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Brunsbüttel

LNG-Terminal zu laut: Anwohner erbost – Kommt das auch auf Stade zu?

Das schwimmende LNG-Terminal «Höegh Gannet» am Anleger im Industriehafen Brunsbüttel.

Das schwimmende LNG-Terminal «Höegh Gannet» am Anleger im Industriehafen Brunsbüttel.

Anwohner auf der anderen Elbseite in Brunsbüttel klagen über die Lärmbelästigung durch das schwimmende Flüssiggas-Terminal. Grenzwerte wurden überschritten. Das Ministerium reagiert.

Donnerstag, 25.05.2023, 08:25 Uhr

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Nach Beschwerden von Anwohnern über Lärmbelastungen sind in den kommenden Tagen am schwimmenden Flüssiggas-Terminal in Brunsbüttel erneut Lärmmessungen geplant. „Die Menschen in Brunsbüttel sollen vor Lärmbelastungen geschützt werden“, sagte Umweltstaatssekretär Joschka Knuth der Deutschen Presse-Agentur. „Deswegen sind wir auf Wetterbedingungen angewiesen, die verlässliche Messungen zulassen.“ Gründlichkeit gehe dabei vor Schnelligkeit.

Die Grenzwerte für Lärm liegen nach Angaben des Umweltministeriums bei 60 Dezibel (dB(A)) tagsüber und 45 nachts. Ende März hatte das Landesamt für Umwelt Überschreitungen von 4 beziehungsweise 7 dB(A) festgestellt. Laut Ministerium wurde zum Zeitpunkt der Messung aber ein Propangas-Tanker entladen, was den Lärmpegel nochmals verstärkt habe.

LNG-Terminal in Brunsbüttel sorgt für Anwohnerbeschwerden

Das Terminal ist nach Ministeriumsangaben erst seit wenigen Tagen im Regelbetrieb. „Mit Beginn des konstanten Einspeisebetriebes ist es deutlich leiser geworden.“ Ob die Grenzwerte nun eingehalten werden, sollten die Messungen zeigen.

Das Terminalschiff „Höegh Gannet“ ist von einem Anleger im Hafen Brunsbüttel über eine drei Kilometer lange Anbindungsleitung mit dem schleswig-holsteinischen Verteilnetz verbunden. Im kommenden Winter soll das Schiff über eine neue Gasleitung direkt mit dem deutschen Fernleitungsnetz verbunden werden. Dann soll die Kapazität 7,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr betragen. Ab 2026 soll ein landseitiges LNG-Terminal in Brunsbüttel den Betrieb aufnehmen.

Ende des Jahres soll eine schwimmende LNG-Einheit (FSRU) auch am neuen Elbanleger in Stade-Bützfleth andocken, um das tiefgekühlte, flüssige Import-LNG zurück in Gas umzuwandeln und ins deutsche Netz einzuspeisen. Fünf Milliarden Kubikmeter sollen so jährlich zur Verfügung stehen. In Stade sollen pro Jahr etwa 50 LNG-Tanker über das FSRU abgefertigt werden.

2027 soll in Stade dann das große landgestützte Terminal in Betrieb gehen und die von der Bundesregierung gecharterte FSRU ablösen. Die Vorarbeiten sind längst gestartet.

Das kritisiert die Deutsche Umwelthilfe an den deutschen LNG-Plänen

Mit den bisher vorhandenen Terminals in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin und den geplanten Projekten in Stade sowie einem zweiten in Wilhemshaven geht das Bundeswirtschaftministerium von einem Sicherheitspuffer von jährlich mehr als 30 Milliarden Kubikmetern ab 2027 aus.

Die Deutsche Umwelthilfe (DHU) sprach von „überdimensionierten Planungen“ und fürchtet negative Folgen für den Klimaschutz durch einen höheren Gasverbrauch. Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner erklärte, es sei mit „allerhand hypothetischen Horrorszenarien“ gearbeitet worden. „Gegen jede haushaltspolitische Vorsicht und wissenschaftliche Empfehlungen führender Institute werden damit Milliarden an Steuergeld in überdimensionierte LNG-Infrastruktur investiert, die für unsere Energiesicherheit unnötig ist.“

Zuvor kritisierten die Umweltschützer bereits die mit dem Bau notwendigen Eingriffe in die Natur. Die DHU hat bereits gegen die Betriebserlaubnis des schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven Widerspruch eingelegt. Dort fürchten die Umweltschützer, das Einleiten von mit Bioziden behandeltem Abwasser ins Meer - so die Vorwürfe.

