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Hochbahn

Warnstreik bei Hamburger U-Bahn und Hochbahn-Bussen beendet

Eine U-Bahn fährt am frühen Morgen in den Bahnhof Schlump ein. Nach dem Warnstreik der Hamburger Hochbahn-Beschäftigten läuft der Verkehr mit Bussen und U-Bahn wieder. Foto: Christian Charisius/dpa

Eine U-Bahn fährt am frühen Morgen in den Bahnhof Schlump ein. Nach dem Warnstreik der Hamburger Hochbahn-Beschäftigten läuft der Verkehr mit Bussen und U-Bahn wieder. Foto: Christian Charisius/dpa

Die U-Bahnen und Hochbahn-Busse sind nach einen eintägigen Totalausfall nun wieder unterwegs. Eine Erleichterung vor allem in morgendlichen Berufsverkehr.

Donnerstag, 02.02.2023, 08:30 Uhr

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Letztes Update am Donnerstag, 8.40 Uhr.

Von Markus Klemm und Birgitta von Gyldenfeldt

Nach 24 Stunden Stillstand wegen eines Warnstreiks rollen Hamburgs U-Bahnen und Hochbahn-Busse wieder. Der Betrieb der U-Bahnen und der meisten Busse lief am Donnerstag laut der HVV-App um 3.00 Uhr wieder an. Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum hatte zuvor erklärt, dass es bis 6.00 Uhr noch zu vereinzelten Fahrtausfällen im Busbereich kommen könne.

Totalausfall ab Mittwochmorgen

Ab 3 Uhr am Mittwochmorgen ging nichts mehr. Alle Hamburger U-Bahnen in Hamburg blieben in den Depots, die Hochbahn-Busse in den Betriebshöfen. Die Gewerkschaft Verdi hatte die rund 6000 Beschäftigten des größten Unternehmens im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) zu einem 24-stündigen Warnstreik aufgerufen - und war damit so erfolgreich, dass die Hochbahn bereits am Vortag die Segel gestrichen hatte und gar nicht erst versuchte, über einen Ersatzverkehr oder Notfahrplan noch zu retten, was zu retten ist. Das Ergebnis: Die Fahrgäste - an Werktagen rund eine Million - mussten am Mittwoch selbst sehen, wie sie alternativ an ihr Ziel kamen.

Viele wechselten soweit möglich auf die noch fahrenden S-Bahnen, die in Hamburg verkehrenden Busse der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) oder Taxis. Der Anbieter Free Now etwa buhlte am frühen Morgen über seine App mit einem Rabatt von bis zu vier Euro um Gestrandete. Aber auch der Sammeltaxi-Anbieter Moia zählte zu den Krisengewinnlern. „Aufgrund des heutigen Streiks der Hamburger Hochbahn ist bei uns gerade viel los. Wir geben unser Bestes, jeden Fahrtwunsch zu erfüllen und die Wartezeiten so kurz wie möglich zu halten“, twitterte Moia am Mittwochvormittag. Etliche dürften aber auch einfach wieder nach Hause ins Homeoffice gegangen sein.

Pendler-Chaos auf Straßen rund um Hamburg bleibt aus

Das befürchtete Chaos auf den Straßen blieb aus. Am frühen Morgen lief nach Polizeiangaben zunächst alles wie gewohnt. Im Laufe des Morgens nahm der Verkehr zwar dann doch zu. „Die Verkehrslage ist etwas dichter, insbesondere auf den Einfallstraßen“, sagte ein Sprecher der Verkehrsleitzentrale. Staus gebe es aber nicht. Ob nur der Warnstreik oder auch die Wetterlage mit Sturm und viel Regen mitverantwortlich für das vermehrte Verkehrsaufkommen auf den Straßen sei, wisse er nicht. Auch am Abend hieß es aus der Verkehrsleitstelle: „Das verteilt sich“.

