Trotz Verspätungsalarm: Bahn erhöht Ticketpreise im Fernverkehr

Flexpreise bei der Deutschen Bahn werden zum Fahrplanwechsel durchschnittlich 5,9 Prozent teurer. (Archivbild) Foto: Moritz Frankenberg/dpa
Bahnfahren wird teurer - zumindest für einige Fahrgäste. Wer nicht von Sparpreisen profitiert, muss im Fernverkehr bald tiefer in die Tasche greifen.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Berlin. Fahrgäste im Fernverkehr der Deutschen Bahn müssen ab Mitte Dezember zum Teil mehr Geld bezahlen. Sogenannte Flexpreise werden ebenso teurer wie die Bahncard 100, wie der bundeseigene Konzern mitteilte. Die Preise anderer Tickets wie die Spar- und Supersparpreise ändern sich nicht. Ein Überblick:
Flexpreise und Streckenzeitkarten
Wer mit dem Flexpreis unterwegs sein will, muss künftig tiefer in die Tasche greifen. Nach Angaben der Bahn steigen die Preise durchschnittlich um 5,9 Prozent. Mit den Flexpreis-Tickets können Kunden am Tag auf der jeweiligen Verbindung jeden beliebigen Fernzug nehmen, sind also flexibler. Zudem sind Stornierungen auch über einen längeren Zeitraum hinweg möglich. Auch die für Pendlerinnen und Pendler wichtigen Streckenzeitkarten werden durchschnittlich um 5,9 Prozent teurer.
Bahncard 100
Mit der Bahncard 100 können Reisende bundesweit so oft wie sie möchten mit allen DB-Zügen fahren. Doch mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember steigt der Preis um durchschnittlich 6,6 Prozent. Die reguläre Bahncard 100 für die zweite Klasse liegt dann beispielsweise für ein Jahr bei 4.899 Euro, wer erste Klasse reisen will, muss 7.999 Euro zahlen.

Mit der Bahncard 100 können alle ICE benutzt werden. Der Preis dafür wird jedoch bald angehoben. (Archivbild) Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa
Bahncard 25 und 50: Der Preis für die Bahncards 25 und 50 bleibt unverändert. Damit erhalten Fahrgäste 25 beziehungsweise 50 Prozent Rabatt auf eine gebuchte Fahrt. Allerdings war der Preis für die Bahncard 25 bereits im vergangenen Jahr um rund 5 Prozent angehoben worden. Der reguläre Preis für eine Bahncard 25 liegt derzeit bei 125 Euro.
Superspar-Tickets beginnen weiter bei 17,99 Euro
Die sogenannten Spar- und Supersparangebote bleiben unverändert. Von diesen bietet die Bahn pro Fahrt ein bestimmtes Kontingent an. Sie sind deutlich günstiger als die Flextickets, allerdings sind Fahrgäste mit ihnen in der Regel auf einen bestimmten Zug festgelegt. Außerdem sind Stornierungen nur noch in einem kurzen Zeitraum möglich. Die Einstiegspreise sollen zum Fahrplanwechsel weiter 17,99 Euro für die Superspar-Tickets sowie 21,99 Euro für die Spartickets betragen.
Sind die Kontingente aufgebraucht, müssen Fahrgäste die teureren Flextickets buchen. Die Bahn verweist jedoch darauf, dass acht von zehn Kunden derzeit von den Spartickets profitieren. Die Preise für einzelne Fahrten variieren je nach Nachfrage und Buchungszeitraum jedoch teils erheblich. So will die Bahn die Nachfrage steuern und die Auslastung besser verteilen. Zu Stoßzeiten sind die Tickets teurer - wenn wenig los ist, sind sie günstiger.
Bis zum 14. Dezember gelten noch die günstigeren Preise
Fahrplanwechsel: Der neue Fahrplan gilt vom 15. Dezember an. Gebucht werden können die Tickets für den neuen Fahrplan ab 16. Oktober. Bis zum 14. Dezember gelten nach Angaben der Bahn noch die alten Preise.
