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Wasserversorgung

Harzwasserwerke pumpen Trinkwasser bis nach Bremen

Blick auf die Sösetalsperre im Harz. Die Talsperren im Harz sind unter anderem für die Trinkwasserversorgung von Göttingen bis Bremen zuständig und mit rund 84 Prozent überdurchschnittlich gut gefüllt. Foto: dpa

Blick auf die Sösetalsperre im Harz. Die Talsperren im Harz sind unter anderem für die Trinkwasserversorgung von Göttingen bis Bremen zuständig und mit rund 84 Prozent überdurchschnittlich gut gefüllt. Foto: dpa

Die Harzer Talsperren sind wichtig für weite Teile Niedersachsens, denn sie sorgen dafür, dass Menschen dort genügend Trinkwasser haben. So funktioniert das überlebensnotwendige Trinkwasser-System.

Sonntag, 18.06.2023, 08:00 Uhr

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Wenn Bürgerinnen und Bürger in Bremen den Wasserhahn aufdrehen, dann könnten zumindest auch ein paar Tropfen Wasser aus den Harzer Talsperren auf ihre Hände prasseln. Denn: Das Rohrnetzwerk der Harzwasserwerke reicht von dem Mittelgebirge bis zur Hansestadt, wie Marc De Haar erklärt. Er ist Talsperrenmeister beim Wasserwerk an der Sösetalsperre in Osterode am Harz. Mit seinem Team sorgt er dafür, dass Menschen in Niedersachsen und Bremen ausreichend Trinkwasser haben. Doch wie funktioniert das genau?

Gut 151 Millionen Kubikmeter Wasser fassen die Harzer Talsperren, die für die Trinkwasserversorgung relevant sind. An drei von ihnen – der Eckertalsperre im Osten, der Granetalsperre im Nordwesten und der Sösetalsperre im westlichen Harz – stehen Wasserwerke, die das aufgefangene Regen- und Schmelzwasser zu Trinkwasser machen. Die Granetalsperre wird zusätzlich durch die Oker- und Innerstetalsperre gespeist, mit der sie über Pumpen und Stollen verbunden ist. Sie macht so den größten Teil des Reservoirs aus. Pro Jahr werden in etwa 100 Millionen Kubikmeter Wasser abgegeben.

Marc De Haar, Talsperrenmeister der Harzwasserwerke, bedient einen Touchscreen am Filterbecken im Wasserwerk der Sösetalsperre im Harz. Foto: dpa

Marc De Haar, Talsperrenmeister der Harzwasserwerke, bedient einen Touchscreen am Filterbecken im Wasserwerk der Sösetalsperre im Harz. Foto: dpa

An der Sösetalsperre in Osterode kümmert sich gut ein Dutzend Mitarbeiter rund um Talsperrenmeister De Haar um das kostbare Gut. Am Fuß der ältesten Harzer Trinkwassertalsperre haben die Fachleute über eine digitale Übersichtstafel und Computer in der sogenannten Leitwarte das Trinkwassernetz immer im Blick. Lampen und Zahlen zeigen auf der Tafel die aktuellen Wasserwerte, die Abgabemengen und den Füllstand des einige Kilometer entfernten Hochbehälters in Osterode an. Er hilft bei der Regulierung der Göttinger Trinkwasserversorgung.

Wie viel Wasser in das rund 520 Kilometer lange Leitungsnetz eingespeist wird und welche Mengen in welchen Zwischenspeichern vorgehalten werden, ändert sich regelmäßig. Einfluss darauf haben unter anderem die Füllstände der Talsperren und der Wasserverbrauch der Bevölkerung. Weil alle Talsperren Teil eines zusammenhängenden Netzes sind, tauschen sich die Mitarbeiter der verschiedenen Wasserwerke regelmäßig aus.

Wasser für Braunschweig, Wolfsburg und Co.

Hat etwa die Eckertalsperre, die für die Trinkwasserversorgung von Braunschweig und Wolfsburg mit dem VW-Werk wichtig ist, nicht viel Wasser zur Verfügung, kann die Granetalsperre einspringen und ihre Abgabe in diese Richtung erhöhen. Zwischen Celle und Bremen spielt zudem das Grundwasser eine Rolle, mit dem das Trinkwassernetz in dieser Region hauptsächlich versorgt wird. Insgesamt werden so zwei Millionen Menschen mit Wasser beliefert.

