Vorwurf: Polizeigewalt in Riesa – Linken-Politiker verletzt

Nam Duy Nguyen (Die Linke), Landtagsabgeordneter in Sachsen, soll von niedersächsischen Polizisten angegriffen worden sein. Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Der Polizeieinsatz in Riesa (Sachsen) zieht heftige Kritik auf sich. Die Organisatoren des Protests sehen eine grundlose Eskalation. Auch niedersächsische Beamte werden beschuldigt.
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Riesa. An dem mutmaßlichen Angriff auf Linke-Politiker Nam Duy Nguyen in Riesa sollen niedersächsische Polizisten beteiligt gewesen sein. Nach derzeitigen Erkenntnissen habe sich Nguyen gemeinsam mit einem Protestbeobachter am Rande eines Aufzugs aufgehalten, als es zur Zwangsanwendung durch Einsatzkräfte aus Niedersachsen unter anderem gegen diese beiden Personen gekommen sei, teilte Oliver Grimm, Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums, mit. Nguyen erstattete Anzeige. Zuvor hatte die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ (HAZ) berichtet.
Die genauen Umstände des Geschehenen sind laut Grimm nicht vollends bekannt und werden aktuell von der verantwortlichen Einsatzleitung in Sachsen aufbereitet. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) erklärte: „Ich bedauere es außerordentlich, dass ein Landtagsabgeordneter der Linken in Sachsen offenbar während des Einsatzes niedersächsischer Polizeikräfte verletzt wurde und wünsche Herrn Nguyen alles Gute und eine schnelle Genesung.“ Das Ministerium nehme diesen Vorfall sehr ernst, er werde polizeiintern aufgeklärt.

Der AfD-Bundesparteitag in Riesa wurde von großen Protesten begleitet (Archivbild). Foto: Jan Woitas/dpa
Zudem wird es ein Strafverfahren wegen eines Vorfalls mit einem wohl gegen einen Demonstranten eingesetzten Polizeihund geben. Auf einem Video auf der Plattform X ist zu sehen, wie ein Polizist seinen Hund auf einen Aktivisten stößt, um den Mann über den Mittelstreifen einer mehrspurigen Straße zu drängen.
Die Polizei räumte im Laufe des Tages zudem mehrere Sitzblockaden auf umliegenden Straßen, so etwa an einer Kreuzung zur Auffahrt der B169. Auch dort wurde nach Angaben eines dpa-Reporters Pfefferspray eingesetzt.
Protest-Organisatoren: Polizeieinsatz „skandalös“
Die Organisatoren des Protests gegen den AfD-Parteitag in Riesa kritisieren das Vorgehen der Polizei als inakzeptabel und rechtswidrig. „Das Vorgehen der Polizei war skandalös“, sagte Mascha Meier, Sprecherin des Bündnisses „Widersetzen“. Angemeldete Demonstrationen seien nicht zum zentralen Kundgebungsort vor der Tagungshalle der AfD durchgelassen worden. Hingegen hatte die Polizei den Einsatz am Samstag als aus ihrer Sicht erfolgreich bezeichnet. Am Sonntag wollten sich das sächsische Innenministerium und Polizei zunächst nicht erneut zu den Vorwürfen äußern.
Größter Demonstrationszug aufgehalten
Der größte Demonstrationszug, der mit dem Zug angereiste Teilnehmer vom Bahnhof zu der Kundgebung bringen sollte, wurde nach Angaben des Bündnisses „stundenlang“ am Weiterkommen gehindert. Demnach setzte die Polizei Pfefferspray ein und drohte den Einsatz eines Wasserwerfers an, um die Menge aufzuteilen.
Am Samstag hatten laut Angaben der Veranstalter rund 15.000 Menschen gegen den AfD-Bundesparteitag in Riesa demonstriert. Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl auf 10.000. Der Parteitag konnte mit zwei Stunden Verspätung erst am Mittag beginnen.
Polizei mit positiver Bewertung
Seitens der Polizei fiel die Bewertung des Einsatzes hingegen positiv aus. „Wir haben unsere Ziele erreicht: Der Parteitag findet statt. Damit sind wir unserer Verpflichtung, Parteiveranstaltungen unabhängig ihrer politischen Ausrichtung zu schützen, nachgekommen“, sagte der Dresdner Polizeipräsident Lutz Rodig am Samstag. Gleichzeitig habe die Polizei den Prostest in Sicht- und Hörweite ermöglicht und damit das Recht auf Versammlungsfreiheit gewahrt.
Dass ein Abgeordneter und sein Begleiter im Zuge des Polizeieinsatzes zu Schaden kamen, tue der Polizei leid, so Rodig. Der Sachverhalt werde mit höchster Priorität aufgearbeitet.
Innenminister: „Hitzige Situationen“
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sprach von „verschiedene Gemengelagen und hitzige Situationen“, in denen die Polizei mit robustem Handeln Ordnung durchgesetzt habe. „Einzelne Situationen des Protests heute in Riesa haben konsequente Polizeieinsätze erforderlich gemacht, bei denen die Polizei mehrfach unmittelbaren Zwang anwenden musste“, sagte er am Samstag. Der Einsatz gegen einen Abgeordneten des sächsischen Landtags sei allerdings „bei weitem keine Kleinigkeit“, betonte Schuster.

Nam Duy Nguyen (Die Linke), Landtagsabgeordneter in Sachsen, soll von niedersächsischen Polizisten angegriffen worden sein. Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Die Polizei setzte Pfefferspray gegen Demonstranten ein (Archivbild). Foto: Jan Woitas/dpa