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Schüler streiken gegen Wehrdienst-Pläne – Demo in Hamburg

Bei drei Demonstrationen gegen die Wehrpflicht in Hamburg erwarten die Veranstalter nach Polizeiangaben rund 1.700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. (Symbolbild)

Bei drei Demonstrationen gegen die Wehrpflicht in Hamburg erwarten die Veranstalter nach Polizeiangaben rund 1.700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. (Symbolbild) Foto: ---/dpa

Wer für den Schulstreik auf die Straße geht, riskiert unentschuldigte Fehlzeiten. Schüler und Studierende wollen am Freitag trotzdem in Hamburg gegen die geplante Wehrpflicht demonstrieren.

Von dpa Freitag, 05.12.2025, 06:23 Uhr

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Hamburg. Straße statt Schule: Aus Protest gegen die Wehrdienst-Pläne der schwarz-roten Koalition in Berlin wollen junge Menschen am Vormittag auch in Hamburg auf die Straße gehen. Weitere Demonstrationen sind nach Angaben der Initiative „Schulstreik gegen Wehrpflicht“ unter anderem in Berlin, Düsseldorf, Dresden und München geplant. Anlass für den Streikaufruf ist die am Morgen geplante Bundestagsabstimmung über das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz.

Was ist in Hamburg geplant?

Schülerinnen und Schüler sind aufgerufen, sich nach den ersten beiden Schulstunden auf den Weg zum Hachmannplatz in der Innenstadt zu machen, wo um 10.00 Uhr die Demonstration beginnen soll. Wer nicht mehr in die Schule geht, ist nach Angaben der Veranstalter eingeladen, ebenfalls an der Kundgebung teilzunehmen und das Anliegen der Schülerinnen und Schüler zu unterstützen.

So soll es unter anderem an der Universität unter dem Motto „Studierende gegen die Wehrpflicht“ eine Zubringerdemo geben. Start sei um 9.30 Uhr an der Blattwerk-Mensa auf dem Uni-Campus. Am Nachmittag wollen um 16.00 Uhr auf dem Stephansplatz die Jugendorganisationen etwa des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und der Gewerkschaft Verdi „der Wehrpflicht entgegentreten“. Für alle drei Demonstrationen zusammen erwarten die Veranstalter nach Polizeiangaben rund 1.700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Was wollen die jungen Leute?

„Wir wollen nicht als Kanonenfutter enden“, heißt es auf Instagram in einem Aufruf. „Wir schauen nicht stumm zu wie wir und unsere Freunde per Los zum Töten und Sterben gezwungen werden.“ Und weiter schreiben die Organisatoren der Protestaktionen: „Wir wollen nicht ein halbes Jahr unseres Lebens in Kasernen eingesperrt sein, zu Drill und Gehorsam erzogen werden und töten lernen.“ Krieg sei keine Zukunftsperspektive und zerstöre die Lebensgrundlage.

Unterstützt werden sie dabei unter anderem von den Linken und mehreren Gewerkschaften. „Wir stehen für Selbstbestimmung. Wehr- oder Pflichtdienste darf es daher ebenso wenig geben wie Werbung der Bundeswehr an Bildungseinrichtungen“, sagt Hamburgs DGB-Chefin Tanja Chawla. Und Hamburgs Verdi-Vorsitzende Sandra Goldschmidt betont: „Den Frieden in Europa sicherzustellen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und darf nicht auf die jungen Menschen abgewälzt werden.“

Was will die schwarz-rote Koalition in Berlin?

Den Plänen der schwarz-roten Koalition zufolge erhalten ab Anfang 2026 alle 18-jährigen Frauen und Männer einen Fragebogen, durch den ihre Motivation und Eignung für den Dienst in den Streitkräften ermittelt werden soll. Männer müssen ihn demnach beantworten, für Frauen ist das Ausfüllen freiwillig. Für alle Männer, die ab dem 1. Januar 2008 geboren wurden, soll zudem vom 1. Juli 2027 an die Musterung wieder zur Pflicht werden.

Sollten sich nicht genug Freiwillige für die Truppe finden, könnte der Bundestag demnach über eine sogenannte Bedarfswehrpflicht entscheiden. Dabei könnte auch ein Zufallsverfahren zur Auswahl genutzt werden. Darüber müsste der Bundestag aber in einem erneuten Gesetzgebungsverfahren abstimmen.

Was halten die Deutschen von den Regierungsplänen?

Die Musterung ganzer Jahrgänge junger Männer für den Wehrdienst finden in einer YouGov-Umfrage fast zwei Drittel der Befragten gut. In der Befragung im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sagten 62 Prozent von rund 2.400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sie befürworteten die Pläne „eher“ oder „voll und ganz“. 31 Prozent sagten, sie lehnten dies „eher“ oder „voll und ganz“ ab.

Eine „Bedarfswehrpflicht“ für den Fall, dass sich nicht genug Freiwillige finden, sehen die Befragten etwas skeptischer: 53 Prozent sagten, das sei „voll und ganz“ oder „eher“ angemessen. 37 Prozent halten es für „voll und ganz“ oder „eher“ unangemessen. Zehn Prozent sagten „weiß nicht“ oder machten keine Angaben. YouGov befragte zwischen dem 14. und dem 18. November 2.387 Menschen.

Hat der Schulstreik Folgen für die Jugendlichen?

Schülerinnen und Schüler können nach Angaben der Schulbehörde selbstverständlich an Demonstrationen außerhalb der Unterrichtszeit teilnehmen. Aber „die Teilnahme an einem Streik oder einer Demo (gleich welchen Anlasses) während der Unterrichtszeit wird grundsätzlich als eine unentschuldigte Fehlzeit gewertet“. Eventuell verpasste Leistungsbewertungen würden mit null Punkten bewertet. „Die Schulen sind angewiesen, eine eventuelle Abwesenheit entsprechend zu dokumentieren.“

Gleichzeitig habe die Behörde die Schulleitungen in einem Brief gebeten, die Wehrpflicht im Unterricht zu thematisieren. „Ich bitte Sie, das Kollegium mit der inhaltlichen Auseinandersetzung zu beauftragen und das Thema altersgerecht sowie themenbezogen in den Unterricht zu integrieren“, heißt es in dem Schreiben von Landesschulrat Thorsten Altenburg-Hack. Die gesellschaftliche Relevanz dieses Themas sie hoch und biete vielfältige Anknüpfungspunkte für einen offenen und sachlichen Austausch.

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