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Triebwerk-Mängel

Rückruf von Airbus-Jets: Mindestens 600 Flugzeuge betroffen

Im August gingen 52 Airbus-Maschinen an die Kunden. Foto: Horcajuelo/EPA/dpa

Im August gingen 52 Airbus-Maschinen an die Kunden. Foto: Horcajuelo/EPA/dpa

„Mayday“ aus den USA: Bei Airbus-Jets gibt es Probleme mit einem Triebwerk. Wie sich die Probleme auf den Konzern auswirken.

Mittwoch, 26.07.2023, 16:20 Uhr

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Ein Problem an den Antrieben vieler Airbus-Mittelstreckenjets macht dem Münchner Triebwerksbauer MTU trotz glänzender Geschäftszahlen zu schaffen. Es müssten weltweit rund 1200 Turbinen überprüft werden, erklärte MTU-Chef Lars Wagner am Mittwoch in einer Telefonkonferenz zur Quartalsbilanz des Dax-Konzerns in München. MTU baut zusammen mit seinem Partner Pratt & Whitney aus den USA die Antriebe vom Typ PW1100G-JM, die etwa jeden zweiten Airbus-Jet aus der Modellfamilie A320neo antreiben.

Den beiden Herstellern zufolge sind rund 200 der Triebwerke spätestens Mitte September fällig. Die übrigen sollen laut MTU-Chef Wagner bis zum Jahr 2024 oder 2025 folgen. „Wir versuchen alles zusammen mit Pratt & Whitney, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten“, sagte Wagner vor Journalisten. So müssen Airlines ihre betroffenen Maschinen ausgerechnet während des Aufschwungs nach der Corona-Pandemie vorzeitig in die Wartung schicken.

Wie viele Jets wegen der Probleme am Boden bleiben müssen, wollte Wagner noch nicht prognostizieren. Zwar hat jedes der Flugzeuge zwei Triebwerke gleichen Typs. Diese stammen laut Wagner aber nicht unbedingt aus demselben Produktionszyklus, sodass an manchen Flugzeugen nur ein Triebwerk betroffen sein könnte. Dann müssten mehr als die rechnerisch fälligen 600 Airbus-Maschinen in die Werkstatt.

Ein Problem an den Antrieben vieler Airbus-Mittelstreckenjets macht dem Münchner Triebwerksbauer MTU zu schaffen. Foto: Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Ein Problem an den Antrieben vieler Airbus-Mittelstreckenjets macht dem Münchner Triebwerksbauer MTU zu schaffen. Foto: Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Airbus-Jets mit Antrieb von Pratt & Whitney müssen zur Wartung

Ursache des Problems ist laut Wagner ein seltener Zustand eines Metallpulvers, das bei Pratt & Whitney in einem gewissen Zeitraum in Rohlinge für neue Turbinenscheiben eingeschmolzen wurde. Die betroffenen Exemplare ließen sich klar eingrenzen, sagte der Manager. Auch sei die derzeitige Produktion neuer Triebwerke und Ersatzteile davon nicht betroffen. MTU selbst habe dieses Pulver nie verwendet. Wie lange die Reparaturen pro Triebwerk dauern und wie viel sie kosten werden, muss sich laut Wagner erst noch herausstellen.

Der Triebwerkstyp PW1100G-JM kommt etwa bei jedem zweiten Jet aus der A320neo-Familie zum Einsatz. Die übrigen sind mit Triebwerken vom Typ Leap von CFM ausgestattet, einer Gemeinschaftsfirma von Safran und General Electric. MTU liefert Teile für das Pratt-Triebwerk und baut in München etwa jedes dritte Exemplar davon zusammen.

Auch weil die Airbus-Mittelstreckenjets Verkaufsschlager sind, liefen die Geschäfte von MTU im zweiten Quartal glänzend. Dank einer starken Nachfrage nach neuen Antrieben, Ersatzteilen und Wartungen sprang der Umsatz im Jahresvergleich um 20 Prozent auf 1,55 Milliarden Euro nach oben, wie der Konzern am Morgen in München mitteilte. Der Überschuss legte sogar um 85 Prozent auf 122 Millionen Euro zu, nachdem MTU ein Jahr zuvor wegen einer zerschlagenen Auftragshoffnung eine millionenschwere Sonderbelastung verbucht hatte. 

Airbus sieht sich nach zweitem Quartal auf Kurs zu Jahreszielen

Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus hält nach einem überraschend guten Tagesgeschäft im zweiten Quartal an seinen Zielen für 2023 fest. Im Gesamtjahr sollen wie geplant 720 Verkehrsflugzeuge den Weg zu den Kunden finden, teilte der Dax-Konzern am Mittwoch in Toulouse mit. Bis zur Jahresmitte hat der Hersteller erst 316 Stück geschafft. Trotz der Engpässe bei Zulieferern bekräftigte der Vorstand seine Pläne zum Produktionsausbau für die Mittelstreckenjets aus der Modellfamilie A320neo. Allerdings lässt er jetzt offen, in welchem Tempo die Produktion bis 2026 auf dann monatlich 75 Maschinen der Reihe wachsen soll - und wann das bisherige Zwischenziel von 65 Stück erreicht wird.

Im zweiten Quartal erzielte Airbus einen Umsatz von 15,9 Milliarden Euro und damit fast ein Viertel mehr als ein Jahr zuvor. Der um Sonderposten bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) legte um mehr als ein Drittel auf 1,85 Milliarden Euro zu. Der Überschuss sprang sogar um 55 Prozent auf knapp 1,1 Milliarden Euro nach oben. Ein Jahr zuvor hatten zusätzliche Kosten für den Militärtransporter A400M den Gewinn belastet.

Allein seit Jahresbeginn holte Airbus Aufträge über mehr als 1000 Verkehrsflugzeuge herein. Der Löwenanteil entfiel auf die A320neo-Familie, darunter immer häufiger die Langversion A321neo. Ende Juni saß der Hersteller über alle Modelle hinweg auf einem Rekord-Auftragsbestand von knapp 8000 Jets.

Boeing erneut mit roten Zahlen

Boeing bringt seine Flugzeug-Produktion wieder in Gang - im vergangenen Quartal sorgten Sonderbelastungen aber für den nächsten Verlust. Unterm Strich gab es rote Zahlen von 149 Millionen Dollar (rund 135 Mio Euro), wie Boeing am Mittwoch in Arlington mitteilte.

Auslöser waren unter anderem Probleme in den Lieferketten, gestiegene Kosten für ein militärisches Trainingsflugzeug und eine Tarnkappendrohne. Der verzögerte Start des ersten Flugs des Raumschiffs Starliner mit Menschen an Bord führte zu einer Sonderbelastung von 257 Millionen Dollar. (dpa)

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