Loch im Tresorraum löst Ansturm besorgter Bankkunden aus
Aufgebrachte Kunden diskutieren vor der Sparkassenfiliale in Buer mit Polizeibeamten nach der Räumung des Vorraums der Filiale. Foto: Christoph Reichwein/dpa
Der oder die Täter sind unerkannt entkommen. Im Keller einer Bank in Gelsenkirchen ist ein großes Loch im Tresorraum zurückgeblieben. Die Stimmung vor der Bank ist aufgeheizt, viele Kunden bangen.
Gelsenkirchen. Ein gewaltiges Loch im Tresorraum und durchsuchte Schließfächer haben große Sorgen bei zahlreichen Bankkunden in Gelsenkirchen hervorgerufen. Kurz nach dem Bekanntwerden des spektakulären Einbruchs sind schätzungsweise 200 Personen zu der betroffenen Sparkassen-Filiale im Gelsenkirchener Stadtteil Buer gekommen, um nähere Informationen zu bekommen, wie ein dpa-Reporter schildert.
Täter unerkannt entkommen
Nach den Worten eines Polizeisprechers sind sehr viele Schließfächer aufgebrochen worden. Eine genaue Zahl nannte er zunächst noch nicht. Die Ermittler werteten große Mengen an Daten wie Fahrzeugbewegungen nach möglichen Auffälligkeiten aus. Es gebe zunächst aber keine „heiße Spur“.
Nach ersten Erkenntnissen der Polizei haben sich der oder die Täter über ein Parkhaus Zugang zum Sparkassengebäude verschafft. Der Weg führte durch mehrere Türen in einen Archivraum, an dessen Wand schließlich ein Durchbruch zu dem Tresorraum erfolgte. Dabei kam ein Spezialbohrer zum Einsatz. „Den Bohrer kriegen sie nicht im Baumarkt“, verdeutlichte der Sprecher der Polizei.

Zahlreiche Unterlagen liegen auf dem Boden des Tresorraums. Foto: -/Polizei Gelsenkirchen/dpa
Aufgeheizte Stimmung vor Ort
Der Andrang an der Filiale ist schließlich so groß geworden, dass Polizisten anrückten und den Vorraum der Bank räumten. Einige Menschen waren aufgebracht. Es folgten Lautsprecherdurchsagen der Polizei, um die Situation zu beruhigen. Eine Polizistin erklärte den versammelten Menschen, dass die Sparkasse in den nächsten Tagen proaktiv auf die Kunden zukommen werde. Dies könnte mehrere Tage dauern, nachdem die Spurensicherung beendet ist.
Zunächst hatten sich etwa 30 Kunden in dem Vorraum der Filiale eingefunden. Mehrere Kunden baten dabei um Auskunft, ob sie von dem Einbruch betroffen seien. Auch ging es bei den Besorgten um die Frage, ob sie ihr Schließfach in Augenschein nehmen können. Ein Mitarbeiter der Sparkasse verneinte das. Die Filiale bleibt bis auf Weiteres geschlossen, wie auf einem Schild zu lesen ist.

Polizeibeamte sprechen mit möglicherweise betroffenen Kunden der Sparkassenfiliale in Buer. Foto: Christoph Reichwein/dpa
Betroffene weinten
Vor dem Bankgebäude spielen sich im weiteren Tagesverlauf emotionale Szenen ab: Einige Familien kommen zusammen, dabei fließen auch Tränen. Eine weinende Frau sagte dem dpa-Reporter, dass ihre Familie große Mengen an Bargeld und Gold in einem Schließfach aufbewahrte. Ihre Familie habe 40 Jahre dafür gearbeitet und gespart. Einige der versammelten Kunden gingen davon aus, dass der Inhalt ihres Schließfaches bis zu einer gewissen Höhe versichert sei.
Filiale soll wieder öffnen
Ein Sprecher der Bank erklärt: „Grundsätzlich hat die Sparkasse Gelsenkirchen jedes Fach mit 10.300 Euro versichert“. Darüber hinaus bestehe für die Kunden die Möglichkeit, über die Bank oder individuell eine höhere Versicherungssumme abzuschließen. Die Sparkasse Gelsenkirchen befinde sich bereits im Gespräch mit der Versicherung. Ziel sei, die Filiale an diesem Dienstag wieder zu öffnen und Betroffenen Informationen zu geben. „Wir wollen die Kunden unterstützen, welche Unterlagen sie vorlegen müssen“, erläuterte der Sparkassen-Sprecher.
Nach der Spurensicherung der Polizei müsse nicht nur festgestellt werden, welche Schließfächer aufgebrochen worden sind. Es sollen auf dem Boden des Tresorraums auch Unterlagen verstreut liegen, die erst einmal gesichtet und an anderer Stelle aufbewahrt werden müssten, erklärte der Sparkassen-Sprecher.

