Warnstreik: Am Flughafen Hamburg auch Ankünfte betroffen

Der Warnstreik sollte um Mitternacht beginnen und 24 Stunden andauern. Foto: Thomas Banneyer/dpa
Nichts geht mehr in Fühlsbüttel und anderen Airports: Weil die Luftsicherheitskräfte ihre Arbeit niederlegen fallen alle Abflüge im Norden für diesen Donnerstag aus. Wie Betroffene umbuchen.
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Berlin/Frankfurt. Der angekündigte Warnstreik des Sicherheitspersonals an deutschen Flughäfen hat begonnen. Die Nachtschichten sollten um Mitternacht in den Arbeitsausstand treten. Insgesamt betrifft der bis zum späten Donnerstagabend (24 Uhr) geplante Ausstand elf größere deutsche Airports. Nach Schätzung des Flughafenverbands ADV fallen bundesweit rund 1100 Flüge aus oder können nur verspätet starten. Betroffen seien rund 200.000 Passagiere.
Die Gewerkschaft Verdi hat bundesweit 25.000 Beschäftigte im Luftsicherheitsbereich zum Ausstand aufgerufen, die in der Fluggastkontrolle, in der Personen- und Warenkontrolle, der Frachtkontrolle und in Servicebereichen tätig sind. Ohne sie ist kein Betrieb der Sicherheitsbereiche an den Flughäfen möglich.
Alle Abflüge und viele Ankünfte fallen in Hamburg aus
Am Hamburger Flughafen fallen am Donnerstag alle regulären Abflüge und auch etliche Ankünfte aus. Der fünftgrößte Airport hat bereits alle 126 regulären Abflüge mit Passagieren gestrichen. Wenn doch vereinzelte Flieger starten, dann ohne Fluggäste an Bord.
Der Flughafen bittet alle von Streichungen betroffenen Fluggäste, Kontakt zu ihrer Fluggesellschaft aufzunehmen und gar nicht erst zum Flughafen zu kommen. Für Fragen zu Ausfällen und Umbuchungen verweist die Flughafengesellschaft auf die Hotlines der jeweiligen Fluggesellschaften oder der Reiseveranstalter.
Auch am Flughafen Hannover fallen alle Flüge aus. „Es wird an diesem Tag kein regulärer Flugbetrieb stattfinden“, sagte eine Sprecherin des Flughafens am Mittwoch der dpa. Geplant waren 35 Starts und 34 Landungen. Für Not- und Rettungsflüge bleibe der Flughafen Hannover aber geöffnet.
Erst am Freitag soll wieder ein normaler Flugbetrieb möglich sein. Dann ist bereits der nächste Verdi-Warnstreik geplant - bundesweit im Öffentlichen Personennahverkehr.
Lufthansa und Eurowings bieten Umbuchungsmöglichkeiten an
Die Lufthansa ihren Kunden bietet umfangreiche Möglichkeiten zu Umbuchungen an. An den Flughäfen Frankfurt, Hamburg, Bremen, Berlin, Leipzig, Dresden und Erfurt sollten die Passagiere nicht zum Flughafen kommen, da ein Einstieg dort nicht möglich sei, warnte das Unternehmen am Mittwoch in seiner App. Dies gelte auch für Kunden, deren Lufthansa-Reise mit dem Zug beginne und die in Frankfurt ins Flugzeug steigen wollten.
Die Flughäfen München und Nürnberg werden nicht bestreikt, da dort die Beschäftigten im öffentlichen Dienst arbeiten. Das Unternehmen forderte Kunden auf, die Flüge über die App selbstständig umzubuchen oder sich an ein Service-Center zu wenden. Es sei für sämtliche Passagiere, die für Donnerstag nach Frankfurt gebucht sind, ab sofort möglich, ihre Flugscheine in ein Ticket der Deutschen Bahn umzutauschen. Im Transitbereich seien für ankommende Passagiere längere Warte- und Umsteigezeiten zu erwarten.
Auch die Direktflugtochter Eurowings bittet Passagiere, sich über ihre Flüge zu informieren und sie gegebenenfalls umbuchen zu lassen. Ein angepasster Flugplan, über den die Passagiere informiert werden, sollte am Nachmittag veröffentlicht werden. Ursprünglich waren 270 Flüge geplant.
Flughäfen und Airlines nicht beteiligt
ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel kritisierte das Vorgehen der Gewerkschaft scharf: „Die Flughäfen sind in dieser Auseinandersetzung keine Tarifpartei, werden aber erneut zum Austragungsort für den Interessenkonflikt. Der Flughafenverband ADV forderte die Gewerkschaft Verdi auf, eine Lösung am Verhandlungstisch zu suchen.“ Die Fluggäste bräuchten Verlässlichkeit. „Fast täglich erleben wir in Deutschland mit Streikankündigungen zulasten der Mobilität und der Wirtschaft. Dem muss Einhalt geboten werden.“
2,80 Euro pro Stunde mehr
In dem Tarifkonflikt fordert Verdi 2,80 Euro mehr Lohn pro Stunde, höhere Funktionszulagen und Mehrarbeitszuschläge ab der ersten Überstunde. Der neue Tarifvertrag soll eine Laufzeit von einem Jahr haben. Derzeit verdienen die Luftsicherheitsassistenten in der untersten Entgeltgruppe 20,60 Euro in der Stunde, was sich bei 160 Monatsarbeitsstunden auf ein Bruttogehalt von knapp 3300 Euro addiert. Dazu kommen Zuschläge für Nachtarbeit, Sonn- und Feiertage sowie Mehrarbeit. Die Forderung berücksichtige den Kaufkraftverlust durch die Inflation und beinhaltet einen Lohnzuwachs, erklärte Verdi.
Die Arbeitgeber vom Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) haben nach eigenen Angaben für dieses Jahr 4 Prozent und für das kommende Jahr 3 Prozent mehr Geld angeboten. Zudem sollen Mehrarbeitszuschläge zu einem früheren Zeitpunkt gezahlt werden als bislang. Die Forderungen von Verdi summierten sich auf 250 Millionen Euro zusätzliche Kosten allein in diesem Jahr, sagte eine BDLS-Sprecherin. Anders als von der Gewerkschaft behauptet sei aber nicht jede Lohnerhöhung über die Luftsicherheitsgebühren refinanzierbar. Die Tarifverhandlungen sollen am 6. und 7. Februar in Berlin fortgesetzt werden. Eine weitere Runde noch im Februar ist ebenfalls bereits verabredet.
Immer wieder Streiks in der Infrastruktur
Die Menschen in Deutschland waren zuletzt immer wieder von Ausständen im Verkehrsbereich betroffen: In der vergangenen Woche hatten ein Bahnstreik und Ausstände bei der Lufthansa-Tochter Discover für Einschränkungen gesorgt. Für diesen Freitag ruft Verdi bundesweit zu Warnstreiks im öffentlichen Personennahverkehr auf. In der Luftsicherheit war es zuletzt im Frühjahr 2023 zu Warnstreiks gekommen - mit erheblichen Auswirkungen auf den Betrieb. Damals ging es um die Arbeitsbedingungen.
Der BDLS beklagte die Streikkultur der Gewerkschaft. Offensichtlich wolle man sich an die Bahn- und Nahverkehrsstreiks anhängen, um auf Kosten der Reisenden und Unternehmen utopische Forderungen durchzusetzen, erklärte Verhandlungsführer Frank Haindl laut Mitteilung. Die erneute Eskalation bestätige die Notwendigkeit einer Schlichtungsvereinbarung.