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Culture Clash

Klangfeuerwerk zum Finale: Wenn Chinas Zither auf Hip-Hop trifft

Levi Schechtmann sitzt am Flügel und  Yehui Chen im Vordergrund an der Guzheng

Pianist Levi Schechtmann und Guzheng-Spielerin Yehui Chen bringen ungewöhnliche Klänge auf die Buxtehuder IMF-Bühne. Foto: IsoluxX Fotografie

Abschluss für das IMF: Wieso das Finale so ungewöhnlich war und was Festivalleiter Haiou Zhang für die Zukunft plant.

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Von Fenna Weselmann
Samstag, 14.09.2024, 14:46 Uhr

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Buxtehude. Das IMF-Abschlusskonzert am Donnerstagabend in der Aula-Süd ist alles andere als gewöhnlich. Mit „The Bridge Project“ kommt ein wahrer Culture Clash auf die Buxtehuder Bühne. Das Programm baut gleich mehrere musikalische Brücken.

Guzheng-Spielerin verzaubert die Aula-Süd

Den Anfang macht ein seltenes Hörerlebnis, das die 40-jährige Partnerschaft zwischen Niedersachsen und Anhui würdigt. Zu Gast ist Guzheng-Spielerin Yehui Chen, die mit ihrer chinesischen Zither Naturschauspiele wie den Duft von Yasmin im Saal zum Klingen bringt.

Mal glitzern die Töne des traditionellen Saiteninstruments zart wie die Pailletten auf ihrem fliederfarbenen Kleid, im nächsten Moment donnern sie ins Mark wie eine Rockgitarre. Im Duett mit Pianist Levi Schechtmann schließlich lässt sie einen poetischen Sturm aufziehen, der in orkanartigem Applaus endet.

Die weißen Köpfe wippen zum Hip-Hop-Beat

Solo schlägt Levi Schechtmann ebenso ungewohnte Töne an. Mit seinen Improvisationen, Arrangements und Beatkreationen verschmelzen Klassik und Hip-Hop. In dieser Fusion klingen Melodien von Mozart, Bach und Tschaikowsky genauso durch wie das Jazz Classical „Caravan“ oder das „la da dee la dee dow“ von Crystal Waters „Gypsy Woman“ durch. Levi Schechtmann gelingt es, die gezogenen und längst überholten Grenzen zwischen U- und E-Musik einfach aufzulösen.

Das Buxtehuder Publikum reagiert so, wie er es von Auftritten andernorts berichten kann: Als auf sein Signal der Hip-Hop-Beat laut aus den Boxen schallt, geht erst ein Tuscheln durch den Saal und dann wippen die vornehmlich weißen Köpfe im Publikum ganz von selbst im Takt.

Er ist der beste Beweis: Musik ist Musik ist Musik. Sie berührt oder eben nicht. Sein musikalisches Experiment schafft genau das. Die Leute sind hin und weg. Jedes Stück goutieren sie mit Klatschen, Jubel, Pfeifen und Bravo-Rufen.

Nach der Pause passiert etwas Erstaunliches. Als Haiou Zhang und das Elphier Quartett die Konzertgänger mit dem Klavierquintett f-Moll in gewohnten Sphären zurückbringen, klingt Johannes Brahms doch ganz anders im Ohr. Als hätten die ungewohnten Klänge im ersten Konzertteil die Tür zu einem neuen Musikerleben geöffnet.

Das Buxtehuder Publikum ist hin und weg

Ingrid Nadje besucht das Konzert mit einer Freundin: „Wir haben schon viele Konzerte besucht, aber so etwas noch nie gehört. Diese Kombination von Klassik und Hip-Hop ist erstaunlich und hat mich positiv überrascht. Das macht Spaß und ist auch was für uns Alte“, sagt sie.

Hilde Fischer - Mann und Tochter dabei - ist genauso angetan: „Ich bin sprachlos begeistert. Man denkt, schon alles gehört zu haben, aber dann kommt wieder etwas Neues. Ich hätte nicht gedacht, dass die Guzheng so vielseitig klingen kann und Levi Schechtmann am Klavier ist Wahnsinn. Schade nur, dass so wenig junge Leute da sind.“

Ihre neunzehnjährige Tochter Carolin pflichtet dem bei: „Ich bin mit klassischer Musik aufgewachsen, spiele selbst Klavier, tanze aber auch Hip-Hop im Buxtehuder Tanzhaus. Deshalb hat mich Levi Schechtmann total beeindruckt.“

Für Nora Sielbeck und Elke Schlei ist es „ein Knaller“. Sie hat die sprühende Spielfreude der Musiker „vom Hocker gerissen“.

Die Stimmung trotzt einem Wermutstropfen

So wie die Konzertbesucher Guzheng-Spielerin Yehui Chen und Pianist Levi Schechtmann feiern, verabschieden sie um 22.30 Uhr Haiou Zhang und das Elphier Quartett mit anhaltendem Applaus.

Die vier Streicher des Elphier Quartetts im Bühnenvordergrund und Haiou Zhang am Klavier

Als krönendes Finale spielt Pianist und Festivalleiter Haiou Zhang mit dem Elphier Quartett Johannes Brahms' Klavierquintett f-Moll. Foto: IsoluxX Fotografie

Einen besseren Abschluss für das IMF hätte es kaum geben können. Vom ersten bis zum letzten Ton wird spürbar, wie viel Gedanken der Festivalleiter sich um dieses Programm gemacht hat. Schade, dass ein solches Konzert nicht annähernd ausverkauft ist. Die Stimmung im Raum trotzt diesem Wermutstropfen.

Haiou Zhang setzt wieder auf Orchester

Für die 15. Ausgabe des IMF zieht Festivalleiter Haiou Zhang eine positive Bilanz. „Die Konzerte sind beim Publikum gut angekommen“, so sein Fazit. Die Künstler hätten eine fantastische Leistung gezeigt. Dies musikalische Niveau mit führenden Solisten und aufgehenden Sternen soll das IMF behalten, genauso wie die Schulkonzerte.

„Ich habe alles gegeben, was ich konnte, und viel private Zeit investiert“, sagt Zhang. Sponsoren und Stadt signalisieren auch für die Zukunft Unterstützung. Es fehlt aber an Manpower. Deshalb will er das IMF auf einige große Konzerte konzentrieren - wieder wie früher mit Orchester.

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