Streikwelle mit Erfolg: Mehr Geld für Metaller bei Airbus & Co.

Wetterfest: Stader Airbus-Mitarbeiter auf dem Weg zur Kundgebung am Hamburger Fischmarkt. Foto: Martin Rother
Nach 18 Stunden Verhandlung finden IG Metall und Arbeitgeber einen Tarif-Kompromiss für die Metall- und Elektroindustrie. Was wann ausgezahlt wird.
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Hamburg/Stade. Nach einem Verhandlungsmarathon erhalten die 3,9 Millionen Beschäftigten der deutschen Metall- und Elektroindustrie mehr Geld. In zwei Stufen sollen die Gehälter um 5,1 Prozent steigen, wie IG Metall und Arbeitgeberverbände nach 18-stündigen Verhandlungen in Hamburg mitgeteilt haben. Für kriselnde Unternehmen gibt es Möglichkeiten, einzelne Zahlungen auszusetzen oder ganz zu streichen. Weitere Warnstreiks sind damit vom Tisch.
Den Pilotabschluss, der nun möglichst schnell auch in den übrigen Tarifbezirken übernommen werden soll, wurde von den Verhandlungsteams aus Bayern und dem Tarifgebiet Küste erstmals „im Tandem“ erreicht. Er hat eine vergleichsweise lange Laufzeit von 25 Monaten, sodass aufs Jahr gerechnet weniger als drei Prozent Lohnsteigerung herauskommen. Gefordert hatte die IG Metall 7,0 Prozent in zwölf Monaten.
Kollegen spüren Unsicherheiten
„Das ist kein Abschluss, für den wir gefeiert werden“, sagt der Verhandlungsführer der IG Metall Küste, Daniel Friedrich. Er bringe aber Stabilität. Die Forderung sei in wirtschaftlich stabileren Zeiten entstanden. Längst spürten die Kollegen die wachsenden Unsicherheiten. Man habe zudem abwägen müssen, ob man mit Streiks ein besseres Ergebnis hätte erreichen können.

Die Verhandlungsführer der Tarifgespräche. Foto: Georg Wendt/dpa
„Ich bin zufrieden, aber nicht euphorisch“, sagt Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf. Es sei ungleich schwieriger, in einer wirtschaftlichen Rezession eine Einigung zu finden. Dass man den Abschluss innerhalb von zwei Monaten hinbekommen habe, sei auch ein Signal an die Bevölkerung, dass die Sozialpartnerschaft funktioniere. Die Unternehmen würden im laufenden Jahr nicht mehr belastet. „Der Schaden durch Streiks wäre größer geworden.“
Mehr Geld erst im nächsten Jahr
Für die Beschäftigten soll als Erstes eine Einmalzahlung von 600 Euro spätestens im Februar 2025 fließen. Die Tabellenerhöhungen sollen dann in den kommenden beiden Jahren jeweils zum 1. April greifen. Die erste Stufe bringt ein Plus von 2,0 Prozent, die zweite dann 3,1 Prozent. Zudem soll es nun auch für Teilzeitbeschäftigte möglich sein, einen bestimmten Gehaltsanteil in Freizeit umwandeln kann. Der Tarifvertrag endet am 31. Oktober 2026.
Für Auszubildende wurde eine überproportionale Erhöhung um 140 Euro monatlich vereinbart, die bereits zum Januar 2025 gilt. Sie erhalten keine Einmalzahlung. Mit den höheren Vergütungen sende man ein klares Signal an die Auszubildenden, dass sie wichtig seien, sagt Nordmetall-Verhandlungsführerin Lena Ströbele.
Warnstreik bei Airbus in Stade
Nach dem Ablauf der Friedenspflicht hatte die Gewerkschaft seit dem 29. Oktober ihre Mitglieder in Hunderten Betrieben zu mehrstündigen Warnstreiks aufgerufen. Daran haben sich innerhalb von zwei Wochen mehr als 600.000 Menschen beteiligt. Auch zum Verhandlungsauftakt am Montag hatte es noch Protestaktionen gegeben, unter anderem am Verhandlungsort Hamburg. Pläne für ganztägige Warnstreiks bleiben nun aber in der Schublade.
„Wir waren gut ausgerüstet“, sagte der Stader Airbus-Betriebsrat und Vertrauenskörperleiter Martin Rother. Er gehört zu den rund 80 Mitarbeitern des Airbus-Werks und des Logistikers Honold LTS North in Stade, die sich trotz strömenden Regens zum Fischmarkt aufgemacht hatten.

