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Atemwegsinfektionen

Infektwelle im Kreis Stade hält an – Tipps für Weihnachten

Ein Weihnachtsmann mit einer Schutzmaske hängt als Weihnachtsbaumschmuck in einem Tannenbaum.

Ein Weihnachtsmann mit einer Schutzmaske hängt als Weihnachtsbaumschmuck in einem Tannenbaum.

RSV, Grippe, Corona: Die Zahl der Patienten mit Atemwegsinfekten ist weiterhin hoch. Der Landkreis verzeichnet am Donnerstag eine der höchsten Corona-Inzidenzen bundesweit. Und Weihnachten naht. Wie feiert man das Fest sicherer, gerade mit Risikopersonen in der Familie?

Von Redaktion Donnerstag, 22.12.2022, 14:04 Uhr

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Nach zwei Jahren Weihnachten unter Pandemie-Bedingungen hatten in diesem Jahr viele auf sorgenfreiere Feiertage gehofft. Nun führen jedoch unter anderem die Grippe und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) zu einer hohen Zahl an Atemwegserkrankungen. Auch das Coronavirus mischt weiter mit.

Insgesamt sind rund neun Millionen Menschen in Deutschland an einer akuten Atemwegsinfektion erkrankt, wie die Arbeitsgemeinschaft Influenza des Robert Koch-Instituts (RKI) in ihrem Bericht zur vorigen Woche (12.-18.12.) mitteilte.

Immerhin sei das Niveau der Erkrankungen im Vergleich zur Vorwoche leicht gesunken, hieß es. Dies sei auf eine abnehmende Krankheitszahl bei Kindern bis zu 14 Jahren zurückzuführen. In den Altersgruppen ab 35 Jahren sei sie dagegen gestiegen.

Insgesamt liege die Verbreitung von akuten Atemwegserkrankungen weiterhin sehr deutlich über dem Niveau der Vorjahre zum Höhepunkt schwerer Grippewellen, teilte das RKI mit. Auch schwere Verläufe gebe es weiterhin viele. Die Daten wurden mit Hilfe von Bürger-Angaben geschätzt und umfassen auch leichtere Atemwegserkrankungen.

Besuchsverbot über Weihnachten im Elbe Klinikum Buxtehude

Im Kreis Stade sorgen krankheitsbedingte Personalausfälle und ein starker Zulauf von Patienten im Elbe Klinikum Buxtehude bis voraussichtlich einschließlich Dienstag, 27. Dezember, für ein Besuchsverbot

„Wir bedauern zutiefst, dass gerade über die Feiertage eine starke Besuchsbeschränkung ausgesprochen werden muss. Jede einzelne Arbeitskraft wird derzeit dringend benötigt, weshalb die Priorität ganz klar der Versorgung und der Sicherheit vorwiegend schwer erkrankter und damit gefährdeter Patientinnen und Patienten gilt“, sagte Arturo Junge, Betriebsleiter des Elbe Klinikums Buxtehude. 

Das generelle Besuchsverbot gelte nicht für das Elbe Klinikum Stade. Dort sind Besucher allerdings derzeit nicht auf der neurologischen Station 4B zugelassen. Dieses Verbot bleibt.

Kreis Stade verzeichnet dritthöchste Inzidenz Deutschlands

Die Zahl der Patienten mit Corona-Infektion, die in den Elbe Kliniken behandelt werden, ist erneut gestiegen. Mit Stand vom Donnerstag werden 60 Patienten stationär isoliert behandelt werden, fünf mehr als am Vortag. Drei Personen werden auf der Intensivstation behandelt. (Quelle: FRL Stade/IVENA). 

Die Sieben-Tage-Inzidenz im Kreis Stade stieg zum Donnerstag auf 625,2 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Damit liegt der Landkreis Stade deutschlandweit auf Platz drei. Am Vortag hatte der Wert in der Region bei 590 gelegen.

Zu diesem Höchststand an Covid-Patienten kämen vermehrt Fälle mit anderen Virusinfektionen wie mit Influenza (Grippe) oder dem RS-Virus hinzu.

