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24-Stunden-Reportage: Der Sommer auf Krautsand

Links: Ach, wie schön ist das Bad im Schlick: Mats genießt es ausgiebig. Rechts: Entschleunigt gerne beim Pötte-Gucken: Sylvia van Lier mit Bearded Collie Paul. Fotos: Helfferich

Links: Ach, wie schön ist das Bad im Schlick: Mats genießt es ausgiebig. Rechts: Entschleunigt gerne beim Pötte-Gucken: Sylvia van Lier mit Bearded Collie Paul. Fotos: Helfferich

Endlich Sommer, die Temperaturen locken Menschen ans Wasser. Auf Krautsand tummeln sich Familien, Radtouristen und Hundehalter. Sie eint ihr Faible für die Elbhalbinsel mit ihrem vier Kilometer langen Sandstrand.

Von Susanne Helfferich Donnerstag, 20.07.2017, 13:00 Uhr

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Die Sonne scheint. Endlich. Der Elbstrand zeigt sein fröhliches Gesicht: Flirrender Sand mit bunten Tupfen, dekorativ gesetzt von Sonnenschirmen und Strandmuscheln. Ein polyphoner Stimmenteppich untermalt das Sommergefühl. Irgendwo murmelt ein Schiffsmotor. Ein vager Duft von Currywurst und Sonnencreme huscht vorbei.

Rückkehr an den Ort der Kindheit: Sebastian Lübke macht mit Frau Sabrina und Sohn Jakob Urlaub in der Ferienwohnung der Familie.

Sommer auf Krautsand. Rechts die Familien, links die Hundehalter. So ist die Kernzone des vier Kilometer langen Sandstrandes aufgeteilt. Dazwischen der Anleger, an dem zu früheren Zeiten die Ausflugsschiffe aus Hamburg festmachten. Aus der ersten Strandmuschel rechts lugen zwei Paare noch etwas bleicher Beine hervor, neben dem gelb-blauen Kipplaster davor hockt ein kleiner Junge und lässt stoisch Sand aus seiner Schaufel rieseln. Jakob heißt er. Er und seine Eltern Sabrina und Sebastian Lübke kommen aus der Nähe von Dortmund. Was sie nach Krautsand führt? Die Ferienwohnung der Familie, erzählt Sebastian Lübke. Der Großvater hatte die Wohnung in Drochtersen vor vielen Jahren gekauft. „Schon als Kind fand ich es schön, hier Urlaub zu machen.“ Sabrina Lübke sagt: „Hier ist es viel entspannter Urlaub zu machen als an den Ostsee- oder Nordseestränden. Da liegen sie ja wie die Heringe nebeneinander.“ Diese Beschaulichkeit auf Krautsand sei gerade mit Kind sehr angenehm. Und mit seinen zwei Jahren sei Jakob auch noch nicht besonders anspruchsvoll. Doch einen Wunsch hat er: „Muscheln suchen“, fordert er und nimmt seinen Eimer.

Die Ausbeute wird nicht üppig ausfallen. Anke Meyer und Dajana Beiche haben mit ihren Kindern die Suche bereits abgebrochen. Eine einzelne zehn Cent große lachsfarbene Muschel hält Anke Meyer in der Hand. „Und das war wohl ein Zufallsfund“, stellt sie nüchtern fest. Lasse, Linus und Alina ficht das nicht an. Sie sind glücklich, haben Wasser, Sand und Strandspielzeug. „Wir sind am Meer“, freut sich Alina. Zu einem Tagesausflug hatten sich die Freundinnen mit ihren Kindern aus Rotenburg auf den Weg gemacht. Morgens der Zoo in der Wingst, nachmittags sollte es ans Wasser. Bei Google maps fanden sie dann Krautsand. Es sei Strandgefühl pur. „Es muss nicht immer Nordsee sein“, sagt Dajana Beiche.

Auf der anderen Seite des Anlegers ist Caroline Uedemann aus Bremen damit beschäftigt, entweder ihre beiden Hunde oder die zwei Kinder zu bändigen. „Ich sondiere noch die Lage, wir sind gerade erst angekommen.“ Während die Boxer-Hündin und der englische Bulldogge-Rüde im Wasser toben, turnen Bennet und Mats auf den Befestigungssteinen des Anlegers herum. „Es ist nicht leicht, einen Urlaubsort zu finden, wo man mit Kindern und Hunden unterkommt, besonders mit so großen Hunden“, erzählt die Bremerin.

Es ist Niedrigwasser. Der Schlick quillt zwischen den Zehen hervor und überzieht die Füße mit brauner Kuvertüre. Mats findet den Schlick klasse und greift mit beiden Händen in die Masse. „Gibt es hier irgendwo eine Dusche?“, fragt die Mutter.

Völlig entspannt sitzt nur 100 Meter weiter Sylvia van Lier mit Bearded Collie Paul. Seit fünf Monaten lebt die Schwäbin in Hammah. „Ein Paradigmenwechsel mit der Rente“, sagt sie. „Norddeutschland hat uns schon immer gefallen.“ Der Sohn lebt in Hamburg. „Ich mag die Weite, das Wasser und die norddeutsche Gelassenheit.“ Was sie an Krautsand liebt? „Es ist so urig hier, und man muss keine Strandgebühren zahlen“, sagt sie. Und noch etwas: „Das Pötte gucken, das entschleunigt.“

Nicht ganz so entschleunigt sind Patricia Willomat und ihr Team von der Strandzeit. Die Mannschaft des Bistros hat gut zu tun. Um die 60 Currywürste sind schon raus. Aber auch diverse Burger. „Das ist ein richtig guter Tag“, freut sich Willomat. Currywurst mit Pommes haben auch Gisela und Gerhard Klemp aus Stade gegessen. Sie sitzen gemeinsam mit Maria und Kerstin an einem der Tische auf der Terrasse. Eine Zufallsbekanntschaft. Es war gerade Platz und von dort hat man den besten Blick auf die Elbe. „Zwei-, dreimal die Woche machen wir eine Radtour von Stade aus“, erzählt Gisela Klemp. Heute nach Krautsand: Am Deich hin, durchs Moor zurück. „Aber ich finde es nicht mehr so idyllisch wie früher mit den kleinen Buden“, sagt Gerhard Klemp, „das ist mir jetzt zu kommerziell.“

Zufallsbekanntschaft auf der Strandzeit-Terrasse: Maria (rechts vorne) und Kerstin aus Franken treffen Gisela und Gerhard Klemp aus Stade.

Da können Kerstin und Maria nicht mitreden. Sie sind das erste Mal auf Krautsand. „Wir haben im Elberadführer nachgesehen und Krautsand mit dem Sandstrand entdeckt“, erzählt Maria, die mit Nachnamen Greco heißt, aber Italienerin ist. Wunderschön sei es. „Aber leider haben wir keine Badesachen dabei“, bedauert Kerstin. Auch sie sind mit den Rädern unterwegs. Toll sei es in Norddeutschland, „aber der Wind! Da haben wir schon geflucht.“ An diesem Nachmittag wird er sie nicht ärgern, er weht nicht. Es ist Sommer. Endlich.

Für die Serie „24 Stunden: Reportagen rund um die Uhr“ verbringen TAGEBLATT-Redakteure je eine Stunde an einem Ort in der Region. Start und Ende der Serie ist 0 Uhr, was 24 Stunden und damit 24 Serienteile ergibt. Und das sind die Folgen:

24-Stunden-Reportage: Der Sommer auf Krautsand

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