Der Kampf um die Krokette

US-Riese McCain verkauft die Smiley-Krokette. Foto: Julian Stratenschulte/dpa
US-Konzern gegen Tiefkühlbetrieb aus der niedersächsischen Provinz: Es geht um ein lächelndes Gesicht als Markenzeichen - und uralte Rechte.
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Wildeshausen. Zwei Punkte in einem Kreis und eine Kurve als Mund - fertig ist das Smiley. So simpel, so gut. Dachte sich auch der freischaffende Künstler Harvey Ball, als er das Smiley 1963 für eine US-Versicherung erfand, die mit dem lächelnden Gesicht auf Ansteckern ihre Angestellten zum Lachen bringen wollte. Das gelbe Gesicht kommt gut an. Das Smiley wird zu einem weltweit bekannten Symbol.
Ein paar Jahre später erkannte der französische Journalist Franklin Loufrani, wie viel Geld in dem einfachen Symbol steckt. Er gibt den Journalismus auf, lässt sich das Smiley 1971 in weiten Teilen der Welt schützen, was Ball versäumt hatte - und soll Millionen mit den Lizenzgebühren verdient haben. Bis heute werden deswegen Prozesse geführt.
Auftritt auf der Anuga
Für Kartoffel-Tiefkühlprodukte hat sich der kanadische Lebensmittelkonzern und Marktführer McCain das Smiley schützen lassen - und war deshalb nicht erfreut, als die niedersächsische Agrarfrost GmbH aus Wildeshausen mit ihrer eigenen Smiley-Krokette auf der Nahrungsmittel-Messe Anuga 2017 in Köln auftauchte.
Eine Einstweilige Verfügung, erlassen vom Düsseldorfer Landgericht, war die Folge. Danach war jahrelang Ruhe, aber dann begannen die Niedersachsen, sich gegen die Verfügung zu wehren. Vor dem Landgericht in Düsseldorf erlitten sie damit Schiffbruch und jetzt schaut sich das Oberlandesgericht in Gestalt des Vorsitzenden Richters Erfried Schüttpelz den Fall in zweiter Instanz an.
Kitas und Kantinen
Die Niedersachsen machen für ihre Smiley-Kroketten geltend, dass sie nicht im Endverbraucher-Markt aktiv sind, sondern es mit Profi-Einkäufern für Kitas, Kantinen und Restaurants zu tun haben. Das Firmenlogo von McCain habe man nicht verwendet und der Smiley an sich sei nur ein Allerweltszeichen, eine lustige Dekoration. Die Smiley-Form werde nicht als Zweitmarke wahrgenommen.
Das sieht die McCain-Anwältin anders: Eine Marktumfrage habe ergeben, dass 30 Prozent der Verbraucher die Smiley-Krokette mit McCain in Verbindung bringen. In diesem Fall sei das gesamte Produkt, die dreidimensionale Krokette, die Marke. Es bestehe eine hochgradige Verwechslungsgefahr.
Verwechslungsgefahr
Die Umfrage sei von 2019, argumentieren die Niedersachsen. Seitdem sei die Verbindung zwischen der Lächel-Krokette und McCain bestimmt geschwunden, nicht zuletzt durch die Pandemie, in der man ja lange keine Supermärkte betreten durfte und damit auch nicht die Tüten in den Tiefkühltruhen zu Gesicht bekam, wie der Anwalt behauptet.
Das sei doch so ziemlich das Einzige, was die ganze Zeit gestattet gewesen sei, gibt Richter Schüttpelz zu Bedenken und sagt schließlich, das Gericht neige dazu, wenn auch mit einem Bauchgrimmen, die Smiley-Krokette als „markenmäßige Nutzung“ anzusehen. Diese Einschätzung sei allerdings vorläufig. Ob die Agrarfrost-Anwälte das Gericht noch umstimmen konnten, wird die Welt man 19. Dezember erfahren, wenn die Entscheidung verkündet werden soll.