Ein Fahrzeug der Kriminaltechnischen Untersuchung (KTU) der Polizei steht vor der Sparkassenfiliale. Unbekannte Täter sind durch ein Loch in den Tresorraum des Bankgebäudes eingebrochen und haben dabei mehrere Wertschließfächer durchsucht. Foto: Christoph Reichwein/dpa
Polizeifoto zeigt Archivraum
Auf einem von der Polizei veröffentlichten Foto sind zahlreiche auf den Boden geworfene Akten in dem Archivraum zu sehen. An den Wänden rechts und links stehen Holzregale. In der Mitte an der Wand klafft das kreisrunde Loch zum Tresorraum in der Wand. Auch zahlreiche Ziegelsteine fehlen an der Stelle.
Die Einbruchsspuren im Keller des Wohn- und Geschäftshauses, das zentral im Stadtteil Buer liegt, sind in der Nacht infolge eines Brandmeldealarms von den alarmierten Einsatzkräften entdeckt worden. Feuerwehrleute und auch Polizisten durchsuchten das Gebäude, um ein mögliches Feuer aufzuspüren. Dabei stießen die Beamten auf Hinterlassenschaften der Täter oder des Täters.
Die Ermittlungen zur Schadenshöhe werden einige Zeit in Anspruch nehmen. Denn dazu müssen die Ermittler wissen, was aus den Schließfächern gestohlen worden ist. Zuvor soll die Bank Kontakt mit betroffenen Kunden aufnehmen. Die Bank selbst kennt nach eigenen Angaben wie üblich den Fächerinhalt nicht.
Viele offene Fragen
Viele Fragen sind noch offen. Unklar ist etwa, warum die Brandmeldeanlage in der Nacht Alarm auslöste. Aber auch die Frage, wann genau der filmreife Einbruch über die Bühne ging, muss noch geklärt werden. Es kämen die Weihnachtsfeiertage und das vergangene Wochenende in Betracht.
„Bislang unbekannte Täter haben die Ruhe der Weihnachtstage genutzt, um dort mit einem großen Bohrer ein Loch in einen Tresorraum zu bohren und die darin befindlichen Wertschließfächer zu durchsuchen“, erklärte die Polizei.
Die Polizei sucht Zeugen, die verdächtige Geräusche in den vergangenen Tagen gehört haben. So sollen unter anderem die Bewohner des Wohn- und Geschäftshauses befragt werden. Eine Dame in einem Café neben der Bank sagte dem dpa-Reporter, sie habe in der Nacht zwei Detonationen gehört. Sie ist nach eigenen Angaben eine Nachbarin in der Nähe zu dem Parkhaus.

Ein Medienvertreter steht mit einer Kamera vor der Sparkassenfiliale in Buer. Foto: Christoph Reichwein/dpa
Frühere Fälle mit Hunderten Betroffenen
So ein Einbruch kommt nicht häufig vor. Vor einem Jahr gelang es Tätern in Lübeck, über 300 Schließfächer aufzubrechen. Es wurden Wertgegenstände, Schmuck, Geld sowie persönliche Gegenstände von individuellem Wert entwendet. Der Schaden belief sich laut Polizei auf über 10 Millionen Euro. Im August 2021 räumten Täter in Norderstedt bei Hamburg rund 650 Schließfächer der Hamburger Sparkasse aus. Damals waren die Täter mit einem Kernbohrer aus extra angemieteten Räumen über der Filiale in den Tresorraum gelangt.

Ein Schild informiert die Kunden der Bank darüber, dass die Filiale bis auf Weiteres geschlossen bleibt. Foto: Christoph Reichwein/dpa

Polizeibeamte sprechen mit möglicherweise betroffenen Kunden der Sparkassenfiliale in Buer. Foto: Christoph Reichwein/dpa

Polizeibeamte räumen den Vorraum der Sparkasse in Buer. Foto: Christoph Reichwein/dpa

Polizeibeamte sprechen mit möglicherweise betroffenen Kunden der Sparkassenfiliale in Buer. Foto: Christoph Reichwein/dpa

Nach der Räumung des Vorraums der Sparkassenfiliale sichern Polizeibeamte den Bereich vor der Sparkasse. Foto: Christoph Reichwein/dpa