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Bücher und Gemüse

Samtgemeinde-Bücherei will nicht nur Bücherwürmer heranzüchten

Wiebke Diercks (links) und Simone Freiwald in der Bücherei der Samtgemeinde Hollenstedt, die sich im Küsterhaus bei der Kirche befindet.

Wiebke Diercks (links) und Simone Freiwald in der Bücherei der Samtgemeinde Hollenstedt, die sich im Küsterhaus bei der Kirche befindet.

In Zeiten großer Medienvielfalt müssen sich Büchereien schon etwas einfallen lassen, um Publikum in ihre Räume zu locken. In der Samtgemeinde Hollenstedt versucht es das Team unter anderem mit klassischer Leseförderung und Gemüse in spe.

Von Sabine Lepél Dienstag, 05.10.2021, 14:03 Uhr

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Die klassischen Büchereien locken immer weniger junge Menschen an. Doch einige Büchereien experimentieren mit neuen Konzepten. Dort kann das junge Publikum zum Beispiel am Computer spielen – Gaming-Angebote wird das auf Neudeutsch genannt. E-Books und Hörbücher gehören inzwischen fast überall zum Standard. Und auch mit der klassischen Ruhe in den Lesesälen ist es mancherorts vorbei. In vielen Bibliotheken kann heutzutage gechillt, gequatscht und gespielt werden. Und ganz nebenbei gibt es auch Bücher.

Trotzdem müssen manche Büchereien schließen, so wie die im Amtshaus in Moisburg (das TAGEBLATT berichtete). Sie gehörte zur Samtgemeindebücherei Hollenstedt, die nun ganz auf ihren Standort im Küsterhaus setzt. Und auf klassische Methoden, um junge Leute an das Lesen heranzuführen: „Die Fähigkeit zu lesen kann man nicht erben, nicht kaufen und nicht geschenkt bekommen. Die prägende Kulturtechnik unserer Kommunikationsgesellschaft kann sich jeder Mensch nur selbst erarbeiten“, meint Büchereileiterin Wiebke Diercks. Wie also bringt man das Kind ans Buch und das Buch ans Kind? „Seit über sieben Jahren widmet sich unser Team dieser Frage“, so Diercks.

 

MINT im Fokus

So hat die Kinder- und Jugendbuchexpertin Simone Freiwald aus dem Team der Samtgemeindebücherei seither ein umfassendes Programm für Kinder unterschiedlicher Altersstufen entwickelt. Es beginnt bei den Kleinsten in Krippe und Kindergarten, wo ehrenamtliche Vorleser ihre Zuhörer regelmäßig für Geschichten begeistern und somit ganz spielerisch erste Sprachförderung betreiben. „Ein Angebot von über 1000 Bilderbüchern in der Bücherei erleichtert dabei die Auswahl des passenden Stoffs“, sagt Freiwald. Zudem gibt es in den zweiten Klassen der Grundschulen in Moisburg und Hollenstedt „Wortschlucker“-Arbeitsgemeinschaften, ein wöchentliches Angebot der Bücherei im Ganztag, bei dem Spiele, Spaß und Basteleien rund um Buchstaben und Geschichten die Schüler für Sprache und das Lesen öffnen sollen. Mit großem Aufwand wird außerdem einmal im Jahr der Bundesvorlesetag ausgerichtet, bei dem an einem Schulvormittag altersgerechte Vorleseangebote mit Rahmenprogramm für sämtliche Schüler von der ersten bis zur vierten Klasse der Glockenbergschule gemacht werden.

Führungen durch die Bücherei mit einem Konzept, das Wissenswertes über Sprache und Schrift vermittelt, finden neben weiteren Angeboten, wie die Bücherei-Nacht, ebenfalls regelmäßig statt. In diesem Jahr steht zudem das Thema MINT im Fokus, das die Disziplinen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik vereint. „So werden die Besucher zu Forschern, die auf analoger und digitaler Ebene beobachten, kombinieren, codieren und entdecken können“, so Freiwald.

Eine wichtige Hilfe bei den Angeboten der Samtgemeindebücherei sind die „Buchstützen“. Das ist ein Verein Ehrenamtlicher, die der Buchausleihe in der Samtgemeinde Hollenstedt seit vielen Jahren tatkräftig und mit guten Ideen unter die Arme greifen. Sie planen aktuell ein neues Projekt: die erste Saatgut-Bibliothek in der Bücherei im Küsterhaus.

 

Neu Saat im Herbst

Die aus den USA stammende Idee versucht mit „Seedlibraries“ die Sortenvielfalt zu erhalten. Seit 2010 gibt es dort diese ersten Saatgut-Bibliotheken. Inzwischen ist es eine weltweite Idee geworden. Die ehrenamtlichen „Buchstützen“ werden in Kürze das Saatgut kaufen, eintüten und ab Frühjahr 2022 verleihen. Alle Interessierten können Saatgut erhalten und sorgen damit für mehr Biodiversität. So sollen alte Sorten gerettet und die Pflanzenvielfalt in der Gemeinde gefördert werden. Grundlage dafür ist, dass das zu tauschende Saatgut „samenfest“ ist und nicht von Hybrid-Pflanzen abstammt.

„Im Herbst erhält die Bücherei hoffentlich aus dem geernteten Gemüse neue Saaten, die dann im kommenden Frühjahr wieder verliehen werden“, so Diercks. Begonnen wird mit vier Kulturarten: Tomate, Bohne, Erbse und Radieschen. „Diese Sorten sind leicht zu vermehren“, sagt Diercks. Die Bücherei habe umfangreiche Literatur zu diesem Thema angeschafft.

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