Pop-up-Kirche vor dem Supermarkt – und eine Frage zum Innehalten

Fröhliche und dankbare Weihnacht mit der Pop-up Church in Oldendorf (von links): Kinga Bertram mit Sohn Thorin, die Konfirmandinnen Nele Strehlow, Imke Meyer, Eva-Lotta Neumann und Leandra Klindtworth und Pastorin Stephanie Müller. Foto: Kl
Ein Plätzchen zum Genießen und eine Frage zum Nachdenken - damit sorgten vier Konfirmandinnen dafür, dass mitten im Vorweihnachtsstress besondere Momente aufploppten.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Aufplopp-Kirche, Pop-up Church, nennt Pastorin Stephanie Müller es, wenn Kirche zu den Menschen kommt. Dahin, wo sie nicht selbstverständlich ist. Zwar steht die St.-Martin-Kirche gleich neben dem Edeka-Markt in Oldendorf, der Gedanke aber an Glauben, Hoffnung und Dankbarkeit ist mit Einkauflisten im Kopf im Alltag weit weg.
Das änderten die Pastorin und ihre vier Mitstreiterinnen aus den Reihen der Konfirmanden. Mit den selbst gebackenen Plätzchen boten sie zugleich einen besonderen Moment an. „Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen? Was hat für Sie im letzten Jahr nach Segen geschmeckt?“
Eine Frage zum Innehalten. „Viele müssen tatsächlich erst mal nachdenken, weil das Jahr für sie eigentlich nicht so schön war“, sagt Eva-Lotta Neumann. Aber dann ist da doch vieles, was dankenswert ist. Die Gesundheit, bestandene Prüfungen. „Viele nennen auch die Familie und den Zusammenhalt“, sagt Leandra Klindtworth. Die Antworten schrieben die beiden und Imke Meyer und Nele Strehlow auf Weihnachtsbaumkugeln und hängten sie an den Tannenbaum.
Dankbar für die schönste Taufe
Kinga Bertram ist auf dem Weg in den Markt und muss nicht lange überlegen. Sie hat einen Sohn bekommen. „Und wir hatten die schönste Taufe“, sagt sie und strahlt Pastorin Stephanie Müller dankbar an.
Die Frage nach Segen, dem Positiven im letzten Jahr können nicht alle Kunden so spontan beantworten. Sogar Tränen fließen und werden im Gespräch mit der Pastorin aufgefangen.
Auch Eva-Lotta Neumann hat nicht sofort Positives parat. „Eigentlich war das Jahr wirklich nicht gut, es gab Abschiede von Menschen, die mir sehr nah am Herzen lagen“, sagt die Konfirmandin. Ein Segen sei aber der Konfirmandenunterricht mit Stephanie Müller. „Ohne dass ich hier schleimen will“, sagt sie und grinst. „Aber wir können über alles reden und zusammen lachen. Und solche Aktionen wie heute lenken ab.“
„Das Jahr war nicht schlecht“, sagt Leandra Klindtworth. Sie ist dankbar, weil sie zwei Reiterprüfungen bestanden und ihre Mutter ihren Industriemeister gemacht hat und alle gesund geblieben sind. Ihr macht es Spaß, bei der Pop-up Church dabei zu sein. „Man lernt, Menschen anzusprechen, auf sie zuzugehen und zuzuhören“, sagt sie.
„Es hat sich viel verändert. Aber es ist schön, dass es noch immer Menschen gibt, die die Landwirtschaft wertschätzen“, beschreibt Imke Meyer, was sie dankbar macht. Und Nele Strehlow ist dankbar, „dass meine Familie gesund ist“. Kurz über etwas nachzudenken, das oft als so selbstverständlich empfunden wird, rückt für einen Augenblick wieder das Wichtige im Leben in den Vordergrund und die Einkaufsliste gedanklich zur Seite.
Freundlich, einfühlsam und fröhlich gehen die Mädchen auf die Menschen zu und sorgen dafür, dass mit einem Plätzchen und ihrer Frage Weihnachten viel näher rückt, als der Einkauf für die Festtage es könnte.