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Doppeldecker-Bustour

Seeadler-Alarm! Vogelkieker-Gäste erleben Naturspektakel

Der „Vogelkieker“ ist eine Beobachtungsstation auf Rädern.

Der „Vogelkieker“ ist eine Beobachtungsstation auf Rädern. Foto: Christian C. Schmidt

Willkommen im Land der Wildgänse, Seeadler und Kiebitze: Viel zu beobachten gibt es auf einer Herbstfahrt mit dem „Vogelkieker“ durch die Nordkehdinger Elbmarsch.

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Von Sabine Lohmann
Dienstag, 04.11.2025, 12:50 Uhr

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Nordkehdingen. Langsam rollt der Doppeldecker-Bus in Freiburg am Deich in Richtung Elbe. Die Passagiere im oberen Deck halten den Atem an, während der naturkundige Fahrtleiter Dr. Egbert Höft leise ins Mikrofon spricht: „Etwa 1500 sibirische Nonnengänse sitzen neben uns auf der Weide, keine 100 Meter entfernt.“ Die Fahrgäste sind schon kurz nach dem Start beeindruckt.

Blick vom „Vogelkieker“ in die Weiten des Nordkehdinger Vogelschutzgebietes.

Blick vom „Vogelkieker“ in die Weiten des Nordkehdinger Vogelschutzgebietes. Foto: Christian C. Schmidt

Drei Stunden lang werden ihnen auf der Tour noch viele weitere Naturschauspiele im weiten Marschland und am Ufer der Elbe geboten. Landkreis-Sprecher Christian Schmidt berichtet von der Tour.

Stader Verein ermöglicht Naturerlebnisse

„Mit dem Vogelkieker ermöglichen wir seit über 20 Jahren Touristengruppen, Schulklassen und allen anderen Interessierten den Einblick in die sonst kaum zugängliche Welt der Vogelschutzgebiete am Elbstrom im Land Kehdingen“, erklärt Uwe Seggermann. Er ist Mitbegründer des Stader Naturerlebnis-Vereins und „Erfinder“ des „Vogelkieker“ und seiner Geschwister - der Moorerlebnis-Bahn „Moorkieker“ und des „Tidenkieker“, ein Schiff, von dem aus von April bis Oktober die Natur der Elbe erkundet werden kann.

Auch das ist vom „Vogelkieker“ aus zu sehen: Der Freiburger Hafen mit Börtebooten vor der Traditionswerft Hatecke.

Auch das ist vom „Vogelkieker“ aus zu sehen: Der Freiburger Hafen mit Börtebooten vor der Traditionswerft Hatecke. Foto: Christian C. Schmidt

Der „Vogelkieker“ hat zweimal im Jahr Saison: im Herbst von Oktober bis Ende November und im Frühjahr von März bis Ende Mai. Ferngläser für die bis zu 40 Fahrgäste, Vogel-Bestimmungstafeln, Vogelpräparate und Informationsmaterial stehen an Bord zur Verfügung.

Ein Schaf interessiert sich für den „Vogelkieker“ - im Hintergrund der Allwördener Außendeich mit Wildgänsen und die Elbe.

Ein Schaf interessiert sich für den „Vogelkieker“ - im Hintergrund der Allwördener Außendeich mit Wildgänsen und die Elbe. Foto: Christian C. Schmidt

Im Schritttempo fährt Busfahrer Marco Bolz das Fahrzeug über den schmalen Asphaltweg am Deich entlang durch die bis zum Horizont reichende grüne Marsch, auf deren Weiden robuste Rinder grasen. Fachbegleiter Dr. Egbert Höft erklärt die Besonderheit der Landschaft: „Die feuchten Wiesen und Weiden werden im Sinne des Naturschutzes bewirtschaftet. Die Rinder halten das Gras kurz, es bleibt aber genug für die Gänse übrig. Auch Kiebitz, Rotschenkel und Uferschnepfen fühlen sich hier wohl - besonders auch zur Brutzeit.“ Sie sind dann in großer Zahl und laut tirilierend bei den „Vogelkieker“-Touren im Frühjahr gut zu beobachten.

Weideland vor der Kulisse des Flecken Freiburg mit der St.-Wulphardi-Kirche - vom „Vogelkieker“ aus gesehen.

