Zähl Pixel
Familien

Opa mit Anfang 40: Sind junge Großeltern besser?

Junge Großeltern sind in Deutschland ein seltenes Phänomen, der Trend geht in eine andere Richtung.

Junge Großeltern sind in Deutschland ein seltenes Phänomen, der Trend geht in eine andere Richtung. Foto: www.opas-blog.de/dpa-tmn

Vor wenigen Tagen berichtete Schauspieler Felix von Jascheroff, dass er mit 41 Jahren Großvater geworden ist. Der Trend geht dabei eigentlich in eine andere Richtung. Wie Oma und Opa ihre richtige Rolle finden.

Von Sabina Crisan, dpa Samstag, 27.01.2024, 13:12 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Berlin. Auf dem Spielplatz mit den Enkeln haben sie ordentlich Ausdauer, müssen aber auch noch richtig zur Arbeit: Junge Großeltern mit Anfang 40, die noch lange nicht das Rentenalter erreicht haben, gibt es mittlerweile selten.

So selten, dass Schauspieler Felix von Jascheroff („Gute Zeiten, schlechte Zeiten“), der derzeit im RTL-Dschungelcamps dabei ist, damit sogar Schlagzeilen machte. Er ist mit 41 Jahren Großvater geworden. Wie häufig gibt es junge Großeltern noch - und was zeichnet sie aus?

Alter der Eltern bei erster Geburt steigt

Fest steht: Junge Großeltern sind in Deutschland ein seltenes Phänomen, der Trend geht in eine andere Richtung. „Großeltern werden eigentlich immer älter, wenn sie Großeltern werden, was daran liegt, dass sich das Alter bei der Geburt des ersten Kindes auf ein immer höheres Lebensalter verschoben hat“, sagt Karsten Hank, der am Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität zu Köln über Familie, Generationenbeziehungen, Alter und Gesundheit forscht.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2022 liegt das Durchschnittsalter der Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes in Deutschland bei etwa 30 Jahren - bei Vätern bei rund 33. „In West- und Ostdeutschland ist das Alter der Frauen bei der Geburt des ersten Kindes in den letzten 50 Jahren stetig gestiegen“, betont Carmen Friedrich vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB). Der Anteil junger Mütter sei gesunken. Betrachtet man alle Lebendgeburten im Jahr 2022, hatten nur zehn Prozent (etwa 77.000 Neugeborene) eine Mutter, die unter 25 Jahre alt war, sagt Friedrich.

Im „Deutschen Alterssurvey“ des Deutschen Zentrums für Altersfragen gaben fast die Hälfte der befragten Menschen im Alter von 46 bis 90 Jahren an, mindestens ein Enkelkind zu haben. Den Befunden zufolge sind Männer bei der Geburt ihres ersten Enkelkindes im Durchschnitt fast 56 Jahre alt, während Frauen fast 53 Jahre alt sind. Dass werdende Großeltern tendenziell immer älter werden, hält Hank nicht für dramatisch. „Da Großeltern heute im Durchschnitt länger leben als unsere, hat sich die Zeit, die sie mit ihren Enkeln verbringen können, tatsächlich verlängert.“ Dabei rede man von einer gemeinsamen Lebenszeit von bundesweit mindestens 20 Jahren, Großmütter kommen demnach durchschnittlich sogar auf deutlich mehr Jahre.

Nah dran an Lebenswirklichkeit der Enkel

Gibt es ein ideales Alter, um Oma oder Opa zu werden? „Junge Großeltern sind näher an der Lebenswirklichkeit der Kinder und der Enkelkinder. Andererseits haben ältere Großeltern mehr zeitliche Ressourcen, mehr Lebenserfahrung und können andere Dinge vermitteln - ältere Großeltern sind Zeitzeugen“, sagt Andreas Reidl, Vorstandsmitglied der Webseite grosseltern.de.

Karsten Hank von der Universität zu Köln beobachtet darüber hinaus auch einen Trend zum aktiven Altern: „Man sitzt nicht den ganzen Tag zu Hause und schält Kartoffeln oder pflanzt Blümchen im Garten.“ Zudem würden Großeltern dazu neigen, ihre Zeit aktiver mit den Enkeln zu verbringen, indem sie ausgehen oder Sport treiben. Deswegen sei es nicht problematisch, wenn die Großelternschaft heute später einsetzt als in der Vergangenheit, so Hank.

Der Anteil der Großeltern, die Enkelkinder betreuen, sei weiterhin sehr hoch, betont Hank. „Mehr als die Hälfte übernimmt mehr oder weniger regelmäßig Betreuungsaufgaben.“ Sich um Enkel zu kümmern, könne sinnstiftend sein, besonders nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben.