Warnstreik vor dem Stader Werkstor am 5. November. Foto: Martin Rother
Bei Airbus Stade hat es schon am Dienstag, 5. November, einen Warnstreik gegeben. Die Frühschicht mit 532 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern legte von 10 bis 12 die Arbeit nieder und versammelte sich vor dem Werkstor, um Rednern und Musik auf der Bühne zuzuhören. Etwa 80 Prozent der Stader Belegschaft seien bei der IG Metall organisiert, berichtet Martin Rother. Auch etwa 50 Mitarbeiter von Honold streikten mit.
Niedersachsenmetall will Pilotabschluss übernehmen
Nach der Tarifeinigung wollen die Arbeitgeber den Pilotabschluss in Niedersachsen übernehmen. In Niedersachsen sei eine Übernahme des Abschlusses für Freitag, 22. November, geplant, kündigte der Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall an. Auch die Tarifkommission der IG Metall stimmte der Übernahme des Tarifabschlusses zu, sagte ein Sprecher.
Neben den Airbus-Werken in Finkenwerder, Buxtehude und Stade waren laut IG Metall unter anderem auch Mitarbeiter von Crane Payment Innovations in Buxtehude, Mercedes-Benz, Philips, Siemens, Bosch, Montblanc, Thyssenkrupp Marine Systems, ArcelorMittal, Still und Schaeffler an den Streiks beteiligt.
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Lage bleibt schwierig
Der Abschluss sei ein „Signal an die Politik, sich jetzt endlich zu ordnen“, erklärt auch Wolf. Man richte an eine neue Regierung angesichts der wirtschaftlichen Lage in den Betrieben die gleichen Forderungen wie zuvor. Er verlangte Steuerentlastungen für Unternehmen, Bürokratieabbau, begrenzte Sozialabgaben und einen leichteren Zugang für Fachkräfte aus dem Ausland.
Die IG-Metall-Chefin Christiane Benner nimmt die Politik ebenfalls in die Pflicht: „Wir brauchen jetzt niedrigere Energiepreise, besonders für energieintensive Unternehmen. Wir brauchen jetzt Maßnahmen zum Hochlauf der Elektromobilität, Investitionen in die Infrastruktur und damit in unsere Zukunft.“
Nach dem Ablauf der Friedenspflicht hatte die Gewerkschaft seit dem 29. Oktober ihre Mitglieder in Hunderten Betrieben zu mehrstündigen Warnstreiks aufgerufen. Daran haben sich innerhalb von zwei Wochen mehr als 600.000 Menschen beteiligt. Auch zum Verhandlungsauftakt am Montag hatte es noch Protestaktionen gegeben, unter anderem am Verhandlungsort Hamburg. Die bereits fertigen Pläne für ganztägige Warnstreiks bleiben nun aber in der Schublade.
Einen Pilotabschluss bereits in der vierten Verhandlungsrunde hatte es zuletzt 2015 gegeben. Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie und ihrer damals noch unabsehbaren wirtschaftlichen Folgen wurde 2020 nach nur zwei Treffen eine Lösung erreicht. Der Bezirk Küste mit Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und West-Niedersachsen ist im wiedervereinigten Deutschland erstmals an einem Pilotabschluss beteiligt.

Stader Airbus-Beschäftigte auf dem Fischmarkt. Foto: Martin Rother