Die Bahn begründet den Preissprung mit „deutlich gestiegenen Kosten, insbesondere infolge der jüngsten Tarifabschlüsse“. Die Bahn hatte sich kurz vor Ostern nach monatelangem Ringen auf einen Tarifabschluss mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) geeinigt. Im vergangenen Jahr hatte die Bahn neben dem Preis für die Bahncard 25 auch die Flexpreise im Schnitt um 4,9 Prozent angehoben.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte die aktuellen Preiserhöhungen: „Auf eins kann man sich bei der Deutschen Bahn verlassen: Die Preise werden auch bei sinkender Qualität und Pünktlichkeit erhöht“, sagte Marion Jungbluth, Leiterin Team Mobilität und Reisen. Verbraucher bräuchten ein transparentes, einfaches Preissystem, bezahlbare Preise und ein zuverlässiges Angebot. Bei der Deutschen Bahn mangele es weiterhin in allen drei Bereichen. „Die Preiserhöhungen kommen zur Unzeit“, sagte Jungbluth.
Im August kamen nur 60 Prozent der Fernzüge pünktlich an
Der Tarifabschluss mit der GDL sieht auch eine Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden in mehreren Schritten bis 2029 in Form eines Arbeitszeitwahlmodells vor. Mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte die Bahn sich bereits im Sommer 2023 auf einen Tarifabschluss geeinigt.
Grundsätzlich steckt die Bahn in der Krise. Im ersten Halbjahr hat der Konzern 1,2 Milliarden Euro Verlust nach Zinsen und Ertragssteuern erwirtschaftet. Im August kamen nur 60,6 Prozent der Fernzüge pünktlich an ihr Ziel. Deshalb stellte der Vorstand um Bahnchef Richard Lutz dem Aufsichtsrat Mitte September ein neues Sanierungskonzept vor. Demnach sollen im Fernverkehr in drei Jahren wieder 75 bis 80 Prozent der Züge pünktlich fahren.
Studie: Kundenzufriedenheit mit ÖPNV auf Tiefstand
Die Zufriedenheit mit dem öffentlichen Nahverkehr hat dem Marktforschungsinstitut Kantar zufolge „deutlich nachgelassen und befindet sich im bundesdeutschen Durchschnitt auf dem niedrigsten Wert der letzten 20 Jahre“. Die Marktforscher hatten von April bis Juli mehr als 24.000 Kunden von 43 ÖPNV-Anbietern in Deutschland befragt.
Seit der Einführung des Deutschland-Tickets im Mai 2023 habe die Nutzung von Bussen und Bahnen im Nahverkehr zugenommen. Für gut ein Drittel der Fahrgäste sei es der hauptsächlich genutzte Fahrschein. Im Einführungsjahr des Tickets habe sich die Zufriedenheit mit dem ÖPNV deutlich verbessert, aber „diese Euphorie ist 2024 verflogen“: Deutschlandweit sei die Zufriedenheit jetzt auf einem Tiefstand. Kantar-Studienleiter Anselm Speich sagte: „Die Fahrgastzahlen nehmen zu, die Taktfrequenzen im ÖPNV müssten mitziehen. So aber wird es in den Bahnen und Bussen enger.“
Regional gibt es dabei große Unterschiede: Immerhin 13 Verkehrsunternehmen und -verbünde konnten die Zufriedenheit ihrer Kunden gegenüber dem Vorjahr verbessern. Welche Verkehrsbetriebe insgesamt und in den jeweiligen Einzelpunkten schlecht abschnitten, teilte Kantar allerdings nicht mit.
Preis-Leistungs-Verhältnis und Taktfrequenz
Eine wichtige Rolle spiele das Preis-Leistungsverhältnis bei der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Die besten Noten erhalten hier Regiobus Hannover, TüBus Tübingen und die Nahverkehrsgesellschaft Hameln-Pyrmont. Am zufriedensten mit den Taktfrequenzen zeigten sich die Fahrgäste in Erfurt, Dresden, Hannover und Tübingen.
Das Platzangebot im Fahrzeug wurde in Dresden und Neumünster (SWN) als sehr gut bewertet, beim Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) als gut. Bei Komfort und Bequemlichkeit im Fahrzeug bekamen der VVO und die Verkehrsbetriebe in Erfurt, Dresden und Neumüster und der Regiobus Hannover gute Noten.
Sicherheit und Barrierefreiheit
Wenn sich Kunden und Kundinnen vor allem abends in den Fahrzeugen oder an den Haltestellen unsicher fühlen, kann das von der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel abhalten. In puncto Sicherheit schnitten die Göttinger Verkehrsbetriebe und die Stadtwerke Münster und Landshut gut ab. Spitzenreiter bei der Barrierefreiheit sind den Kundenbefragungen zufolge die Havag in Halle, gefolgt von Regiobus Hannover, den Stadtwerken Ulm, der Reutlinger Stadtverkehrsgesellschaft und Üstra.