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Einschaltquoten

TV-Zuschauer boykottieren DFB-Elf bei Fußball-WM in Katar

Public Viewing in einer Bar in Hamburg: Am Mittwochnachmittag herrschte gähnende Leere. Foto: dpa-Bildfunk

Public Viewing in einer Bar in Hamburg: Am Mittwochnachmittag herrschte gähnende Leere. Foto: dpa-Bildfunk

Das Quoten-Tief setzte sich auch beim ersten Deutschland-Spiel fort. Das 1:2 des DFB-Teams gegen Japan lockte nicht einmal zehn Millionen Zuschauer vor die Bildschirme. Uli Hoeneß sorgt sich.

Donnerstag, 24.11.2022, 10:40 Uhr

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Das erste Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der umstrittenen WM in Katar hat im Schnitt weniger als zehn Millionen Interessierte an die Fernseher gelockt. Bei der 1:2-Pleite gegen Japan am frühen Mittwochnachmittag hatten 9,230 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer die ARD eingeschaltet, wie die AGF Videoforschung am Donnerstag errechnete. Das ergab einen Marktanteil von 59,7 Prozent. 

Das Interesse ist deutlich geringer als bei der WM 2018 in Russland. Der Durchschnitt der Vorrunden-Spiele vor vier Jahren lag bei den ARD- und ZDF-Übertragungen bei über neun Millionen. 

Einschaltquoten bei Katar-WM deutlich hinter denen einer Sommer-WM

Bei der WM vor vier Jahren in Russland hatten das Erste und das ZDF in den drei Gruppenspielen des DFB-Teams im Schnitt jeweils mehr als 25 Millionen Menschen erreicht, die Marktanteile lagen zwischen 76,3 und 87,4 Prozent. 

Die anderen Spiele des Mittwochs ohne deutsche Beteiligung blieben jeweils deutlich unter der Fünf-Millionen-Grenze. Die Abendpartie Belgien gegen Kanada (1:0) kam nur auf 4,333 Zuschauerinnen und Zuschauern (16,8 Prozent). Das Spiel der beiden deutschen Gruppengegner Spanien und Costa Rica (7:0) blieb mit 3,890 Millionen Menschen (21,9 Prozent) sogar unter vier Millionen. 

Damit setzte sich der Negativ-Trend aus den ersten drei Tagen der umstrittenen WM in dem Wüsten-Staat fort. Am Sonntag, Montag und Dienstag hatte das ZDF aus Katar übertragen.

Quoten-Absturz: ZDF hofft Sonntag auf Besserung

Nach den Gründen wird gesucht. "Das können verschiedene sein – klar ist für mich die Erkenntnis, dass diese WM in der Form, zu dieser unüblichen Jahreszeit und mit den vielen anderen Begleitumständen in Deutschland einfach nicht so gut angenommen wird", sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky.

Für ZDF-WM-Teamchef Christoph Hamm wird der Sonntag entscheidend sein. Dann überträgt das Zweite Deutschland gegen Spanien um 20 Uhr. Für das DFB-Team geht es schon um alles oder nichts. "Dieser Fußball-Klassiker in der Primetime dürfte weiteren Aufschluss geben, wie dieses Turnier angenommen wird", sagte Hamm. 

Balkausky gibt sich bei Quoten-Vorhersagen ebenfalls vorsichtig. "Ich gehe nicht davon aus, dass es noch große Sprünge nach oben geben wird", sagte er. "Da dies aber sicherlich auch von einem Weiterkommen der deutschen Nationalmannschaft abhängt, sollten wir auch dies abwarten und uns mit Prognosen zurückhalten."  

Die FIFA brüstete sich am Donnerstag übrigens damit, dass «erste Zahlen» darauf hindeuten würden, dass die WM "so beliebt ist wie eh und je" sei. Verwiesen wurde auf starke Einschaltquoten beispielsweise in Brasilien und Ecuador. Die deutschen Zahlen wurden nicht erwähnt.

Hoeneß kritisiert Katar-WM: „Wird dem Fußball schaden“

Uli Hoeneß befürchtet durch die Weltmeisterschaft in Katar schon wenige Tage nach dem Start des Turniers einen negativen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des Fußballs. "Die WM, wie sie sich derzeit darstellt, wird auf jeden Fall kein Erfolg sein, das ist jetzt schon klar, und sie wird dem Fußball insgesamt auf jeden Fall schaden", sagte der Ehrenpräsident des FC Bayern "RTL Direkt" und dem "RTL Nachtjournal spezial". 

Hoeneß befürchtet vor allem, dass das geringe Interesse der Fans an dem Turnier in Katar dafür sorgen könnte, dass die Begeisterung für den Fußball insgesamt abnimmt. "Wenn sie die Einschaltquoten anschauen, wenn Sie die Begeisterung der Leute für diese WM sehen, ist der Schaden schon erkennbar", sagte der 70-Jährige. Die Einschaltquoten bei den Übertragungen des Turniers waren in den ersten Tagen deutlich geringer als vor vier Jahren bei der WM in Russland. Auch sind weniger Fans aus Deutschland beim Turnier dabei.

Nach Meinung von Hoeneß sind ein Boykott oder eine vorzeitige Abreise vom Turnier trotz der anhaltenden Kritik an Gastgeber Katar der falsche Weg. "Jahrelang hatte man Zeit genug, die Dinge anzusprechen und die entsprechende Macht auszuüben. Ich glaube, die europäischen Verbände haben überhaupt noch nicht erkannt, welche Macht sie wirklich haben", sagte er. Katar werden unter anderem Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. 

Frankreich: WM-Gegner schalten TV in Bars mit manipulierter Fernbedienung aus

Aus Protest gegen die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar schaltet eine Gruppe von Gegnern die Fernseher in Pariser Bars mit manipulierten Fernbedienungen aus. Der Zeitung «Le Parisien» zeigte die Gruppe, wie sie die kleinen Sender mit der Bezeichnung "TV-B-Gone" montiert. Diese ermöglichen es auf eine Entfernung von bis zu 45 Metern, die Fernseher unterschiedlichster Marken schwarz zu schalten. Mit der Kamera begleitete die Zeitung einen der Aktivisten in ein Lokal, wo dann plötzlich - sehr zum lautstarken Unmut der Fans - der Fernseher ausging.

"Die Idee ist nicht, politische Entscheidungen auf dem Rücken der Fans auszutragen oder sie zu ärgern", sagte Dan Geiselhart, der den Treff zum Montieren der Fernbedienungen mit einem Hacker zusammen angestoßen hat. "Vielmehr geht es darum, ein Zeichen zu setzen und zu sagen, dass man den Fußball lieben kann, aber auch sagen kann, dass bei dieser Weltmeisterschaft einige Dinge nicht in Ordnung sind." (dpa)

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