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Insolvenz

Schuhhändler: Diese Pleite kostet den Steuerzahler viele Millionen

Das Logo des Schuhhändler Reno an einer bereits geschlossenen Filiale in Osnabrück.

Das Logo des Schuhhändler Reno an einer bereits geschlossenen Filiale in Osnabrück. Foto: Friso Gentsch/dpa

Corona-Hilfen und eine Bürgschaft: Das Land Niedersachsen zahlte dem insolventen Unternehmen viel Geld, das nun offenbar verloren ist. Die Hintergründe.

Von Dirk Fisser, Nina Kallmeierund Lars Laue Montag, 12.02.2024, 00:14 Uhr

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Osnabrück. In ihren Glanzzeiten war die HR Group in vielen deutschen Innenstädten vertreten. Filialen ihrer Marke Reno waren fester Bestandteil der Ladenzeilen. Wohlgemerkt: waren. Die Marke Reno wurde verkauft, die HR Group rutschte in die Insolvenz und wurde abgewickelt; es gibt keine tragfähige Perspektive für den Schuhhandelskonzern aus Osnabrück, lautete das ernüchternde Fazit des Insolvenzverwalters.

Es geht um mehr als 40 Millionen Euro

Für das Land Niedersachsen könnte das ein sehr teures Nachspiel haben. Denn die HR Group bekam nicht nur gut 20 Millionen Euro an sogenannten Coronahilfen überwiesen, die nun futsch sind. Das Land sprang im Jahr 2020 auch als Bürge ein und sicherte damit Kredite in Höhe von 46,8 Millionen Euro ab. Das Signal an die Banken: Der HR Group kann ruhigen Gewissens Kredit gewährt werden. Sollte etwas schief gehen, springt der Steuerzahler ein.

Das Geld der Banken floss. In der Folge war in der Immobilienzeitung zu lesen, dass wieder die Miete für Schuhgeschäfte bezahlt werde. Mit den entsprechenden Krediten, so war nachher im Geschäftsbericht für die Jahre 19/20 nachzulesen, sicherte das Unternehmen seine Finanzierung nach eigener Einschätzung bis zum 30. September 2023 ab, sprich: für weitere drei Jahre.

Viel länger hielt die HR Group dann auch tatsächlich nicht durch. Der Konzern meldete Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter suchte nach Investoren, meldete dann aber im Januar: „Bis heute hat kein Interessent ein tragfähiges Konzept vorlegen können.“ Die 750 verbliebenen Mitarbeiter wurden gekündigt und das Geschäft abgewickelt.

Und die Bürgschaft? Wird sie nun fällig? Oder ist das Land vielleicht längst zur Kasse gebeten worden? Oder hat sich die Angelegenheit anders lösen lassen, der Schaden vielleicht sogar abwenden lassen? Der Insolvenzverwalter kann dazu mangels Zuständigkeit nichts sagen. Das sei Sache der Banken und des Landes Niedersachsen, erklärt sein Sprecher. Eine Sprecherin des Finanzministeriums in Hannover teilt mit, dass man entsprechende Fragen unserer Redaktion nicht beantworten dürfe.

Das Verwaltungsverfahrengesetz garantiere allen Beteiligten die Wahrung ihrer Geheimnisse, heißt es dazu aus Hannover. „Deren unbefugte Offenbarung wird strafrechtlich sanktioniert.“ Zudem garantiere die Bürgschaftsrichtlinie des Landes Niedersachsen zusätzlich noch einmal Vertraulichkeit bei „Verhandlungen, Beratungen und Unterlagen“.

Bürgschaften sind Staatsgeheimnis

Kurzum: Der Steuerzahler wird nie erfahren, ob der Staat mit seinem Geld eingesprungen ist. Bürgschaften sind Staatsgeheimnis. Mit der Materie vertraute Kreise gehen allerdings davon aus, dass die Bürgschaft gezogen wird.

Was ebenfalls unbeantwortet bleibt: Ob das Land Konsequenzen aus dem mutmaßlichen Millionenverlust zieht. Die Entscheidung über Bürgschaften sind weitgehend ausgelagert. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC) prüft Bürgschafts-Anträge und bereitet sie vor. PWC war auch als Wirtschaftsprüfer für die HR Group tätig. (dpa/cpe)

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