Weideland vor der Kulisse des Flecken Freiburg mit der St.-Wulphardi-Kirche - vom „Vogelkieker“ aus gesehen. Foto: Christian C. Schmidt

Die Form der vogelfreundlichen Landnutzung wird durch staatliche Zuschüsse ermöglicht. Auch ökologische Ausgleichsflächen, etwa für den Autobahnbau, sowie mit Landwirten vereinbarter Vertragsnaturschutz tragen dazu bei, dass sich das wilde Federvieh hier sommers wie winters wohlfühlt.

Von Pfeifenten, Nonnengänsen und Seeadlern

„Auf den Prielen schwimmen Enten, die beim Auffliegen laut pfeifen statt zu schnattern - deshalb heißen sie Pfeifenten“, erklärt der Ornithologe am Mikrofon. Die hübschen Vögel mit ihren weiß leuchtenden Flügelspiegeln kommen aus den Mooren Skandinaviens an die Elbe. Die meisten der bis zu 100.000 Nonnen- oder Weißwangengänse, die an einem Tag an der Unterelbe rasten, haben einen deutlich weiteren Weg hinter sich: Sie kommen größtenteils aus der sibirischen Arktis der russischen Region Nowaja Semlja nach Kehdingen.

Blick aus dem „Vogelkieker“ auf rastende Pfeifenten (vorne) und Kanadagänse.

Blick aus dem „Vogelkieker“ auf rastende Pfeifenten (vorne) und Kanadagänse. Foto: Christian C. Schmidt

Als der Bus an einer Gruppe von vielleicht 3000 Nonnengänsen in einiger Entfernung vorbeifährt, fliegen die Tiere mit lautem Geschrei verschreckt auf. Benachbarte Schwärme reagieren genauso. Der Grund für die Massenflucht ist allerdings nicht der „Vogelkieker“. Ein Seeadler-Weibchen mit einer Spannweite von deutlich über zwei Metern ist hinter einem Schilfgürtel aufgestiegen, hat einige der rastenden Gänse überflogen und in Panik versetzt. Gänse zählen zur Beute der Seeadler, und die Wächtergänse haben Alarm gegeben.

Ornithologe Dr. Egbert Höft zeigt den Tour-Gästen, was im Außendeich an der Elbe an Zugvögeln rastet.

Ornithologe Dr. Egbert Höft zeigt den Tour-Gästen, was im Außendeich an der Elbe an Zugvögeln rastet. Foto: Christian C. Schmidt

Schließlich hält der Bus, und Egbert Höft führt die Gäste zu einem Sielgebäude auf den Deich. Hier wird der Wasserstand der in den 1970er Jahren eingedeichten Marsch reguliert. Turmfalken umfliegen den Bau, an dem sie ihre Nester gebaut und im Frühjahr die Jungen großgezogen haben. Durch die Fernrohre können die Vogelkieker-Gäste jetzt das Land vor dem Elbdeich inspizieren.

Nonnengänse beobachten den „Vogelkieker“.

Nonnengänse beobachten den „Vogelkieker“. Foto: Christian C. Schmidt

Hunderte Kiebitze und nordische Goldregenpfeifer trippeln durch das Deichvorland. Auch sie sind auf Wanderschaft, aber solange es mild ist und genug Nahrung vorhanden, ziehen sie nicht weiter in Richtung Holland und sparen so Energie.

Von Turmfalken und Mäusebussarden

Bevor nach drei Stunden die Vogelkieker-Tour durch das weite Marschland endet, geht es zunächst noch vorbei an majestätischen Silberreihern. Kleinvögel wie Stare, Ammern und Feldlerchen begleiten den Bus. Auch sie dürfen sich nicht sicher fühlen, denn Greifvögel wie Sperber und Wanderfalken patrouillieren in der Marsch. Turmfalken, Mäusebussarde und ihre nordischen Verwandten, die Raufußbussarde, machen dagegen Jagd auf die Mäuseverwandtschaft - zur Freude der Deichverbände.

Die letzten öffentlichen „Vogelkieker“-Fahrten in dieser Saison starten an den Samstagen, 8. und 22. November, jeweils um 13 Uhr in der Freiburger Bahnhofstraße. Erwachsene zahlen 15 Euro, Kinder von 4 bis 16 Jahren 8 Euro. Tickets und weitere Infos sind in der Tourist-Information am Hafen in Stade, Hansestraße 16, unter 04141/ 776980 oder auf www.stade-tourismus.de erhältlich. (sal)

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