Nicht erziehen, einfach da sein: So finden Großeltern ihre Rolle

Harmonie zwischen Großeltern, Kindern und Enkelkindern ist aber nicht immer selbstverständlich, erklärt Andrea Hagen-Herpay vom Deutschen Hebammenverband. „Es kommt vor, dass junge Eltern sich von den Erwartungen der Großeltern überrollt fühlen und ungefragte Ratschläge und Erziehungstipps regelrecht ablehnen.“ Zu Recht, sagt die beratende Hebamme. „Großeltern sollten niemals Lehrmeister sein. Die Erziehung ist Elternsache, und das müssen Großeltern auch dann aushalten, wenn sie anderer Meinung sind.“

Der Wunsch, aktiv am Leben der Enkel teilzunehmen, entspricht einer neueren Entwicklung. „Menschen werden heute im Durchschnitt schon mit 55 Jahren Großeltern. Sie haben dadurch ungefähr 20 gute Jahre mit ihren Enkeln. Die wollen sie von Anfang an auskosten“, erläutert Eckart Hammer, Professor für Soziale Gerontologie an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg.

Aber wie können sie das tun, ohne die jungen Eltern mit ihrer Fürsorge zu überfordern? „Sie sollten sich bewusstmachen, welche Unterstützung vor allem nach der Geburt wirklich guttut“, sagt Andrea Hagen-Herpay. Das seien meist pragmatische Dinge wie kochen, einkaufen, Wäsche waschen oder das Baby im Kinderwagen herumschieben, damit die Mutter sich ausruhen kann.

Schlechte Kinderbetreuung macht Großeltern immer wichtiger

Um in die neue Rolle zu finden, bietet der Deutsche Kinderschutzbund spezielle Großelternkurse an. „Diese Vorbereitungskurse werden stark nachgefragt“, sagt Präsident Heinz Hilgers. „Aufgrund der schlechten Betreuungssituation werden Großeltern heute oft viel stärker ins alltägliche Familienleben eingebunden. Darauf wollen sie sich vorbereiten.“

In den Kursen haben werdende und frischgebackene Großeltern die Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen und zu verstehen, was heute anders ist als früher. Hilgers‘ Tipp für ein schönes Miteinander nach der Geburt des Enkelkindes: Direkt nachfragen, was die Kinder brauchen - und die junge Familie gleichzeitig nicht mit ständiger Anwesenheit erdrücken. „Großeltern machen schon dann alles richtig, wenn sie ihren Kindern das Gefühl vermitteln, dass sie immer für sie da sind.“

„Großeltern sollten es genießen, dass sie ihre Elternpflichten erledigt haben. Sie sollten auf keinen Fall Ersatzeltern für die Enkel spielen“, sagt Professor Eckart Hammer. Für sie gelte ein klares Nicht-Einmischungsgebot. Wichtigste Regel: Im Zweifel haben die Eltern Recht. „Wer sich nicht daran hält, kassiert schnell einen Platzverweis.“

Vor allem Großmütter hätten jedoch manchmal Probleme, sich in diese neue Rolle einzufinden. „Als Oma setzen sie häufig ihre Mutterrolle fort“, sagt Hammer. „Großväter hingegen entdecken sich oft ganz neu und versuchen, mit den Enkelkindern das nachzuholen, was sie vielleicht bei ihren eigenen Kindern verpasst haben.“

Großeltern: Nicht alles um die Enkel planen

Und wenn es bei Oma und Opa mal ein Stück Schokolade mehr als zu Hause gibt? Kein Problem, sagt der Experte. „Kinder können das wunderbar trennen, solange es nicht um essenzielle Erziehungsfragen geht.“

Sein Tipp für neue Großeltern: Die Enkel nicht zum zentralen Altersprojekt machen. Wer mit Haut und Haaren Oma und Opa sei, werde es schwerhaben, wenn die Enkel sie mal nicht mehr so stark brauchen. Auch Detlef Untermann hat sich diesen Ausgleich geschaffen. Er ist immer noch berufstätig und engagiert sich ehrenamtlich.

Eckart Hammer rät außerdem: „Großeltern sollten es sich gut überlegen, nur für die Enkelkinder in eine andere Stadt zu ziehen.“ Für viele ältere Menschen käme das einer Entwurzelung gleich, die sie erst so richtig spüren, wenn das Enkelprojekt abgeschlossen ist. „Großeltern sind dann im Schnitt 75 Jahre alt“, sagt Eckart Hammer. „Dann sollten Hobbys, Freunde und Vereine auf sie warten.“ Es sei dann Zeit, erneut Platz zu schaffen - dieses Mal wieder fürs eigene Leben. (tmn)

Weitere Artikel