnt die Verantwortung der Wasserschutzpolizei.

Aber am und vor dem Strand "wacht" laut Strandsatzung der von der Hansestadt beauftragte Strandvogt. "Er ist zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Badestrandgebiet ermächtigt, Verstöße ... durch Ausspruch einer Verwarnung oder eines Bußgeldes zu sanktionieren", heißt es trocken in Paragraf 13. Und in dieser Saison fertigte Bischoff schon Hunderte Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten an.

Strafen von bis zu 5000 Euro

Eher sparsam reagiert er etwa, wenn er sieht, wie Touristen regelmäßig das Möwenfütterungsverbot in Warnemünde missachten. Die Vögel seien über die Grenzen des Ostseebades berüchtigt als wahre Flugkünstler und Fischbrötchen-Räuber und verlören dadurch noch mehr die Scheu vor Menschen. Mit bis zu 5000 Euro Geldbuße kann ein Verstoß gegen das Fütterungsverbot geahndet werden, wie aus einer eigenen Stadtverordnung zum Möwenfütterungsverbot hervorgeht.

Und was macht ein Strandvogt, wenn die Sonne nicht scheint, und es stürmt und regnet wie in den vergangenen Wochen? Dann ist er zum einen froh, dass er einen vierradgetriebenen Dienst-Strandbuggy mit Dach hat, das Schutz vor Regen bietet. Zum anderen hat er dennoch genug zu tun, wenn die DRK-Wasserwacht am Strand die rote Flagge hisst und Unbelehrbare trotzdem schwimmen gehen wollen. "Die Zusammenarbeit mit der Wasserwacht ist top."

Am Strand fühlt sich Bischoff wohl. Er sei kein Büromensch, gerne in der Natur und unter Menschen. Bald soll ein zweiter Strandvogt zur Verstärkung kommen. Zwei Kandidaten haben die Arbeit am Strand schon kennengelernt. Einer von ihnen dürfte es werden. Den Job muss man richtig wollen, das weiß auch Bischoff: "Nicht jeder ist zum Strandvogt geboren."

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