Die hohen hohe Zahl von Atemwegsinfekten macht sich auch in den Hausarztpraxen bemerkbar: „Das Arbeitspensum, das die Hausärztinnen und Hausärzte und ihre Praxisteams derzeit stemmen müssen, ist vergleichbar mit dem während den Hochzeiten der Corona-Pandemie“, erklärte Nicola Buhlinger-Göpfarth, stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes. Hinzu kämen krankheitsbedingte Personalausfälle.

Die Leistungen, die zur Versorgung von Patienten mit Influenza, Corona oder dem RS-Virus erbracht würden, müssten zusätzlich vergütet werden. „Wir brauchen dringend Sofortmaßnahmen zur Entlastung und Stärkung der hausärztlichen Versorgung, vergleichbar mit denen, die während der Corona-Pandemie von der Politik ergriffen wurden“, sagte der Bundesvorsitzende des Hausärzteverbandes, Markus Beier.

 

In Anbetracht des hohen Patientenaufkommens solle außerdem kurzfristig ermöglicht werden, dass eine Krankmeldung von Kindern für mindestens drei Tage ohne ärztliches Attest auskomme. Bei der telefonischen Krankschreibung fordert der Verband ebenfalls eine Anpassung an die aktuelle Lage - sie müsse genauso hoch vergütet werden wie eine Krankschreibung nach einem persönlichen Praxisaufenthalt.

„Die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen würden kurzfristig wirken und die Belastung in den Praxen spürbar reduzieren“, sagte Buhlinger-Göpfarth.

Das RKI berichtete, rund 2,3 Millionen Menschen hätten in der dritten Dezemberwoche einen Arzt wegen einer akuten Atemwegserkrankung aufgesucht. Auch diese Zahl liege auf überdurchschnittlich hohem Niveau. Buhlinger-Göpfarth: „Man muss klar sagen: Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten an der Belastungsgrenze.“

Der Großteil der von bestimmten Arztpraxen an das RKI gesandten Proben wies das Grippevirus auf, gefolgt vom Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV). Nur ein sehr kleiner Teil enthielt das Coronavirus SARS-CoV-2.

So können wir uns an Weihnachten schützen

Ist ein sorgenfreies Zusammenkommen an Weihnachten angesichts hoher Infektionszahlen von Atemwegserkrankungen überhaupt möglich? „Wer jetzt insbesondere vor den Weihnachtsfeiertagen eine Ansteckung vermeiden will, der kann sich durch das Tragen einer Maske in Innenräumen gut schützen“, urteilte Buhlinger-Göpfarth.

Schon in den Tagen vor dem Fest kann man einiges tun. "Sinnvoll kann dann eine Mini-Quarantäne von wenigen Tagen sein, ein Reduzieren der Kontakte", sagt Julian Schulze zur Wiesch, Leitender Oberarzt der Sektion Infektiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Das kann konkret heißen: Kurz vor Weihnachten auf den Abend in der vollen Kneipe verzichten. Oder für die letzten Arbeitstage ins Homeoffice übersiedeln, sofern das möglich ist.

Das Gespräch mit der Familie suchen

Er rät dazu, das Thema Infektionsschutz vorab in der Familie zu besprechen - und vor allem auch die einzubeziehen, die besonderen Schutz brauchen. Ist es für dich okay, wenn die Nachbarn mit den Kindern noch vorbeikommen und die Runde etwas größer wird? Oder wenn wir als Familie im kleinen Wohnzimmer singen, wodurch mehr Aerosole entstehen? Wollen wir vereinbaren, dass wir alle vorher einen Corona-Schnelltest machen?

Sich auf dem Gedanken "Wird schon nix passieren" auszuruhen, davon rät Julian Schulze zur Wiesch aber ab. "Viele stecken sich im engen Kontakt mit Familie oder Bekanntenkreis an."

Wer krank ist, bleibt zu Hause

Eine Regel sollte jeder beachten, wenn es nach Professor Mathias Pletz, Pneumologe und Infektiologe vom Universitätsklinikum Jena, geht: "Wenn ich mich krank fühle, bleibe ich zu Hause - auch wenn es an Weihnachten schwerfällt." 

