Rüstungsindustrie im Norden mit Allzeit-Hoch

Die Rüstungsbranche in Schleswig-Holstein beschäftigt so viele Menschen wie nie zuvor. (Symbolbild) Foto: Axel Heimken/dpa
Die Rüstungsindustrie in Schleswig-Holstein rechnet in Teilen mit Umsatzzuwächsen. Was das für die Zahl der Jobs bedeutet.
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Kiel. In Schleswig-Holsteins Rüstungsindustrie herrscht weiter große Dynamik. „Die zahlreichen globalen Konflikte, insbesondere der Krieg in der Ukraine und die erratische Politik des US-Präsidenten Trump, bestimmen im Augenblick die wirtschaftliche Situation der Rüstungsindustrie in Schleswig-Holstein“, sagte der Vorsitzende des Arbeitskreises Wehrtechnik, Dieter Hanel, bei der Vorstellung seines Jahresberichts. Die wachsende Bedrohung im Ostseeraum durch Russlands Aufrüstung sowie die zunehmenden Spannungen in Asien durch das militärische Erstarken Chinas bestimmten auch die Wehrtechnik im Norden.
Die Branche beschäftigte in Schleswig-Holstein zuletzt so viele Menschen wie nie zuvor. 8.903 Beschäftigte im Jahr 2024 seien ein Allzeit-Hoch gewesen, sagte Hanel. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor meldete die Branche 8.346 Beschäftigte. Das entspricht einem Zuwachs um 6,4 Prozent.
Im Vergleich zu 2015 bedeutet das sogar einen Stellenzuwachs um fast 50 Prozent. Als Grund nannte Hanel neben den umfangreichen Unterstützungsleistungen für die Ukraine den gestiegenen Ausrüstungsbedarf der Bundeswehr.
Millionen Euro Investitionen in eigene Infrastruktur
Die Branche setzt im Norden jährlich rund zwei Milliarden Euro um. „Die schleswig-holsteinische Wehrtechnikindustrie hat besondere Bedeutung in Kiel und die Unterstützungsleistungen für die Ukraine sind weiterhin sehr umfangreich“, sagte Hanel. Derzeit investiere die Branche sehr stark in die eigene Infrastruktur. Als Beispiel nannte der Verband 75 Millionen Euro Investitionen für ein drittes Werk des Flensburger Rüstungsunternehmens FFG.
Hanel verwies auf die geplante Steigerung der Verteidigungsausgaben. Die Nato-Staaten beschlossen im Sommer, spätestens ab 2035 jährlich fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung und Sicherheit zu investieren. Deutschland will das Ziel schon 2029 erreichen.

Die positive Entwicklung betrifft auch den U-Boot-Bau. (Symbolbild) Foto: Marcus Brandt/dpa
„Es gilt jetzt, die Ausrüstungslücken der blanken Bundeswehr zu beseitigen“, sagte Hanel. Die notwendigen Finanzmittel sowie die erforderlichen infrastrukturellen und personellen Ressourcen müssten bereitgestellt werden. Unternehmen bräuchten Planungssicherheit. „Es gilt, ausufernde Kostensteigerungen und Lieferterminverzögerungen zukünftig zu vermeiden und die Zeitabläufe erheblich zu verkürzen.“
Ausblick
Die Geschäftsentwicklung der 38 Wehrtechnik-Unternehmen in Schleswig-Holstein sei von außerordentlicher Dynamik gekennzeichnet, sagte Hanel. Die Branche leiste einen bedeutenden Beitrag zur Ausrüstung der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte. „Sie hat für den Industriestandort Schleswig-Holstein eine hohe wirtschaftliche und technologische Bedeutung.“
Laut einer Blitzumfrage des Arbeitskreises - an der sich 23 Unternehmen aus der Rüstungsindustrie mit 6.942 Beschäftigten beteiligten - schätzten 13 Betriebe mit knapp 90 Prozent der insgesamt erfassten Mitarbeitenden die gegenwärtige Situation als besser ein als vor Jahresfrist. Zehn vor allem mittlere und kleinere Unternehmen bewerteten ihre Lage dagegen als gleich oder schlechter. 17 Unternehmen rechnen mit einem Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr.
Fünf Firmen berichteten von umfangreichen Unterstützungsleistungen für die Ukraine, sieben weitere Unternehmen von geringeren. Für die meisten mittleren und kleineren Unternehmen sind Hilfsleistungen für die Ukraine dagegen nicht relevant.
Vom 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen für die Bundeswehr und der Erhöhung der Verteidigungsausgaben erwarten 15 Unternehmen im Norden starke Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf. In acht mittleren und kleineren Unternehmen werden geringe bis keine Auswirkungen erwartet.