Verbraucherzentrale klagt gegen Stromio – Die perfiden Tricks der Anbieter

Ein Stromzähler zeigt in einem Mietshaus die verbrauchten Kilowattstunden an. Die Verbraucherzentrale klagt gegen den Energieversorger Stromio. Foto: Sina Schuldt/dpa
Mitten in der Energiekrise auf einmal ohne Stromanbieter dastehen? Für einige Stromkunden war das im Winter 2021/2022 bittere Realität. Andere Anbieter arbeiten mit perfiden Tricks. Betroffene können sich nun einer Musterklage anschließen.
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Als die Strompreise ab Ende 2021 massiv in die Höhe stiegen, sahen sich einige Anbieter nicht mehr in der Lage, ihre Kundschaft zu den abgemachten Konditionen zu beliefern. Manche von ihnen beendeten daraufhin die Verträge - so auch der Energieversorger Stromio. Die Verbraucherzentrale Hessen hält dieses Geschäftsgebaren für rechtswidrig und geht mit einer Musterfeststellungsklage gegen Stromio vor. Ehemalige Stromkunden des Anbieters, die sich der Klage anschließen, können im Erfolgsfall auf Schadenersatz hoffen.
Geschädigte, die diese Möglichkeit nutzen wollen, müssen sich kostenlos im Klageregister beim Bundesamt für Justiz registrieren. Dafür bleibt ihnen nach Angaben der Verbraucherzentrale Hessen noch bis 27. Mai 2024 Zeit. Dann beginnt die mündliche Verhandlung in dem Fall.
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Registrierten empfehlen die Verbraucherschützer, die Höhe des entstandenen Schadens zu dokumentieren. „Grob gesagt, errechnet sich der Schaden aus der Differenz des Preises, den die Betroffenen in der Ersatz- oder Grundversorgung oder bei einem weiteren Stromanbieter bezahlen, abzüglich des Preises, der mit Stromio für die Vertragsdauer vereinbart war“, sagt Kerstin Wolf, Leiterin der Fachgruppe Rechtsdurchsetzung bei der Verbraucherzentrale Hessen.
Preissenkung? Energieanbieter locken auf perfide Art
Ihr Strom- oder Gasanbieter stellt Ihnen von sich aus eine Preissenkung in Aussicht? Bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern dürfte ein Schreiben mit diesem Inhalt erst einmal Freude auslösen. Doch die Post, die Kundinnen und Kunden von Primastrom, Voxenergie und Nowenergy derzeit bekommen, habe eigentlich einen ganz anderen Zweck, warnt die Verbraucherzentrale Berlin.

Betroffene haben die Möglichkeit, sich der Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Hessen anzuschließen. Foto: Robert Günther/dpa-tmn/dpa
Füllen Kundinnen und Kunden das angehängte Formular für die vermeintliche Preissenkung aus, bekommen sie zwar den angegebenen günstigeren Preis. Was viele aber nicht wissen: Sie gehen damit einen komplett neuen Vertrag ein, durch den sie sich wieder für viele Monate an ihren Anbieter binden.
Ein schlechtes Geschäft für Verbraucherinnen und Verbraucher. Zum einen, weil die angebotenen Preise laut Verbraucherschützern noch immer weit über dem Marktdurchschnitt liegen und nur für drei Monate garantiert werden - anschließend könnten sie sogar noch steigen. Zum anderen, weil sie damit ihr Recht verlieren könnten, gegen mögliche unzulässige Preiserhöhungen ihres Altvertrags vorzugehen, sagt Hasibe Dündar, Energierechtsberaterin der Verbraucherzentrale Berlin.
Die Verbraucherzentrale rät darum, das Formular nicht zu unterschreiben, wenn möglich sogar einen Anbieterwechsel vorzunehmen. Wer bereits unterzeichnet hat, sollte prüfen, ob der Vertrag noch widerrufen werden kann. Hilfe leisten im Zweifel die Beratungsstellen der Verbraucherzentralen.
Neue Beschwerden über alte Bekannte
Es ist nicht das erste Mal, dass Verbraucherschützer vor dem Geschäftsgebaren der drei Stromanbieter warnen. Bereits zuvor waren Primastrom, Voxenergie und Nowenergy unter anderem durch ungewöhnliche Vertriebsmethoden aufgefallen. Im vergangenen Jahr hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband durch Anstrengung einer Musterfeststellungsklage erwirkt, dass die genannten Anbieter einseitige Preiserhöhungen zurücknehmen.
Geschädigte können sich an der Klage inzwischen nicht mehr beteiligen. Sie können aber mit einem interaktiven Musterbrief des Verbraucherzentrale Bundesverbands auf einseitige Preiserhöhungen reagieren, um im Idealfall auf diesem Weg nachträglich zu ihrem Recht zu kommen. Den Musterbrief finden Betroffene auf der Webseite des Verbraucherzentrale Bundesverbands. (dpa)

Ein Stromzähler zeigt in einem Mietshaus die verbrauchten Kilowattstunden an. Die Verbraucherzentrale klagt gegen den Energieversorger Stromio. Foto: Sina Schuldt/dpa