Gegen die Stader LNG-Pläne protestiert die DHU dabei bereits seit 2021. Der Vorwurf damals: Das geplante Flüssigerdgas-Terminal sei eines der fossilen Großprojekte, das mit dem Import von Fracking-Gas aus den USA die deutschen Klimaziele gefährde. Auch angeblich fehlende Sicherheitskonzepte beim Betrieb der LNG-Terminals gibt es Kritik.

Noch mehr Tempo beim zweiten LNG-Terminal in Wilhelmshaven

Die Bauarbeiten für das zweite schwimmende Importterminal für Flüssigerdgas (LNG) vor Wilhelmshaven sollen nach Angaben des Betreibers Tree Energy Solutions (TES) im Spätsommer beginnen. Dann sollen binnen weniger Wochen Leitungen und Dalben für den Anleger entstehen, sodass das zweite schwimmende Terminalschiff, die „Excelsior”, noch im vierten Quartal dieses Jahres anlegen kann. „Wichtig ist, dass die LNG-Lieferungen für den anstehenden Winter helfen und deswegen ist nach wie vor alles darauf ausgerichtet, dass wir vor dem Winter in Betrieb gehen”, sagte der technische TES-Geschäftsführer, Jens Schmidt, der Deutschen Presse-Agentur.

Anders als bei dem ersten schwimmenden LNG-Terminal in Wilhelmshaven, das im vergangenen Jahr an einer bestehenden Umschlaganlage für chemische Güter vor dem Ort Hooksiel entstand, setzt TES auf eine Technik, die ohne feste Brücke mit Leitungen darauf auskommt.

LNG-Terminalbau in Wilhelmshaven dank neuer Technik schneller

Zwischen der Druckreglerstation auf dem Festland und dem Terminalanleger auf der Jade soll eine Anbindungsleitung rund 1800 Meter auf dem Meeresgrund verlegt und teils vergraben werden. Dieses System sei weltweit erprobt, sagte Schmidt. Dafür arbeitet TES mit dem norwegische Unternehmen Econnect Energy zusammen. Diese flexiblen Leitungen aus Verbundmaterial sollen per Schiff vom Fertigungsort in den Niederlanden nach Wilhelmshaven gebracht und dort verlegt werden.

Mit dieser Technik sollen Zeit und Kosten gespart werden, die sonst für den Bau einer herkömmlichen, festen Umschlagsbrücke notwendig wären. „Wir sind deutlich kürzer in der Installation. Wir gehen im Moment davon aus, dass die Leitung binnen zwei bis drei Wochen verlegt sein können”, sagte Schmidt. Parallel dazu sollen für den Anleger, an der das Terminalschiff festmachen soll, zehn große Dalben gesetzt werden. Die Arbeiten sind für den Spätsommer geplant. Aktuell laufen nach Angaben von TES noch Genehmigungsverfahren.

Festes LNG-Terminal in Wilhelmshaven wie in Stade von 2026 an

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Herbst mit dem US-Unternehmen Excelerate Energy einen Chartervertrag über ein fünftes, staatlich gemietetes Spezialschiff für den Import von LNG geschlossen. Das Terminal hat demnach eine Kapazität von mindestens fünf Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Das Terminal soll von TES in einem Konsortium zusammen mit Eon Green Gas und Engie betrieben werden. Der Chartervertrag läuft für fünf Jahre.

Parallel sollen in Wilhelmshaven die Voraussetzungen für ein festes Terminal zur Anlandung von grünem Wasserstoff an Land geschaffen werden. Dieser wird mithilfe von Ökostrom produziert. Das schwimmende LNG-Terminal soll nur so lange im Einsatz sein, bis das Wasserstoff-Terminal in Betrieb geht. Laut TES könnte dies Anfang 2026 soweit sein. Allerdings ist dafür eine neue feste Umschlagbrücke samt Anleger nötig - der Bau könnte rund zwei Jahre dauern. Die flexible Anbindungsleitung, die nun für das schwimmende Terminal verlegt werden soll, soll laut TES auch für das feste Terminal genutzt werden. (dpa)

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