Pendler-Frust im „Start Unterelbe“: Bahn-Bauarbeiten über Monate verlängert

Der Start Unterelbe fährt ab Cuxhaven über Stade seit Dezember 2022 nicht mehr durch zum Hamburger Hauptbahnhof, sondern nur noch bis Hamburg-Harburg. Foto: Kuczorra
In einem Rutsch gemütlich zur Arbeit nach Hamburg? Das bleibt für Bahnpendler im RE5 bis weit ins kommende Jahr frommer Wunsch. Stattdessen heißt es Zwangsausstieg Hamburg-Harburg - und das sorgt für Probleme.
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Seit dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember des vergangenen Jahres enden und starten ein Großteil der Züge des RE5 von Start Unterelbe in Hamburg-Harburg. Pendler aus und in den Kreis Stade sowie den Kreis Cuxhaven sind seit nunmehr neun Monaten auf einen Zwangsumstieg angewiesen. Wie der Start Unterelbe jetzt mitteilt, wird die ursprünglich bis Dezember dieses Jahres geplante Maßnahme wegen Bauverzögerungen noch einmal verlängert.
Konkret: Bis zum 29. Juli 2024 nun müssen Pendler aus Stade, Horneburg oder Buxtehude im RE5 weiterhin in Hamburg-Harburg umsteigen, um mit der S-Bahn oder dem Metronom weiter bis zum Hamburger Hauptbahnhof zu fahren. Die Bauarbeiten werden am Ende mehr als eineinhalb Jahre betragen. Das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn spricht dennoch weiterhin von einer "vorübergehenden Linienkürzung".
Darum kann der Start Unterelbe nicht bis Hamburg-Hauptbahnhof fahren
Grund für die Ausweitung bis fast zum Ende der Sommerferien 2024 seien notwendige Bauarbeiten an den Eisenbahnbrücken über der Wasserstraße „Müggenburger Durchfahrt“ (ehemaliger Zollkanal) in Hamburg-Veddel, schreibt das Unternehmen. "Gemeinsam mit unseren Aufgabenträgern - der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) sowie der Freien und Hansestadt Hamburg - möchten wir frühzeitig über den Fortgang der Linieneinkürzung informieren und die Hintergründe erklären", heißt es weiter.
Der betroffene Teil der mehr als 100 Jahre alten Elbbrücken ist massiv sanierungsbedürftig. Das ist dem Hamburger Senat nach Brückenprüfungen seit Jahren bekannt. Jetzt soll das Bauwerk "zukunftsfit" gemacht werden. 1000 Züge passieren die Elbbrücken täglich. Sämtliche Bahnen aus und in den Süden Hamburgs müssen über dieses Nadelöhr.
Damit saniert werden könne, sei es wichtig, den Bahnverkehr über die Brücke zu reduzieren. Und da trifft es den Start Unterelbe. Deshalb bleibe es weitere sieben Monate bei der Endhaltestelle Hamburg-Harburg.
Die Baumaßnahmen kosten die bundeseigene Deutsche Bahn nach Schätzungen aus dem vergangenen Jahr knapp 100 Millionen Euro. Der endgültige Preis dürfte wohl höher liegen.
Bahnfahrer mit Start Unterelbe auf S-Bahn-Anschluss angewiesen
Detaillierte Informationen zum Fahrplan sollen Pendlern und Fahrgästen im Verlaufe des diesjährigen Fahrplanwechsels am 10. Dezember zur Verfügung stehen. Einige wenige Züge werden zu Stoßzeiten weiterhin von Cuxhaven bis zum Hamburger Hauptbahnhof durchfahren können. Derzeit sind das drei Verbindungen: Kurz von 6 Uhr von Cuxhaven aus sowie ab Hamburg um 16 und 18 Uhr.
Zum Stichtag 10. Dezember startet im S-Bahnverkehr zudem die neue S5 von Stade aus; dazu fährt weiterhin die S3 von Neugraben aus.
"Der Baufahrplan wird von der DB Netz AG erstellt. Er legt auch fest, welche Reduzierungen für den Personenfernverkehr, den Personennahverkehr und den Güterverkehr nötig sind", heißt es weiter. Neben Start Unterelbe seien weitere Verbindungen etwa bei den Zügen des Metronom aus Bremen, Lüneburg, Hannover betroffen. Welche Züge nur bis Harburg dürfen, hänge auch vom jeweiligen Fahrgastaufkommen ab.
Die notgedrungenen Einschränkungen seien „,sehr schmerzhaft'", sagt Lars Kappel, Leiter von Start Unterelbe. „Viele von unseren Mitarbeitenden pendeln auch. Daher wissen wir zu gut, was diese Änderungen für den Einzelnen im Alltag bedeuten. Gleichzeitig akzeptieren wir den gefundenen Konsens, da wir auch die Verantwortung für das Gesamtsystem Schiene im Norden sehen.“
Verantwortlich für die Bestellung des Nahverkehrs ist die LNVG. "Wir wissen, dass das für die Start-Kunden nicht optimal ist – aber es scheint uns eine nachvollziehbare Entscheidung zu sein", sagt LNVG-Sprecher Dirk Altwig.
Umstieg in Hamburg-Harburg: Probleme mit Gepäck und Metronom
Der Umstieg in Hamburg-Harburg sorgt immer wieder für Frust. Selbst wenn Pendler auf die Unannehmlichkeiten längst vorbereitet sind, trifft es vor allem Fahrgäste, die seltener mit dem RE5 reisen. Ein Beispiel: Fahrten mit schwerem Gepäck. Dieses muss bei Fahrt mit Ziel Hamburg-Hauptbahnhof beim Ausstieg in Harburg auf Gleis 6 aus dem Zug gehievt werden. Anschließend sind weite Wege bis unterirdischen S-Bahngleis oder Gleis 1/2 zum Metronom zu absolvieren. Für ältere Menschen eine schweißtreibende und zeitraubende Angelegenheit; nicht selten verpassen Reisende die nächste Verbindung nach Hamburg und müssen warten.
Weitere Probleme: Beim Metronom kommt es seit Monaten wegen Personalmangels zu massiven Ausfällen. Diese halten mindestens bis Dezember an, kündigte das Unternehmen erst in dieser Woche an. Damit stehen Reisenden in Harburg oder am Hamburg Hauptbahnhof (um nach Harburg zu kommen) weniger Anschlusszüge bereit.
Reisenden im Start Unterelbe wird empfohlen, auf ihrem Weg in die Hamburger Innenstadt möglichst schon in Buxtehude umzusteigen. Dort ist der Weg in die S-Bahn zumeist ohne Bahnsteigwechsel möglich.
Die Arbeiten an den Elbbrücken sollen erst Ende 2024 abgeschlossen sein. Gut möglich also, dass die Linienkürzung beim Start Unterelbe ein weiteres Mal verlängert werden muss. Nach Abschluss soll es jedoch wieder dauerhaft Fahrten von und nach Hamburg-Hauptbahnhof geben. Das versichern alle Beteiligten.