Todesflieger von Airbus landet erneut vor Gericht – Angehörige empört

Im Atlantischen Ozean schwimmen Trümmerteile.
Fast 14 Jahre ist es her, dass eine Air-France-Maschine zwischen Rio und Paris in den Atlantik stürzte und 228 Menschen in den Tod riss. Nach jahrelangem Rechtsstreit erschüttert ein Urteil die Hinterbliebenen.
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Nach dem Absturz einer Air-France-Maschine zwischen Rio de Janeiro und Paris mit 228 Toten geht die Generalstaatsanwaltschaft in Paris gegen den Freispruch der Airline und des Herstellers Airbus in Berufung. Der Fall solle von einer zweiten Instanz erneut geprüft werden, teilte die Anklagebehörde am Donnerstag mit.
Knapp 14 Jahre nach dem Absturz hatte ein Pariser Gericht Air France und Airbus kürzlich vom Verdacht der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Die Konzerne hätten zwar teils nachlässig oder unvorsichtig gehandelt, doch ein eindeutiger Kausalzusammenhang zum Unglück lasse sich nicht herstellen, hieß es.
Der Air-France-Flug AF 447 war am 1. Juni 2009 auf dem Weg von Rio in die französische Hauptstadt verschwunden. Der Airbus vom Typ A330 stürzte in den Atlantik. 228 Menschen starben, darunter 28 Deutsche. Lange war die Ursache unklar. Erst im Mai 2011 wurden die letzten Leichen und der Flugdatenschreiber geborgen.
Anklage legt Berufung gegen Freisprüche nach Todesflug Rio-Paris ein
Die Unternehmen hatten die Verantwortung für den Absturz von sich gewiesen und einen Freispruch gefordert. Auch die Anklage hatte in ihrem Schlussplädoyer gesagt, keine Verurteilung fordern zu können. Nun aber erklärte die Generalstaatsanwaltschaft, alle vorgesehenen Rechtsmittel müssten ausgeschöpft werden. Bei den Angehörigen der Opfer waren die Freisprüche auf Empörung gestoßen.

Alain Jakubowicz (M), ein Anwalt der Vereinigung «AF447 Help and Solidarity», spricht nach dem Urteilsspruch vor dem Gerichtssaal in Paris zu Journalisten.
Die juristische Aufarbeitung des Unglücks könnte sich nun weiter in die Länge ziehen. 2019 wiesen Ermittlungsrichter ein Verfahren zunächst ab. 2021 entschied ein Berufungsgericht anders und ordnete den Prozess gegen Airbus und Air France an.
Wie das Gericht den Freispruch für Airbus begründet
n dem recht technischen Verfahren ging es um die Frage, ob Air France seine Piloten besser hätte ausbilden und auf Extremsituationen vorbereiten können. Airbus wurde in der Anklage vorgehalten, die Folgen eines Ausfalls der für die Geschwindigkeitsmessung zuständigen Pilot-Sonden unterschätzt zu haben. Die Sonden waren bei dem Unglücksflug eingefroren. Ein Expertengutachten hatte 2012 geurteilt, die Crew sei danach mit der eigentlich beherrschbaren Lage überfordert gewesen. Airbus und Air France wiesen die Verantwortung für den Absturz zurück und forderten Freispruch.
Das Gericht stellte nun fest, dass die beiden Unternehmen nachlässig oder unvorsichtig gehandelt hätten. Vorfälle mit den Sonden seien von Airbus etwa nicht ausreichend nachverfolgt worden, Informationen seien zurückgehalten worden. Air France hätte seine Piloten besser auf Probleme mit den Sonden hinweisen können. Doch weil nicht eindeutig festgestellt werden könne, dass die Verfehlungen zu dem Absturz führten, hätten diese strafrechtlich keine Relevanz.
Gleichwohl stellte Richterin Daunis fest, dass die Konzerne durch ihr Vorgehen die Chancen minimiert hätten, den Unfall zu verhindern. In einer zivilrechtlichen Anhörung im September soll geklärt werden, ob und wie viel Schadenersatz Hinterbliebene deshalb bekommen sollen. Die freigesprochenen Unternehmen reagierten zurückhaltend auf das Urteil und sprachen den Angehörigen ihr Mitgefühl aus. (dpa)