Studie belegt: Hamburger Mieten deutlich niedriger als gedacht

Viele Menschen in Deutschland sind mit ihren Wohnkosten überlastet.
Wohnen in Metropolen wie Hamburg gilt schon lange als stark überteuert. Nun hat hat eine neue Studie zu den Mietpreisen ergeben: Hamburg ist zwar teuer - aber tatsächlich günstiger als der Mietspiegel angibt.
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Von Markus Klemm, dpa
Sind Mietwohnungen in Hamburg tatsächlich viel günstiger als seit Jahren beklagt und ist damit auch das allgemeine Mietenproblem in der Hansestadt viel geringer? Eine am Donnerstag vorgestellte Untersuchung des Freiburger Center for Real Estate Studies (CRES) im Auftrag der Hamburger Wohnungswirtschaft legt genau das nahe.
So kommen CRES-Forscher Marco Wölfle und sein Team nach der Analyse von rund 237 000 Mietverträgen - das sind gut ein Drittel aller existierenden Hamburger Wohnungsmietverträge - zu dem Schluss, dass die tatsächliche durchschnittliche Nettokaltmiete in Hamburg im vergangenen Jahr bei 8,71 Euro pro Quadratmeter lag - und damit 58 Cent unter dem jüngsten Mietenspiegel von 2021.
Mietspiegel macht Mieterverein Hamburg stutzig
Doch damit nicht genug: Auch die Mietsteigerungen seien im Vergleich zur vorangegangenen Studie von 2019 mit 1,99 Prozent pro Jahr moderat ausgefallen und lägen unterhalb der allgemeinen Teuerungsrate von 4,1 Prozent pro Jahr. Der Mietenspiegel verzeichnet dagegen allein von 2019 bis 2021 einen Anstieg von 7,3 Prozent - was unter anderem den Mieterverein zu Hamburg stutzig macht.
„Eine erste Befassung mit der Studie legt nahe, dass - wie auch schon 2019 und in den Vorjahren - die erhobenen Daten nicht repräsentativ sind“, sagt der Vorsitzende des Mietervereins, Rolf Bosse. Zur Methodik der Datenerhebung habe er mehr als eine Frage. Und auch die Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft haben Zweifel.
Tatsächliche Mieten niedriger als vermutet
Dem widerspricht Wölfle: „Wir sprechen über die Mieten, die tatsächlich bezahlt werden.“ Und die lägen zwischen 5,09 und 14,02 Euro pro Quadratmeter, wobei 68 Prozent der Hamburger Mieterinnen und Mieter zwischen 6,90 und 10,52 pro Quadratmeter zahlten. Auch bei den Neuvermietungen lägen die tatsächlichen Angebote deutlich unter der öffentlichen Wahrnehmung, die vor allem von Internetportalen geprägt sei. So würden bei Neuvermietungen tatsächlich im Schnitt 8,94 Euro pro Quadratmeter kalt aufgerufen, in den Internetportalen seien es 13,91 Euro pro Quadratmeter.
Grund für die Diskrepanz von bis zu 89 Prozent zwischen den Studienergebnissen und den Portalangeboten sei, dass größere private Vermieter und Genossenschaften im Netz oft gar nicht aktiv seien. „Hamburger Neuvertragsmieten liegen daher erheblich unter den Spitzen, die in Portalen dargestellt werden“, heißt es in der Studie. Im Durchschnitt betrage der Unterschied 4,97 Euro pro Quadratmeter oder 56 Prozent. Insgesamt machten die Neuvermietungen aber auch nur zehn Prozent aller Mietverträge aus.
Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen wünscht sich „unaufgeregtere Diskussion“
Für den Vorsitzenden des Grundeigentümer-Verbands, Torsten Flomm, steht damit fest: „Wir haben (...) nachgewiesen, dass wir eine sehr moderate Mietenentwicklung haben.“ Der Vorsitzende des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen, Andreas Breitner, wiederum betonte: Ausgehend von dieser einzigartigen Studie, die den Weg von der gefühlten in die tatsächliche Lage weise, „wünsche ich mir einfach eine unaufgeregtere Diskussion“. Angesichts der Zahlen gebe es keinen Grund zur Panik.
Kommenden Montag wollen Bundesbauministerin Klara Geywitz, Bürgermeister Peter Tschentscher und Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (alle SPD) zusammen mit der Wohnungswirtschaft im Bündnis für das Wohnen über die Zukunft des Wohnens in der Hansestadt beraten. Die Studie sieht Senatorin Pein schon jetzt als eine Bestätigung des bisherigen Vorgehens. „Eine Durchschnittsmiete von 8,71 Euro pro Quadratmeter im Bestand ist ein Erfolg für Hamburgs Wohnungsbaupolitik.“ Sie freue sich „über das hervorragende Zeugnis unserer kooperativen Wohnungsbaupolitik“.
Auch Hamburgs Landesvorsitzender des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), Sönke Struck, zeigt sich zufrieden, warnt aber gleichzeitig: „Über eines müssen wir uns trotz allem im Klaren sein, Neubaumieten werden (...) auf dieser Ebene nicht stattfinden - und zukünftig noch weniger denn je, denn das Bauen ist letztendlich so teuer, dass man unterhalb von 16 Euro gar nicht damit rechnen kann, das wirtschaftlich darzustellen.“ (dpa)