Die regionalen Wasserversorger beziehen ihr Wasser aber nicht nur von den Harzwasserwerken. Das Trinkwasser, das aus dem Zwischenspeicher in Osterode nach Göttingen fließt, macht etwa bis zu 60 Prozent des Trinkwassers der südniedersächsischen Stadt aus. „Das sind insgesamt etwa acht Millionen Kubikmeter Harzer Trinkwasser pro Jahr“, sagt De Haar. Den Rest beziehen die lokalen Wasserversorger aus weiteren Quellen. Ein separater Teil im Wasserwerk an der Sösetalsperre, das Wasserwerk zwei, ist für die Versorgung von Göttingen zuständig. Eine Druckleitung bringt das Wasser über den Osteroder Hochbehälter in die Universitätsstadt.

Marc De Haar, Talsperrenmeister der Harzwasserwerke, sitzt in der Leitwarte der Sösetalsperre vor Kontrollbildschirmen. Foto: dpa

Marc De Haar, Talsperrenmeister der Harzwasserwerke, sitzt in der Leitwarte der Sösetalsperre vor Kontrollbildschirmen. Foto: dpa

Aus dem ab 1932 zuerst errichteten Wasserwerk eins wird Trinkwasser in Richtung Hildesheim und Hannover geleitet. Weil das Wasser hier nur bergab fließt, steht das System nicht unter Druck. Die großen Wasserbecken der ersten von zwei Filterstufen sind deshalb offen und einsehbar. Im zweiten Wasserwerkteil geben nur Computerdaten Aufschluss darüber, was in den verschlossenen Filterkammern passiert.

Harzer Talsperrenmeister: „Was unsere Wasserwerke verlässt, hat höchste Qualität“

In den 3 mal 16 Meter großen Filterbecken von Wasserwerk eins wird das kostbare Gut unter anderem durch 70 Kubikmeter Sand und einen Filterboden geleitet. „Was unsere Wasserwerke verlässt, das hat höchste Trinkwasserqualität“, sagt De Haar. Bis es bei den regionalen Wasserversorgern ankommt, überprüfen Sensoren durchgängig unter anderem die Filterung und Desinfizierung des Wassers. Vor allem der pH-Wert und die Trübung des Wassers werden genau beobachtet. Sollten die Werte einmal nicht stimmen, werden entsprechende Chemikalien zugeleitet.

Zudem werden auch zu jeder Zeit alle Maschinen und Rohre, von denen es aus Sicherheitsgründen immer mindestens zwei gibt, beobachtet. „Im Notfall gibt es einen Alarm und wir reparieren selbst schwerere Schäden wie einen Totalausfall durch einen Blitzeinschlag meist innerhalb von höchstens zwei Stunden“, erklärt der Talsperrenmeister.

Talsperrenwasserwerke im Harz versorgen sich autark mit Strom

Ein Teil des Wassers aus den Talsperrenwasserwerken, die sich über Turbinengeneratoren übrigens komplett autark mit Strom versorgen können, kommt nicht in Wasserhähnen oder Duschen an. „Wir haben immer auch eine Abgabe an die Flussläufe“, erklärt Talsperrenmeister De Haar. Denn neben der Trinkwasserversorgung ist es auch die Aufgabe der Talsperren, für gefüllte Flussläufe in trockenen Sommern zu sorgen – eine Aufgabe mit wachsender Bedeutung, auch um Ökosysteme zu erhalten.

„Durch den Klimawandel sind Dürren in Europa deutlich wahrscheinlicher und auch intensiver geworden“, sagte erst kürzlich Klimaforscher Fred Hattermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung der Deutschen Presse-Agentur. Auf die tägliche Arbeit an den Talsperren habe das bisher kaum Auswirkungen gehabt.

Langfristig, so die Ansicht der Harzwasserwerke, könnten langanhaltende Dürren aber zu einem Problem für die Trinkwasserversorgung werden. Deshalb prüfen die Harzwasserwerke den Aus- oder Neubau von Talsperren. Dazu läuft aktuell auch eine vom niedersächsischen Umweltministerium geförderte Machbarkeitsstudie. Umweltverbände kritisierten diese Pläne wegen möglicher negativer Auswirkungen auf die lokale Natur. (dpa)

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