Amok-Drama: Mörder lockt Opfer mit Trick aus der Wohnung
Amokläufer Rüdiger Schulte. Foto: Bild-Zeitung
Amokläufer Rüdiger Schulte hat seine Taten im Jahr 2005 offenbar geplant. Nach ihrem neuesten Ermittlungsstand geht die Polizei von einer klaren Tötungsabsicht aus. Das habe die Vernehmungen der verletzten Zeugen ergeben.
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Die aktuellen Schilderungen lassen das Verbrechen von der Nacht zum Dienstag noch dramatischer erscheinen. Mit einem Trick habe Schulte sein erstes Opfer gegen 22.45 Uhr vor die Tür gelockt. Er habe ihr – nicht zum ersten Mal – Blumen vor die Tür gelegt und das per SMS mitgeteilt, obwohl die Beziehung seit Anfang das Jahres beendet war, so die Polizei. Als seine Ex-Freundin Jennifer P. (34) die Tür öffnete, sei Schulte aus einer Ecke hervorgesprungen und habe sie sofort mit einer Waffe bedroht. Er habe sie so in seinen VW-Golf gezwungen und sei zu seiner Wohnung in der Stader Altstadt gefahren. Während der Parkplatzsuche habe Jennifer P. flüchten können. Sie schrie in Panik um Hilfe, drei Passanten – ein 22-Jähriger und ein Ehepaar (beide 36) – eilten hinzu, um zu schlichten, so die Schilderung der Polizei. Es sei zu einem heftigen Handgemenge gekommen, in dem der Kopf von Jennifer P. auf das Kopfsteinpflaster gestoßen sei.
Schulte konnte sich offenbar aus dem Knäuel befreien und seine Pistole ziehen. Er habe mehrfach gezielt auf seine Ex-Freundin geschossen. Die Polizei ist sich sicher: Hätten die Passanten nicht beherzt eingegriffen, wäre die 34-Jährige getötet worden. Die Polizei spricht von einem löblichen Engagement der Helfer, tragisch sei, dass sie dabei selbst schwere Verletzungen erlitten hätten.
Amokläufer trifft auf Ex-Freundin
Insgesamt feuerte Schulte nach Kenntnis der Ermittler sechs Mal in der Salzstraße auf seine Opfer. Jennifer P. habe vier Verletzungen, vermutlich von drei Kugeln, aufgewiesen. Schulte setzte seinen Amoklauf fort, ließ die Verletzten liegen und muss wie von Sinnen in den Streuheidenweg gerast sein. Dort traf er – und das ist besonders tragisch – wohl zufällig auf seine Ex-Freundin Iris P. (36), die mit einer Bekannten auf der Straße stand. Er soll gesagt haben: „Ich möchte mit ihr allein sprechen.“ Als die Freundin des Opfers zur Seite trat fielen drei oder vier Schüsse – gezielt auf Iris P.. Eine Kugel traf sie tödlich im Kopf. Mit seinem letzten Schuss richtete sich der Täter selbst. Woher die Waffe stammt, die Schulte illegal in Besitz hatte, prüft die Polizei. Gleiches gilt für die Munition. Der Todesschütze muss das Magazin einmal gewechselt haben.
Bereits im Herbst 2001 ist Schulte bei der Polizei aktenkundig geworden. Iris P. hatte Anzeige gegen ihn erstattet wegen Sachbeschädigung an ihrem Auto. Dabei habe sie auch von Belästigungen berichtet, heißt es in dem alten Polizeibericht. Schulte hätte mehrfach angerufen, Briefe geschrieben und ihre Wohnung aufgesucht. Außerdem habe er ihr den Wohnungsschlüssel und den Ausweis gestohlen. Seitdem, so die Polizei, gebe es keine weiteren Eintragungen, die auf „Stalking“ hinweisen könnten.
Die todkranke, zehnjährige Tochter von Iris P. ist in der Zwischenzeit in das Kinderhospiz Sternenbrücke nach Hamburg gebracht worden. Die Vormundschaft soll der Schwager von Iris P. übernommen haben.