Und wie kann man mehr Sicherheit schaffen, wenn die Familie am Tannenbaum oder der Festtafel zusammensitzt? "Viele fühlen sich gar nicht krank, obwohl sie trotzdem Viren ausscheiden. Deshalb ist regelmäßiges Lüften wichtig", sagt Mathias Pletz.

An der altbwährten Hygieneetikette festhalten

Denn Aerosole, also feine Tröpfchen, die in der Luft schweben, können etwa Grippeviren übertragen. Um infektiöse Aerosole nach draußen zu schicken, reicht es im Winter schon aus, wenige Minuten zu lüften, heißt es auf dem Portal zusammengegencorona.de des Bundesgesundheitsministeriums. Dafür sollte man das Fenster nicht nur kippen, sondern stoß- oder querlüften. 

Stichwort: Husten und Niesen. Die Angewohnheit, beides in der Ellenbeuge zu erledigen, ist natürlich weiterhin sinnvoll. Ebenso das Händewaschen, das die Keimbelastung der Hände deutlich senkt. Betritt man als Gast das Haus, biegt also am besten erst mal ins Badezimmer ab.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erinnert daran, dass Einseifen und Abwaschen mindestens 20 Sekunden dauern sollte. 

Impfungen schützen – wenn auch nicht hundertprozentig

Der wirksamste Schutz vor Infektionen mit schweren Verläufen sind und bleiben aber Impfungen. Gegen RS- und Rhinoviren gibt es bislang keine Immunisierung, gegen Grippe und Corona schon. Bis sich der jeweilige Impfschutz optimal aufgebaut hat, dauert es jedoch rund zwei Wochen. 

Laut Mathias Pletz kann eine Grippeschutzimpfung auch für Kinder sinnvoll sein, auch wenn diese für gesunde Jungen und Mädchen von der Ständigen Impfkommission (STIKO) derzeit nicht empfohlen wird. "Zum einen ist eine Influenza insbesondere für Kleinkinder keinesfalls harmlos, wie die aktuelle Situation eindrücklich zeigt. Zum anderen scheiden Kinder das Virus deutlich länger aus." 

"Es gibt unspezifische Impf-Effekte, die immer wieder in Studien auftauchen. Zum Beispiel, dass kurz nach einer Influenza-Impfung die Wahrscheinlichkeit für schwere Corona-Verläufe sinkt", sagt Pletz.

Die Annahme der Wissenschaft: Das Immunsystem wird so trainiert, dass sich daraus auch ein besserer Schutz vor anderen Erregern ergibt - wenn auch nicht perfekt oder langanhaltend. Ein Effekt, der in diesem Winter besonders willkommen ist.

Corona-Impfungen im neuen Jahr in Praxen

Die Corona-Impfungen in Deutschland sollen im neuen Jahr in die reguläre Gesundheitsversorgung übergehen. Angesichts hoher Impfquoten und abnehmender Nachfrage seien die niedergelassenen Ärzte und Apotheken in der Lage, die Impfungen zu übernehmen, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch.

Das Kabinett beschloss, die zum Jahresende auslaufende Verordnung mit Regelungen zu Impfansprüchen und Vergütungen bis 7. April 2023 zu verlängern. Der Bund beendet aber Ende dieses Jahres seine hälftige Finanzierung der regionalen Impfzentren und mobilen Impfteams. Die Länder könnten sie aus ihren eigenen Haushalten weiterfinanzieren.

Lauterbach dankte den vielen Ärztinnen, Ärzten und Helfern in den Impfzentren für ihren Einsatz. "Nur so ist es Deutschland gelungen, bisher vergleichsweise gut durch die Corona-Pandemie zu kommen." Ab 1. Januar 2023 ändert sich die Finanzierung der Impfungen, die bisher aus Bundesmitteln stammt. Die Vergütungen sollen bis 7. April 2023 aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds der gesetzlichen Kassen und von den privaten Krankenversicherungen bezahlt werden. (fe/mit dpa)

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