Altländer setzen mit alkoholfreiem Apfelsecco auf Abstinenz

Marco Bartels von Bio-Münch hält den Apfelsecco in seinen Händen – alkoholfrei. Foto: Vasel
Obstbauern an der Niederelbe setzen bei der Vermarktung ihrer Äpfel auf eine Mehrwert-Strategie: So wird das (Tafel-)Obst veredelt. Der Bio-Obstbaubetrieb Münch aus Hollern/Neuenfelde setzt auf einen alkoholfreien Apfelsecco.
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Damit folgen auch die Altländer einem Trend. „Es wird, das ist auch meine Beobachtung, weniger Alkohol getrunken“, sagt Marco Bartels von Bio-Obst Münch aus Neuenfelde. Frauen stiegen während der Schwangerschaft und der Stillzeit auf Alkoholfreies um. Doch Wein und Sekt ohne Alkohol schmecke oft nicht, es fehle einfach das „Aha-Erlebnis“. Und so reifte bei den Altländern die Idee, mit ihren Äpfeln und einer Kelterei bei Uelzen einen eigenen Apfelsecco auf den Markt zu bringen.
Alkoholkonsum geht seit Jahren zurück
Im Oktober 2021 starteten die Öko-Pioniere die Vermarktung ihres alkoholfreien Apfelseccos. Sein Schwiegervater Claus-Peter Münch gehörte zu den ersten Bio-Obstbauern im Alten Land, seit 40 Jahren ist der Bioland und Demeter zertifizierte Betrieb am Markt. In Hollern bewirtschaftet die Familie mehr als 125 Hektar ökologisch – und baut Äpfel, Birnen und Zwetschen an. In Neuenfelde betreibt die Familie, gemeinsam mit dem „Obsthof zum Felde – Öko-Obstbau“ aus Jork, das Packhaus-Unternehmen „Bio Obst Hamburg“ am Domänenweg. Jeder zweite deutsche Bio-Apfel wird mittlerweile an der Niederelbe produziert. Der Öko-Anteil an der Fläche beträgt bereits 19 Prozent (Tonnage: 12 Prozent). Rund 70 Prozent der Bio-Ernte sind Tafeläpfel, 30 Prozent werden zu Saft, Mus, Chips und anderen Produkten weiterverarbeitet, der Bund ökologische Landwirtschaft (BÖLW) wirbt für den Ausbau der Verarbeitung – auch, um einen Mehrwert zu erzielen.
Zahlen des Statistischen Bundesamts stützen die Beobachtung von Marco Bartels, dass der Alkoholverbrauch seit Jahren zurückgeht. Der Absatz von Apfelwein, Fruchtwein, Cider sowie anderen apfel- und fruchtweinbasierten Getränken wuchs (vor Corona). Und: Der Marktanteil von entalkoholisiertem Sekt liegt bei fünf Prozent, Tendenz steigend. Kurzum: Es gibt eine wachsende Nachfrage nach Apfelsecco, das zeigt sich in den Hofläden im Alten Land. Der Anteil weiblicher Konsumenten liegt beim Alkoholfreien – laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Nielsen – bei zwei Drittel.
Drei Apfelsorte sichern den Geschmack
Nicht jede Apfelsorte passe, wichtig sei bei einem Secco laut Marco Bartels ein ausgewogenes Süße-Säure-Verhältnis. Deshalb setzen sie auf Elstar, Holsteiner Cox und Boskoop. Diese Sorten sichern die Apfelsecco-Note. Der Geschmack wird jedes Jahr aromamäßig etwas variieren, der Apfelsecco ist schließlich ein Produkt der Natur. In der 0,75-Liter-Flasche steckten ein Kilogramm Äpfel. Der Apfelsaft wird mit einer feinperligen Kohlensäure versetzt. In diesem Monat folge ein Apfelsecco mit Alkohol – im Behördendeutsch Apfel-Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure. Von ihrem Bio-Apfelbrand „Apfler“ lassen die Münchs gerade die zweite Charge brennen. In einem Liter stecken bei dem Hochprozentigen übrigens 16 Kilogramm Äpfel.
Der Demeter-Apfelsecco sei bereits in fast allen Lebensmittel- und Bio-Märkten in der Region gelistet. Er besteht zu 99,6 Prozent aus Apfelsaft, der Rest ist Kohlensäure. Es werden keine Geschmacksstoffe zugesetzt. „Apfel pur“, heißt ihre Devise.

Apfelsecco und Apfler in der Kiste. Foto: Bio Münch
Getränkesegment als zusätzliches Standbein
Mit der ersten Abfüllung im Oktober 2021 startete die Vermarktung pünktlich zum Weihnachts- und Feiertagsgeschäft. Die erste Verkaufsstelle für die neuen Produkte ist immer „Heimatleev“ in Hollern-Twielenfleth. Inhaberin Claudia Börger arbeitet bei Bio-Münch, sie begleitet und gestaltet die Produktentwicklung. In ihrem Laden – hier legen in der Saison viele Touristen und Ausflügler einen Stopp ein – bekommen regionale Produkte (nicht nur von Münch) erstes Kundenfeedback. Jetzt setzen sie auf den Sommer. Schließlich sei, sagt Bartels, ein kühler Apfelsecco auch ein idealer Aperitif für laue Sommerabende. Bei einer Trinktemperatur von 8 bis 10 Grad Celsius entfalte sich das Aroma am besten.
Die Altländer Bio-Erzeuger hoffen, dass sie – wie seit 40 Jahren mit ihrem Tafelobst – in ganz Deutschland einen Markt für den spritzig-fruchtigen Apfelsecco erschließen können. Das Getränkesegment sei ein zusätzliches Standbein. Mit den Alkoholhaltigen wollen sie auch genussfreudige Nicht-Abstinenzler gewinnen.

Blick in die Abfüllung des alkoholfreien Bio-Apfelseccos , der Saft wird mit feinperliger Kohlensäure versetzt.