Die Suche nach alternativen Transportwegen nahm an diesem Tag aber durchaus auch skurrile Züge an. So twitterten etwa die Bücherhallen Hamburg schon fast verzweifelt von „dramatische Szenen an unseren Bücherbus-Haltstellen“. Denn statt Bücher auszuleihen, versuchten Gestrandete ihren Transportweg über den Bücherbus zu organisieren. „Leider können wir aber keine Fahrgäste mitnehmen.“

Tarifkonflikt: Verdi fordert mehr Gehalt

Verdi-Gewerkschaftssekretärin Magdalene Waldeck zeigte sich hingegen hoch zufrieden vom Verlauf des Warnstreiks. „Die Resonanz ist wirklich super“, sagt sie. Verdi will mit dem Ausstand den Druck auf den Arbeitgeber für die dritte Tarifverhandlungsrunde am Donnerstag erhöhen. Die Gewerkschaft fordert für die Beschäftigten bei einer zwölfmonatigen Tariflaufzeit monatlich 600 Euro mehr Lohn. Zudem sollen Auszubildende monatlich zusätzlich 258 Euro und ein kostenloses Profiticket für den öffentlichen Nahverkehr erhalten.

Die Hochbahn bietet bislang bei einer Laufzeit von 21 Monaten eine Erhöhung der Tarifentgelte rückwirkend zum 1. Januar um 4,5 Prozent, mindestens aber um 150 Euro an. Eine weitere Anhebung um 130 Euro sollte es ab dem 1. Januar 2024 geben, zudem eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro.

Dass die Hochbahn so schnell alle Zügel habe fahren lassen und den Bahn- und Busbetrieb am Mittwoch gar nicht erst aufgenommen habe, ist für Waldeck leicht erklärbar. Da Gewerkschafter in dem Unternehmen einen Zuschlag erhielten, sei der Geschäftsführung bekannt, wie hoch der Organisationsgrad unter den Bus- und U-Bahnfahrerinnen und -fahrern sei. Entsprechend hätten sich die Chefs an einer Hand abgezählt, wie erfolgreich ein Notfahrplan oder Ersatzverkehr wohl gewesen wäre. Waldeck teilt aber deren Einschätzung, dass ein solches Mittel auch nicht sinnvoll gewesen wäre - hatte die Hochbahn doch erklärt: „Damit verbunden wäre ein hohes Sicherheitsrisiko, wenn sich Fahrgäste mit der Hoffnung auf ein vermeintliches Verkehrsangebot in zu volle Fahrzeuge oder auf Bahnsteigen drängeln.“

Wie U-Bahn-Kioske unter dem Streik leiden

Definitiv Verluste erlitten quasi als Kollateralschaden die sonst viel frequentierten Kioske in den nun verwaisten U-Bahnhöfen, etwa jener vor Angelique Anders an der U-Bahn-Station Lattenkamp. Sie sagte dem „Hamburger Abendblatt“ am Morgen, sie habe bereits knapp 1000 Euro Umsatz eingebüßt. In den drei Stunden seit der Öffnung um 6 Uhr habe sie erst zwei Kannen Kaffee aufgesetzt, sonst „läuft jetzt schon Nummer sechs durch“, sagt sie.

Und auch etliche Jugendliche dürften auf dem Weg zur Schule genervt von Umsteige-Odysseen oder alternativ langen Fahrradwegen gewesen sein, erst recht wenn sie merkten, dass sie auch hätten zuhause bleiben können. Denn dies hatte die Schulbehörde (BSB) erlaubt, die Entscheidung aber erst am späten Dienstagabend um 23.30 Uhr via Twitter verbreitet - und auf demselben Kanal entsprechende Reaktionen geerntet: „Familien brauchen auch etwas Planungssicherheit. Und die Schulen übrigens auch. Setzen 6, liebe BSB.“ (dpa)

Die Gewerkschaft Verdi verlangt für die rund 6000 Hochbahn-Beschäftigten monatlich 600 Euro mehr Lohn. Foto: dpa

Die Gewerkschaft Verdi verlangt für die rund 6000 Hochbahn-Beschäftigten monatlich 600 Euro mehr Lohn. Foto: dpa

Verwaiste Bahnsteige: Die Hochbahn geht davon aus, am Mittwochmorgen gar nicht erst den Betrieb auf den U-Bahnstrecken zu starten. Archivbild: dpa

Verwaiste Bahnsteige: Die Hochbahn geht davon aus, am Mittwochmorgen gar nicht erst den Betrieb auf den U-Bahnstrecken zu starten. Archivbild: dpa

In Hamburg sollen am Mittwoch 24 Stunden lang keine U-Bahnen fahren. Foto: dpa

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